ist denn die Glückseligkeit der einzelnen Mitglieder bey der Berechnung eine bloße Null? Sollen die Menschen nichts als Last- träger seyn, denen man täglich mehr auf- legt, damit sie täglich mehr tragen lernen? Sollen sie immer gieriger nach Gewinn trachten, um immer mehr geben zu können? Heißt das nicht, sie zu allen den Lastern hinstoßen, die man für Schandflecken der Gesellschaft erkennt? zur Habsucht, List, Be- trug -- kurz, zu allen Vergehungen, die durch den leichten Zaun der Gesetze durch- schlüpfen können? --
Verflucht sey die Industrie! rief Belphe- gor. Je mehr sie steigt, je mehr raubt sie der Gesellschaft Annehmlichkeit, Zierde, und den einzelnen Mitgliedern die Glückselig- keit. -- Was thut sie? Sie schiebt einigen wenigen das Kopfküssen der Bequemlichkeit unter, macht alle, mehr oder weniger, zu habsüchtigen Wölfen und listigen Füchsen, und wirft den größten Haufen auf den har- ten Pfühl der Arbeit, der Beschwerlichkeit, der Kümmerniß, des Mangels. -- Wohl euch! ihr Thiere, und ihr Menschen, die ihr
ihnen
iſt denn die Gluͤckſeligkeit der einzelnen Mitglieder bey der Berechnung eine bloße Null? Sollen die Menſchen nichts als Laſt- traͤger ſeyn, denen man taͤglich mehr auf- legt, damit ſie taͤglich mehr tragen lernen? Sollen ſie immer gieriger nach Gewinn trachten, um immer mehr geben zu koͤnnen? Heißt das nicht, ſie zu allen den Laſtern hinſtoßen, die man fuͤr Schandflecken der Geſellſchaft erkennt? zur Habſucht, Liſt, Be- trug — kurz, zu allen Vergehungen, die durch den leichten Zaun der Geſetze durch- ſchluͤpfen koͤnnen? —
Verflucht ſey die Induſtrie! rief Belphe- gor. Je mehr ſie ſteigt, je mehr raubt ſie der Geſellſchaft Annehmlichkeit, Zierde, und den einzelnen Mitgliedern die Gluͤckſelig- keit. — Was thut ſie? Sie ſchiebt einigen wenigen das Kopfkuͤſſen der Bequemlichkeit unter, macht alle, mehr oder weniger, zu habſuͤchtigen Woͤlfen und liſtigen Fuͤchſen, und wirft den groͤßten Haufen auf den har- ten Pfuͤhl der Arbeit, der Beſchwerlichkeit, der Kuͤmmerniß, des Mangels. — Wohl euch! ihr Thiere, und ihr Menſchen, die ihr
ihnen
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iſt denn die Gluͤckſeligkeit der einzelnen
Mitglieder bey der Berechnung eine bloße
Null? Sollen die Menſchen nichts als Laſt-
traͤger ſeyn, denen man taͤglich mehr auf-
legt, damit ſie taͤglich mehr tragen lernen?
Sollen ſie immer gieriger nach Gewinn
trachten, um immer mehr geben zu koͤnnen?
Heißt das nicht, ſie zu allen den Laſtern
hinſtoßen, die man fuͤr Schandflecken der
Geſellſchaft erkennt? zur Habſucht, Liſt, Be-
trug — kurz, zu allen Vergehungen, die
durch den leichten Zaun der Geſetze durch-
ſchluͤpfen koͤnnen? —
Verflucht ſey die Induſtrie! rief Belphe-
gor. Je mehr ſie ſteigt, je mehr raubt ſie
der Geſellſchaft Annehmlichkeit, Zierde, und
den einzelnen Mitgliedern die Gluͤckſelig-
keit. — Was thut ſie? Sie ſchiebt einigen
wenigen das Kopfkuͤſſen der Bequemlichkeit
unter, macht alle, mehr oder weniger, zu
habſuͤchtigen Woͤlfen und liſtigen Fuͤchſen,
und wirft den groͤßten Haufen auf den har-
ten Pfuͤhl der Arbeit, der Beſchwerlichkeit,
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/257>, abgerufen am 22.12.2024.
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