ihn um Rath gefragt hatte, als sie eine Welt schaffen wollte. Mitten unter seinem traurigen Zeitvertreibe gerieth er in die Be- kanntschaft eines Mannes, der sein Haus oft besuchte, Akanten reichliche Geschenke machte, ohne jemals mehr zu thun, als bey ihr ein und auszugehen. Da er also bey den Lustbarkeiten, die an dem Orte vorge- nommen wurden, blos ein überflüßiger und oft lästiger Zuschauer war, so bekommpli- mentirte ihn Akante so lange, bis er sich zu- weilen bereden ließ, sich zu ihrem Manne zu begeben und mit ihm zu unterhalten.
So zurückhaltend und lakonisch der Frem- de war, so offenherzig aus der Brust her- aus redte hingegen Belphegor: und bald fan- den sie beide, daß ihre Denkungsart nicht ganz disharmonisch war; sie wurden einan- der interressant und in kurzem Freunde, doch lange nicht so sehr, daß der Fremde auf die vielen Zunöthigungen, sich entdeckt hätte. Endlich machte einstmals die Flasche, wo- mit er Belphegorn häufig bewirthete, seine Zunge so geläufig, das er folgendes Bekennt- niß ablegte: -- Ich war ehemals ein Her- renhuter, konnte aber den verschleierten De-
spotis-
ihn um Rath gefragt hatte, als ſie eine Welt ſchaffen wollte. Mitten unter ſeinem traurigen Zeitvertreibe gerieth er in die Be- kanntſchaft eines Mannes, der ſein Haus oft beſuchte, Akanten reichliche Geſchenke machte, ohne jemals mehr zu thun, als bey ihr ein und auszugehen. Da er alſo bey den Luſtbarkeiten, die an dem Orte vorge- nommen wurden, blos ein uͤberfluͤßiger und oft laͤſtiger Zuſchauer war, ſo bekommpli- mentirte ihn Akante ſo lange, bis er ſich zu- weilen bereden ließ, ſich zu ihrem Manne zu begeben und mit ihm zu unterhalten.
So zuruͤckhaltend und lakoniſch der Frem- de war, ſo offenherzig aus der Bruſt her- aus redte hingegen Belphegor: und bald fan- den ſie beide, daß ihre Denkungsart nicht ganz disharmoniſch war; ſie wurden einan- der interreſſant und in kurzem Freunde, doch lange nicht ſo ſehr, daß der Fremde auf die vielen Zunoͤthigungen, ſich entdeckt haͤtte. Endlich machte einſtmals die Flaſche, wo- mit er Belphegorn haͤufig bewirthete, ſeine Zunge ſo gelaͤufig, das er folgendes Bekennt- niß ablegte: — Ich war ehemals ein Her- renhuter, konnte aber den verſchleierten De-
ſpotis-
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ihn um Rath gefragt hatte, als ſie eine
Welt ſchaffen wollte. Mitten unter ſeinem
traurigen Zeitvertreibe gerieth er in die Be-
kanntſchaft eines Mannes, der ſein Haus
oft beſuchte, Akanten reichliche Geſchenke
machte, ohne jemals mehr zu thun, als bey
ihr ein und auszugehen. Da er alſo bey
den Luſtbarkeiten, die an dem Orte vorge-
nommen wurden, blos ein uͤberfluͤßiger und
oft laͤſtiger Zuſchauer war, ſo bekommpli-
mentirte ihn Akante ſo lange, bis er ſich zu-
weilen bereden ließ, ſich zu ihrem Manne zu
begeben und mit ihm zu unterhalten.
So zuruͤckhaltend und lakoniſch der Frem-
de war, ſo offenherzig aus der Bruſt her-
aus redte hingegen Belphegor: und bald fan-
den ſie beide, daß ihre Denkungsart nicht
ganz disharmoniſch war; ſie wurden einan-
der interreſſant und in kurzem Freunde, doch
lange nicht ſo ſehr, daß der Fremde auf die
vielen Zunoͤthigungen, ſich entdeckt haͤtte.
Endlich machte einſtmals die Flaſche, wo-
mit er Belphegorn haͤufig bewirthete, ſeine
Zunge ſo gelaͤufig, das er folgendes Bekennt-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/252>, abgerufen am 22.12.2024.
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