tur erhalten, daß alle Zeiten und alle Orte im Besitz und Mangel sich die Wage halten.
Leider! seufzte Belphegor, ist die Welt sich allenthalben gleich. Aber muß es so seyn? Oder ist nicht zu vermuthen, daß einst ein Mann, der mehr Geist ist als seine Mitbrüder, die groben Fesseln zerbrechen wird, die diesen und jenen Theil der Mensch- heit an den Bock der Sklaverey anketten: denn die feinen gewohnten Banden, an welchen der Gewaltige den Schwachen all- zeit führt, diese zu zerreissen, ist Gott und Mensch zu schwach, so lange die Natur keine Umschaffung unternimmt: aber ein solcher Mann, der die Indianer an ihren Unter- drückern rächet, zwar tausend Unschuldige bey seiner Rache mit hinraft, aber sie doch zu einem edlen Zwecke hinraft --
Diese Erlösung wird die Zeit bewerk- stelligen. --
O die leidige langsame Zeit, die erleich- tern aber nicht erlösen kann! -- Die Men- schen kämpften um Herrschaft, bis der Mäch- tigere obsiegte und den Schwächern nieder- warf: so lange diesem das Joch neu war, trug er es unwillig und regte sich, wenn jener
zu hart
tur erhalten, daß alle Zeiten und alle Orte im Beſitz und Mangel ſich die Wage halten.
Leider! ſeufzte Belphegor, iſt die Welt ſich allenthalben gleich. Aber muß es ſo ſeyn? Oder iſt nicht zu vermuthen, daß einſt ein Mann, der mehr Geiſt iſt als ſeine Mitbruͤder, die groben Feſſeln zerbrechen wird, die dieſen und jenen Theil der Menſch- heit an den Bock der Sklaverey anketten: denn die feinen gewohnten Banden, an welchen der Gewaltige den Schwachen all- zeit fuͤhrt, dieſe zu zerreiſſen, iſt Gott und Menſch zu ſchwach, ſo lange die Natur keine Umſchaffung unternimmt: aber ein ſolcher Mann, der die Indianer an ihren Unter- druͤckern raͤchet, zwar tauſend Unſchuldige bey ſeiner Rache mit hinraft, aber ſie doch zu einem edlen Zwecke hinraft —
Dieſe Erloͤſung wird die Zeit bewerk- ſtelligen. —
O die leidige langſame Zeit, die erleich- tern aber nicht erloͤſen kann! — Die Men- ſchen kaͤmpften um Herrſchaft, bis der Maͤch- tigere obſiegte und den Schwaͤchern nieder- warf: ſo lange dieſem das Joch neu war, trug er es unwillig und regte ſich, wenn jener
zu hart
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tur erhalten, daß alle Zeiten und alle Orte
im Beſitz und Mangel ſich die Wage halten.
Leider! ſeufzte Belphegor, iſt die Welt
ſich allenthalben gleich. Aber muß es ſo
ſeyn? Oder iſt nicht zu vermuthen, daß
einſt ein Mann, der mehr Geiſt iſt als ſeine
Mitbruͤder, die groben Feſſeln zerbrechen
wird, die dieſen und jenen Theil der Menſch-
heit an den Bock der Sklaverey anketten:
denn die feinen gewohnten Banden, an
welchen der Gewaltige den Schwachen all-
zeit fuͤhrt, dieſe zu zerreiſſen, iſt Gott und
Menſch zu ſchwach, ſo lange die Natur keine
Umſchaffung unternimmt: aber ein ſolcher
Mann, der die Indianer an ihren Unter-
druͤckern raͤchet, zwar tauſend Unſchuldige
bey ſeiner Rache mit hinraft, aber ſie doch
zu einem edlen Zwecke hinraft —
Dieſe Erloͤſung wird die Zeit bewerk-
ſtelligen. —
O die leidige langſame Zeit, die erleich-
tern aber nicht erloͤſen kann! — Die Men-
ſchen kaͤmpften um Herrſchaft, bis der Maͤch-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/259>, abgerufen am 28.06.2024.
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