Geschmack des Herrschens nicht zu süß wäre, um ihn ohne Reue zu entbehren. Er war außer sich gesezt, und wünschte, seine ganze unselige Rotte mit Einem Schwertstreiche ver- nichten zu können. Unter diesem Unwillen dachte er an Fromals Fortgang, der geliebt und bekannt, wie er hingegen vergessen oder verachtet war; und er konnte sich nicht ent- halten, mit einem Zähneknirschen sich von ei- ner solchen Vorstellung wegzuwenden. Er argwohnte gar, daß ihn Fromal durch listige Ränke in der Ausübung seiner Absichten ver- hindert habe; er wußte sich keinen Beweis davon anzugeben, aber der Argwohn grub sich doch bey ihm ein und unterminirte von Tag zu Tag seine Freundschaft und gute Mei- nung von ihm, die ohnehin schon geschwächt war.
Die Gährung war vorhanden; nur noch eine Gelegenheit zum Ausbruche! -- und die größten Freunde sind die größten Feinde. Sie kam. Jhr Oberherr, der König von Segelmesse, sahe mit Erstaunen und Un- willen die Schritte, die Fromals Gebiet in der Polizierung gethan hatte, daß seiner Hauptstadt ein Theil ihres ehmaligen Han-
Geſchmack des Herrſchens nicht zu ſuͤß waͤre, um ihn ohne Reue zu entbehren. Er war außer ſich geſezt, und wuͤnſchte, ſeine ganze unſelige Rotte mit Einem Schwertſtreiche ver- nichten zu koͤnnen. Unter dieſem Unwillen dachte er an Fromals Fortgang, der geliebt und bekannt, wie er hingegen vergeſſen oder verachtet war; und er konnte ſich nicht ent- halten, mit einem Zaͤhneknirſchen ſich von ei- ner ſolchen Vorſtellung wegzuwenden. Er argwohnte gar, daß ihn Fromal durch liſtige Raͤnke in der Ausuͤbung ſeiner Abſichten ver- hindert habe; er wußte ſich keinen Beweis davon anzugeben, aber der Argwohn grub ſich doch bey ihm ein und unterminirte von Tag zu Tag ſeine Freundſchaft und gute Mei- nung von ihm, die ohnehin ſchon geſchwaͤcht war.
Die Gaͤhrung war vorhanden; nur noch eine Gelegenheit zum Ausbruche! — und die groͤßten Freunde ſind die groͤßten Feinde. Sie kam. Jhr Oberherr, der Koͤnig von Segelmeſſe, ſahe mit Erſtaunen und Un- willen die Schritte, die Fromals Gebiet in der Polizierung gethan hatte, daß ſeiner Hauptſtadt ein Theil ihres ehmaligen Han-
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Geſchmack des Herrſchens nicht zu ſuͤß waͤre,
um ihn ohne Reue zu entbehren. Er war
außer ſich geſezt, und wuͤnſchte, ſeine ganze
unſelige Rotte mit Einem Schwertſtreiche ver-
nichten zu koͤnnen. Unter dieſem Unwillen
dachte er an Fromals Fortgang, der geliebt
und bekannt, wie er hingegen vergeſſen oder
verachtet war; und er konnte ſich nicht ent-
halten, mit einem Zaͤhneknirſchen ſich von ei-
ner ſolchen Vorſtellung wegzuwenden. Er
argwohnte gar, daß ihn Fromal durch liſtige
Raͤnke in der Ausuͤbung ſeiner Abſichten ver-
hindert habe; er wußte ſich keinen Beweis
davon anzugeben, aber der Argwohn grub
ſich doch bey ihm ein und unterminirte von
Tag zu Tag ſeine Freundſchaft und gute Mei-
nung von ihm, die ohnehin ſchon geſchwaͤcht
war.
Die Gaͤhrung war vorhanden; nur noch
eine Gelegenheit zum Ausbruche! — und die
groͤßten Freunde ſind die groͤßten Feinde.
Sie kam. Jhr Oberherr, der Koͤnig von
Segelmeſſe, ſahe mit Erſtaunen und Un-
willen die Schritte, die Fromals Gebiet in
der Polizierung gethan hatte, daß ſeiner
Hauptſtadt ein Theil ihres ehmaligen Han-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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