zu hart drückte: mit der Zeit wurde er durch die Gewohnheit eingeschläfert, und fühlte gar nicht mehr, daß ihm der Druck auf dem Halse lag: -- siehe! das ist bisher die Hülfe gewesen, die die träge langsame Zeit gereicht hat. --
O Freund! ich bin nicht der Mann, der diese hohe Unternehmung wagen könnte; aber eins kann ich! ich kann Vorschläge und Projekte thun. Von jeher war es mei- ne Lieblingsbeschäftigung, über die Gebre- chen der Regierungen nachzudenken und Plane zu ihrer Verbesserung auszusinnen: keine darunter sind ausgeführt worden, aber die Welt befände sich gewiß wohl da- bey, wenn sie alle ausgeführt wären. Ich habe einen Entwurf ersonnen, wie alle Kriege, wenigstens in Europa, auf immer unthätig gemacht und ganz vertilgt werden könnten. --
Willkommnes Projekt! O Natur! warum gabst du mir nicht Kräfte in meinen Arm und Muth genug in mein Herz, ein so er- habnes Projekt zu bewerkstelligen? --
Er braucht weder Muth noch starken Arm dazu, um die Uebereinstimmung aller Mächte
von
zu hart druͤckte: mit der Zeit wurde er durch die Gewohnheit eingeſchlaͤfert, und fuͤhlte gar nicht mehr, daß ihm der Druck auf dem Halſe lag: — ſiehe! das iſt bisher die Huͤlfe geweſen, die die traͤge langſame Zeit gereicht hat. —
O Freund! ich bin nicht der Mann, der dieſe hohe Unternehmung wagen koͤnnte; aber eins kann ich! ich kann Vorſchlaͤge und Projekte thun. Von jeher war es mei- ne Lieblingsbeſchaͤftigung, uͤber die Gebre- chen der Regierungen nachzudenken und Plane zu ihrer Verbeſſerung auszuſinnen: keine darunter ſind ausgefuͤhrt worden, aber die Welt befaͤnde ſich gewiß wohl da- bey, wenn ſie alle ausgefuͤhrt waͤren. Ich habe einen Entwurf erſonnen, wie alle Kriege, wenigſtens in Europa, auf immer unthaͤtig gemacht und ganz vertilgt werden koͤnnten. —
Willkommnes Projekt! O Natur! warum gabſt du mir nicht Kraͤfte in meinen Arm und Muth genug in mein Herz, ein ſo er- habnes Projekt zu bewerkſtelligen? —
Er braucht weder Muth noch ſtarken Arm dazu, um die Uebereinſtimmung aller Maͤchte
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zu hart druͤckte: mit der Zeit wurde er durch
die Gewohnheit eingeſchlaͤfert, und fuͤhlte
gar nicht mehr, daß ihm der Druck auf dem
Halſe lag: — ſiehe! das iſt bisher die
Huͤlfe geweſen, die die traͤge langſame Zeit
gereicht hat. —
O Freund! ich bin nicht der Mann, der
dieſe hohe Unternehmung wagen koͤnnte;
aber eins kann ich! ich kann Vorſchlaͤge
und Projekte thun. Von jeher war es mei-
ne Lieblingsbeſchaͤftigung, uͤber die Gebre-
chen der Regierungen nachzudenken und
Plane zu ihrer Verbeſſerung auszuſinnen:
keine darunter ſind ausgefuͤhrt worden,
aber die Welt befaͤnde ſich gewiß wohl da-
bey, wenn ſie alle ausgefuͤhrt waͤren. Ich
habe einen Entwurf erſonnen, wie alle
Kriege, wenigſtens in Europa, auf immer
unthaͤtig gemacht und ganz vertilgt werden
koͤnnten. —
Willkommnes Projekt! O Natur! warum
gabſt du mir nicht Kraͤfte in meinen Arm
und Muth genug in mein Herz, ein ſo er-
habnes Projekt zu bewerkſtelligen? —
Er braucht weder Muth noch ſtarken Arm
dazu, um die Uebereinſtimmung aller Maͤchte
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/260>, abgerufen am 22.12.2024.
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