dels entzogen wurde; und da er überhaupt es nicht verdauen konnte, daß seine Tributa- ren sich mit ihm in gleiche Linie setzen und vielleicht gar eine Macht erlangen wollten, die der seinigen das Gleichgewicht hielt, so be- schloß er, sich von einer so ängstlichen Be- sorgniß zu befreyen. Gleichwohl konnte er nicht die Stärke der Waffen ohne Gefahr ge- brauchen, weil sie, insgesamt vereinigt, ihm das Gleichgewicht hielten. Der Franzose, der sich izt an seinem Hofe aufhielt, merkte kaum seinen Wunsch, als er ihm mit seinem Rathe beystund. Er beredete ihn, Belphe- gors gährende Eifersucht so lange anzufeuern, bis sie zu offenbarer Feindseligkeit aufbrauste, und nahm das Geschäfte über sich.
Er that weiter nichts als daß er Belphe- gorn die guten herrlichen Anstalten seines Freundes, den Fortgang derselben, den blü- henden Zustand seines kleinen Staats, seine Macht, seinen Reichthum, seinen Ruhm, den Zuwachs seiner Unterthanen pries, und da- gegen das kontrastirende Bild seines Gebie- tes hielt, das mit einer Handvoll Jäger und Räuber besezt war, die hartnäckig von ihrer alten Lebensart nicht abgehn, oder ihren Re-
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dels entzogen wurde; und da er uͤberhaupt es nicht verdauen konnte, daß ſeine Tributa- ren ſich mit ihm in gleiche Linie ſetzen und vielleicht gar eine Macht erlangen wollten, die der ſeinigen das Gleichgewicht hielt, ſo be- ſchloß er, ſich von einer ſo aͤngſtlichen Be- ſorgniß zu befreyen. Gleichwohl konnte er nicht die Staͤrke der Waffen ohne Gefahr ge- brauchen, weil ſie, insgeſamt vereinigt, ihm das Gleichgewicht hielten. Der Franzoſe, der ſich izt an ſeinem Hofe aufhielt, merkte kaum ſeinen Wunſch, als er ihm mit ſeinem Rathe beyſtund. Er beredete ihn, Belphe- gors gaͤhrende Eiferſucht ſo lange anzufeuern, bis ſie zu offenbarer Feindſeligkeit aufbrauſte, und nahm das Geſchaͤfte uͤber ſich.
Er that weiter nichts als daß er Belphe- gorn die guten herrlichen Anſtalten ſeines Freundes, den Fortgang derſelben, den bluͤ- henden Zuſtand ſeines kleinen Staats, ſeine Macht, ſeinen Reichthum, ſeinen Ruhm, den Zuwachs ſeiner Unterthanen pries, und da- gegen das kontraſtirende Bild ſeines Gebie- tes hielt, das mit einer Handvoll Jaͤger und Raͤuber beſezt war, die hartnaͤckig von ihrer alten Lebensart nicht abgehn, oder ihren Re-
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dels entzogen wurde; und da er uͤberhaupt
es nicht verdauen konnte, daß ſeine Tributa-
ren ſich mit ihm in gleiche Linie ſetzen und
vielleicht gar eine Macht erlangen wollten, die
der ſeinigen das Gleichgewicht hielt, ſo be-
ſchloß er, ſich von einer ſo aͤngſtlichen Be-
ſorgniß zu befreyen. Gleichwohl konnte er
nicht die Staͤrke der Waffen ohne Gefahr ge-
brauchen, weil ſie, insgeſamt vereinigt, ihm
das Gleichgewicht hielten. Der Franzoſe,
der ſich izt an ſeinem Hofe aufhielt, merkte
kaum ſeinen Wunſch, als er ihm mit ſeinem
Rathe beyſtund. Er beredete ihn, Belphe-
gors gaͤhrende Eiferſucht ſo lange anzufeuern,
bis ſie zu offenbarer Feindſeligkeit aufbrauſte,
und nahm das Geſchaͤfte uͤber ſich.
Er that weiter nichts als daß er Belphe-
gorn die guten herrlichen Anſtalten ſeines
Freundes, den Fortgang derſelben, den bluͤ-
henden Zuſtand ſeines kleinen Staats, ſeine
Macht, ſeinen Reichthum, ſeinen Ruhm, den
Zuwachs ſeiner Unterthanen pries, und da-
gegen das kontraſtirende Bild ſeines Gebie-
tes hielt, das mit einer Handvoll Jaͤger und
Raͤuber beſezt war, die hartnaͤckig von ihrer
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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