"Jch habe ein Mädchen, das mich in mei- "ner lezten Krankheit gepflegt und gewartet "hat, wie eine Mutter: ich wollte sie heira- "then; aber ich darf nicht. Das arme "Mädchen sizt zu Hause, und weint sich die "Augen aus dem Kopfe. Mein Herr will "mich zwingen, ein Gütchen zu bearbeiten, "das ein andrer vor mir verdorben hat. Jch "kann nicht; es würde mich zu Grunde rich- "ten. Jm Stocke habe ich schon gelegen; "und da ich noch nicht wollte, so drohte er "mir mit dem Zuchthause. Mein armes lie- "bes Mädchen soll ich auch nicht nehmen: "wir müssen -- ach! das wissen Sie nicht, "lieber Herr! -- auch von unsrer Liebe eine "Abgabe bezahlen. Ja, das Bischen, was "wir sauer erarbeiten! -- ich bin entsprun- "gen, und -- du gutes Mädchen! -- wenn "sie mich haschen -- *)
Mein Freund, wenn du Recht hast, so geh ich mit dir und spreche für dich. -- Er wei- gerte sich anfangs; doch endlich überließ er sich ihm und führte ihn zu seinem Herrn.
*) Alles dieses wird vielleicht nur in gewissen Gegenden verständlich seyn.
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„Jch habe ein Maͤdchen, das mich in mei- „ner lezten Krankheit gepflegt und gewartet „hat, wie eine Mutter: ich wollte ſie heira- „then; aber ich darf nicht. Das arme „Maͤdchen ſizt zu Hauſe, und weint ſich die „Augen aus dem Kopfe. Mein Herr will „mich zwingen, ein Guͤtchen zu bearbeiten, „das ein andrer vor mir verdorben hat. Jch „kann nicht; es wuͤrde mich zu Grunde rich- „ten. Jm Stocke habe ich ſchon gelegen; „und da ich noch nicht wollte, ſo drohte er „mir mit dem Zuchthauſe. Mein armes lie- „bes Maͤdchen ſoll ich auch nicht nehmen: „wir muͤſſen — ach! das wiſſen Sie nicht, „lieber Herr! — auch von unſrer Liebe eine „Abgabe bezahlen. Ja, das Bischen, was „wir ſauer erarbeiten! — ich bin entſprun- „gen, und — du gutes Maͤdchen! — wenn „ſie mich haſchen — *)
Mein Freund, wenn du Recht haſt, ſo geh ich mit dir und ſpreche fuͤr dich. — Er wei- gerte ſich anfangs; doch endlich uͤberließ er ſich ihm und fuͤhrte ihn zu ſeinem Herrn.
*) Alles dieſes wird vielleicht nur in gewiſſen Gegenden verſtaͤndlich ſeyn.
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„Jch habe ein Maͤdchen, das mich in mei-
„ner lezten Krankheit gepflegt und gewartet
„hat, wie eine Mutter: ich wollte ſie heira-
„then; aber ich darf nicht. Das arme
„Maͤdchen ſizt zu Hauſe, und weint ſich die
„Augen aus dem Kopfe. Mein Herr will
„mich zwingen, ein Guͤtchen zu bearbeiten,
„das ein andrer vor mir verdorben hat. Jch
„kann nicht; es wuͤrde mich zu Grunde rich-
„ten. Jm Stocke habe ich ſchon gelegen;
„und da ich noch nicht wollte, ſo drohte er
„mir mit dem Zuchthauſe. Mein armes lie-
„bes Maͤdchen ſoll ich auch nicht nehmen:
„wir muͤſſen — ach! das wiſſen Sie nicht,
„lieber Herr! — auch von unſrer Liebe eine
„Abgabe bezahlen. Ja, das Bischen, was
„wir ſauer erarbeiten! — ich bin entſprun-
„gen, und — du gutes Maͤdchen! — wenn
„ſie mich haſchen — *)
Mein Freund, wenn du Recht haſt, ſo geh
ich mit dir und ſpreche fuͤr dich. — Er wei-
gerte ſich anfangs; doch endlich uͤberließ er
ſich ihm und fuͤhrte ihn zu ſeinem Herrn.
*) Alles dieſes wird vielleicht nur in gewiſſen
Gegenden verſtaͤndlich ſeyn.
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/43>, abgerufen am 16.07.2024.
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