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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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zu Ersparung der Kasse selten etwas zu essen
und alle Abende für jedes fehlende Pfund
sechs Hiebe.

Seine Gesellen wurden in kurzem seine
Freunde; ein gemeinschaftliches gleich
trauriges Loos machte sie dazu. Nach lan-
gen Bitten erbarmte man sich endlich über
den armen Belphegor und erließ ihm täglich
zwey Pfund von der vorgeschriebnen Quanti-
tät Wolle; er bekam nichtsdestoweniger
alle Abende Prügel, weil er auch achtzehn
Pfund eben so wenig bestreiten konnte, nur
jeden Tag zwölf Schläge weniger, als die
übrigen. Von Stund an haßten ihn alle
seine Kameraden wegen dieses vorzüglichen
Glücks, und beschlossen, ihn des Nachts im
Bette zu verbrennen. Sie führten ihren An-
schlag aus, legten brennenden Zunder in das
Bettstroh, die Flammen nahmen überhand,
Belphegor und die übrigen Züchtlinge ent-
wischten, und das Haus lag nebst einer gan-
zen Gasse innerhalb etlicher Stunden im
Aschenhaufen da. --

So soll man mir doch die Zunge aus-
schneiden, wenn ich mich wieder verleiten lasse,

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zu Erſparung der Kaſſe ſelten etwas zu eſſen
und alle Abende fuͤr jedes fehlende Pfund
ſechs Hiebe.

Seine Geſellen wurden in kurzem ſeine
Freunde; ein gemeinſchaftliches gleich
trauriges Loos machte ſie dazu. Nach lan-
gen Bitten erbarmte man ſich endlich uͤber
den armen Belphegor und erließ ihm taͤglich
zwey Pfund von der vorgeſchriebnen Quanti-
taͤt Wolle; er bekam nichtsdeſtoweniger
alle Abende Pruͤgel, weil er auch achtzehn
Pfund eben ſo wenig beſtreiten konnte, nur
jeden Tag zwoͤlf Schlaͤge weniger, als die
uͤbrigen. Von Stund an haßten ihn alle
ſeine Kameraden wegen dieſes vorzuͤglichen
Gluͤcks, und beſchloſſen, ihn des Nachts im
Bette zu verbrennen. Sie fuͤhrten ihren An-
ſchlag aus, legten brennenden Zunder in das
Bettſtroh, die Flammen nahmen uͤberhand,
Belphegor und die uͤbrigen Zuͤchtlinge ent-
wiſchten, und das Haus lag nebſt einer gan-
zen Gaſſe innerhalb etlicher Stunden im
Aſchenhaufen da. —

So ſoll man mir doch die Zunge aus-
ſchneiden, wenn ich mich wieder verleiten laſſe,

C 4
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[39/0059] zu Erſparung der Kaſſe ſelten etwas zu eſſen und alle Abende fuͤr jedes fehlende Pfund ſechs Hiebe. Seine Geſellen wurden in kurzem ſeine Freunde; ein gemeinſchaftliches gleich trauriges Loos machte ſie dazu. Nach lan- gen Bitten erbarmte man ſich endlich uͤber den armen Belphegor und erließ ihm taͤglich zwey Pfund von der vorgeſchriebnen Quanti- taͤt Wolle; er bekam nichtsdeſtoweniger alle Abende Pruͤgel, weil er auch achtzehn Pfund eben ſo wenig beſtreiten konnte, nur jeden Tag zwoͤlf Schlaͤge weniger, als die uͤbrigen. Von Stund an haßten ihn alle ſeine Kameraden wegen dieſes vorzuͤglichen Gluͤcks, und beſchloſſen, ihn des Nachts im Bette zu verbrennen. Sie fuͤhrten ihren An- ſchlag aus, legten brennenden Zunder in das Bettſtroh, die Flammen nahmen uͤberhand, Belphegor und die uͤbrigen Zuͤchtlinge ent- wiſchten, und das Haus lag nebſt einer gan- zen Gaſſe innerhalb etlicher Stunden im Aſchenhaufen da. — So ſoll man mir doch die Zunge aus- ſchneiden, wenn ich mich wieder verleiten laſſe, C 4

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/59>, abgerufen am 23.11.2024.