war: man muß den Menschen das Leben sauer und schwer machen, um sie glücklich zu machen. Man hatte bemerkt, daß Staa- ten durch Industrie und Geschäftigkeit blü- hend und glänzend geworden waren: man hielt den Glanz des Staats und die Glückse- ligkeit seiner Mitglieder für untrennbare Dinge! oder man würdigte vielleicht nicht einmal die leztern einiger Rücksicht, und sezte es also als einen Grundsatz fest, daß die Glückseligkeit eines Volks mit seiner Indu- strie zunehme; und jedermann dachte auf Mittel sein Volk auf diesen sichern Weg zur politischen Glückseligkeit zu führen. Sogar Junker, die eine Hand voll Bauern unter ihrem Kommando hatten, die ihnen ihr Feld pflügen und ihr Vieh hüten mußten, spra- chen von Industrie, und wollten ihre Ar- beiter industriös machen, weil sie alsdann noch mehr faullenzen zu können hoften. In- dem man allenthalben Mittel zur Industrie aufsuchte, bemerkte man, daß die Einwoh- ner einiger Länder mit wenigen Auflagen be- schwert und nicht industriös gewesen waren: sogleich erklärte man dieß für die Wirkung von jenem, was es vielleicht in einigen ein-
zelnen
war: man muß den Menſchen das Leben ſauer und ſchwer machen, um ſie gluͤcklich zu machen. Man hatte bemerkt, daß Staa- ten durch Induſtrie und Geſchaͤftigkeit bluͤ- hend und glaͤnzend geworden waren: man hielt den Glanz des Staats und die Gluͤckſe- ligkeit ſeiner Mitglieder fuͤr untrennbare Dinge! oder man wuͤrdigte vielleicht nicht einmal die leztern einiger Ruͤckſicht, und ſezte es alſo als einen Grundſatz feſt, daß die Gluͤckſeligkeit eines Volks mit ſeiner Indu- ſtrie zunehme; und jedermann dachte auf Mittel ſein Volk auf dieſen ſichern Weg zur politiſchen Gluͤckſeligkeit zu fuͤhren. Sogar Junker, die eine Hand voll Bauern unter ihrem Kommando hatten, die ihnen ihr Feld pfluͤgen und ihr Vieh huͤten mußten, ſpra- chen von Induſtrie, und wollten ihre Ar- beiter induſtrioͤs machen, weil ſie alsdann noch mehr faullenzen zu koͤnnen hoften. In- dem man allenthalben Mittel zur Induſtrie aufſuchte, bemerkte man, daß die Einwoh- ner einiger Laͤnder mit wenigen Auflagen be- ſchwert und nicht induſtrioͤs geweſen waren: ſogleich erklaͤrte man dieß fuͤr die Wirkung von jenem, was es vielleicht in einigen ein-
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war: man muß den Menſchen das Leben
ſauer und ſchwer machen, um ſie gluͤcklich
zu machen. Man hatte bemerkt, daß Staa-
ten durch Induſtrie und Geſchaͤftigkeit bluͤ-
hend und glaͤnzend geworden waren: man
hielt den Glanz des Staats und die Gluͤckſe-
ligkeit ſeiner Mitglieder fuͤr untrennbare
Dinge! oder man wuͤrdigte vielleicht nicht
einmal die leztern einiger Ruͤckſicht, und ſezte
es alſo als einen Grundſatz feſt, daß die
Gluͤckſeligkeit eines Volks mit ſeiner Indu-
ſtrie zunehme; und jedermann dachte auf
Mittel ſein Volk auf dieſen ſichern Weg zur
politiſchen Gluͤckſeligkeit zu fuͤhren. Sogar
Junker, die eine Hand voll Bauern unter
ihrem Kommando hatten, die ihnen ihr Feld
pfluͤgen und ihr Vieh huͤten mußten, ſpra-
chen von Induſtrie, und wollten ihre Ar-
beiter induſtrioͤs machen, weil ſie alsdann
noch mehr faullenzen zu koͤnnen hoften. In-
dem man allenthalben Mittel zur Induſtrie
aufſuchte, bemerkte man, daß die Einwoh-
ner einiger Laͤnder mit wenigen Auflagen be-
ſchwert und nicht induſtrioͤs geweſen waren:
ſogleich erklaͤrte man dieß fuͤr die Wirkung
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/255>, abgerufen am 22.12.2024.
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