jedesmal dahin einzuleiten, daß er dieser Ehre allein genoß, und Belphegor in einem verschloßnen Zimmer zu Hause bleiben mußte, weil seine Treue durch verschiedene bedenk- liche Aeußerungen zu verdächtig geworden war, um ihn bey dem Vorhaben eine spie- lende Person seyn zu lassen, oder sich völlig von ihm zu trennen.
Der kritische Tag rückte heran, an wel- chem der König von dem Gefährten des Bel- phegors mit einem Dolche aufgeopfert wer- den sollte. Länger konnte er den Gedanken nicht ertragen, der Mitbewußte einer so na- hen schrecklichen That zu seyn: er arbeitete sich aus seiner Gefangenschaft heraus, be- gab sich in den königlichen Palast, wo er auf das vorgewiesene Zeichen, daß er unter die Vertrauten des Königes gehöre, zu ihm eingelassen wurde und ihm die drohende Lebensgefahr eröffnete. Sobald er in den Saal trat, machte ihn die Physiognomie des Königs stutzig: sie schien ihm so bekannte Züge zu haben, die nur durch Zeit und Zu- fälle verdunkelt waren, daß er den unbe- weglichsten Blick auf sie heftete. Die näm- liche Aufmerksamkeit verwandte auch der
König
jedesmal dahin einzuleiten, daß er dieſer Ehre allein genoß, und Belphegor in einem verſchloßnen Zimmer zu Hauſe bleiben mußte, weil ſeine Treue durch verſchiedene bedenk- liche Aeußerungen zu verdaͤchtig geworden war, um ihn bey dem Vorhaben eine ſpie- lende Perſon ſeyn zu laſſen, oder ſich voͤllig von ihm zu trennen.
Der kritiſche Tag ruͤckte heran, an wel- chem der Koͤnig von dem Gefaͤhrten des Bel- phegors mit einem Dolche aufgeopfert wer- den ſollte. Laͤnger konnte er den Gedanken nicht ertragen, der Mitbewußte einer ſo na- hen ſchrecklichen That zu ſeyn: er arbeitete ſich aus ſeiner Gefangenſchaft heraus, be- gab ſich in den koͤniglichen Palaſt, wo er auf das vorgewieſene Zeichen, daß er unter die Vertrauten des Koͤniges gehoͤre, zu ihm eingelaſſen wurde und ihm die drohende Lebensgefahr eroͤffnete. Sobald er in den Saal trat, machte ihn die Phyſiognomie des Koͤnigs ſtutzig: ſie ſchien ihm ſo bekannte Zuͤge zu haben, die nur durch Zeit und Zu- faͤlle verdunkelt waren, daß er den unbe- weglichſten Blick auf ſie heftete. Die naͤm- liche Aufmerkſamkeit verwandte auch der
Koͤnig
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jedesmal dahin einzuleiten, daß er dieſer
Ehre allein genoß, und Belphegor in einem
verſchloßnen Zimmer zu Hauſe bleiben mußte,
weil ſeine Treue durch verſchiedene bedenk-
liche Aeußerungen zu verdaͤchtig geworden
war, um ihn bey dem Vorhaben eine ſpie-
lende Perſon ſeyn zu laſſen, oder ſich voͤllig
von ihm zu trennen.
Der kritiſche Tag ruͤckte heran, an wel-
chem der Koͤnig von dem Gefaͤhrten des Bel-
phegors mit einem Dolche aufgeopfert wer-
den ſollte. Laͤnger konnte er den Gedanken
nicht ertragen, der Mitbewußte einer ſo na-
hen ſchrecklichen That zu ſeyn: er arbeitete
ſich aus ſeiner Gefangenſchaft heraus, be-
gab ſich in den koͤniglichen Palaſt, wo er
auf das vorgewieſene Zeichen, daß er unter
die Vertrauten des Koͤniges gehoͤre, zu ihm
eingelaſſen wurde und ihm die drohende
Lebensgefahr eroͤffnete. Sobald er in den
Saal trat, machte ihn die Phyſiognomie des
Koͤnigs ſtutzig: ſie ſchien ihm ſo bekannte
Zuͤge zu haben, die nur durch Zeit und Zu-
faͤlle verdunkelt waren, daß er den unbe-
weglichſten Blick auf ſie heftete. Die naͤm-
liche Aufmerkſamkeit verwandte auch der
Koͤnig
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/20>, abgerufen am 23.11.2024.
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