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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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den Früchte ausstreckten, daß mein Herz, wie
erstarrt, keinen einzigen Pulsschlag um ih-
rentwillen schneller that: man schalt mich so-
gar einen Fühllosen, einen Duns ohne Lebens-
kraft: -- ey wozu das? -- Jch ersparte
mir meine Unruhe; ich ließ sie schwatzen:
warum sollte ich meinen Gaum zu einem Bis-
sen zwingen, der ihm widerstund, und den
mein Magen also sicher nicht ohne Schmer-
zen verdaut hätte? -- Weg, weg mit ihm!
ich ließ die Leute darnach schnappen, darnach
laufen und rennen, sich freuen und betrüben,
sich liebkosen und hassen, sich erheben und
unterdrücken, stolz und klein seyn, und --
lachte; freilich bisweilen etwas bitter, mit
einer guten Quantität schlimmer Laune! aber
wer kann sich helfen? -- Wie könnte mir ein
so aufgeblasner Ritter, wie unser Nazib,
Herzbeschwerungen machen wie dir? -- Lie-
ber Lungenbeschwerungen von vielem La-
chen! --

Belph. Aber, bester Fromal, muß das
Herz nicht zum höchsten Aufruhre emporstei-
gen, wenn dieser lächerliche Götze seinem
Wahne sogar Menschen opfert? --

Q 5

den Fruͤchte ausſtreckten, daß mein Herz, wie
erſtarrt, keinen einzigen Pulsſchlag um ih-
rentwillen ſchneller that: man ſchalt mich ſo-
gar einen Fuͤhlloſen, einen Duns ohne Lebens-
kraft: — ey wozu das? — Jch erſparte
mir meine Unruhe; ich ließ ſie ſchwatzen:
warum ſollte ich meinen Gaum zu einem Biſ-
ſen zwingen, der ihm widerſtund, und den
mein Magen alſo ſicher nicht ohne Schmer-
zen verdaut haͤtte? — Weg, weg mit ihm!
ich ließ die Leute darnach ſchnappen, darnach
laufen und rennen, ſich freuen und betruͤben,
ſich liebkoſen und haſſen, ſich erheben und
unterdruͤcken, ſtolz und klein ſeyn, und —
lachte; freilich bisweilen etwas bitter, mit
einer guten Quantitaͤt ſchlimmer Laune! aber
wer kann ſich helfen? — Wie koͤnnte mir ein
ſo aufgeblaſner Ritter, wie unſer Nazib,
Herzbeſchwerungen machen wie dir? — Lie-
ber Lungenbeſchwerungen von vielem La-
chen! —

Belph. Aber, beſter Fromal, muß das
Herz nicht zum hoͤchſten Aufruhre emporſtei-
gen, wenn dieſer laͤcherliche Goͤtze ſeinem
Wahne ſogar Menſchen opfert? —

Q 5
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[249/0269] den Fruͤchte ausſtreckten, daß mein Herz, wie erſtarrt, keinen einzigen Pulsſchlag um ih- rentwillen ſchneller that: man ſchalt mich ſo- gar einen Fuͤhlloſen, einen Duns ohne Lebens- kraft: — ey wozu das? — Jch erſparte mir meine Unruhe; ich ließ ſie ſchwatzen: warum ſollte ich meinen Gaum zu einem Biſ- ſen zwingen, der ihm widerſtund, und den mein Magen alſo ſicher nicht ohne Schmer- zen verdaut haͤtte? — Weg, weg mit ihm! ich ließ die Leute darnach ſchnappen, darnach laufen und rennen, ſich freuen und betruͤben, ſich liebkoſen und haſſen, ſich erheben und unterdruͤcken, ſtolz und klein ſeyn, und — lachte; freilich bisweilen etwas bitter, mit einer guten Quantitaͤt ſchlimmer Laune! aber wer kann ſich helfen? — Wie koͤnnte mir ein ſo aufgeblaſner Ritter, wie unſer Nazib, Herzbeſchwerungen machen wie dir? — Lie- ber Lungenbeſchwerungen von vielem La- chen! — Belph. Aber, beſter Fromal, muß das Herz nicht zum hoͤchſten Aufruhre emporſtei- gen, wenn dieſer laͤcherliche Goͤtze ſeinem Wahne ſogar Menſchen opfert? — Q 5

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/269>, abgerufen am 22.11.2024.