antwortete ihnen als eine traurige Geberde, mit welcher sich die Umstehenden an die Brust schlugen. Belphegor schäumte vor Wuth und Zorn; er hieb einen dastehenden Priester in die Schulter und holte nach einem andern aus, als der ganze Haufe sie beide auf die Schultern faßte und laut rief: Nazib! Na- zib! Unter diesem Geschrey wurden sie fortge- tragen und langten in kurzer Zeit in einer mit Bergen umschloßnen Ebne an, wo sie ein Ge- bäude, einer deutschen Gauklerbude ähnlich, und um dasselbe etliche kleinere von gleicher Architektur antrafen. Sie merkten aus allen Umständen, daß sie sich in der königlichen Re- sidenz befanden, um der schwarzgelben Maje- stät vorgestellt zu werden, welches nach einem langen Aufenthalte außer dem Palaste wirk- lich geschehen sollte, während dessen alles in- nerhalb des Gebäudes in Bewegung war, und sie vermuthen ließ, daß man entweder das Audienzzimmer zu ihrem Empfange in Ordnung bringe, oder ein Schafott für sie baue.
antwortete ihnen als eine traurige Geberde, mit welcher ſich die Umſtehenden an die Bruſt ſchlugen. Belphegor ſchaͤumte vor Wuth und Zorn; er hieb einen daſtehenden Prieſter in die Schulter und holte nach einem andern aus, als der ganze Haufe ſie beide auf die Schultern faßte und laut rief: Nazib! Na- zib! Unter dieſem Geſchrey wurden ſie fortge- tragen und langten in kurzer Zeit in einer mit Bergen umſchloßnen Ebne an, wo ſie ein Ge- baͤude, einer deutſchen Gauklerbude aͤhnlich, und um daſſelbe etliche kleinere von gleicher Architektur antrafen. Sie merkten aus allen Umſtaͤnden, daß ſie ſich in der koͤniglichen Re- ſidenz befanden, um der ſchwarzgelben Maje- ſtaͤt vorgeſtellt zu werden, welches nach einem langen Aufenthalte außer dem Palaſte wirk- lich geſchehen ſollte, waͤhrend deſſen alles in- nerhalb des Gebaͤudes in Bewegung war, und ſie vermuthen ließ, daß man entweder das Audienzzimmer zu ihrem Empfange in Ordnung bringe, oder ein Schafott fuͤr ſie baue.
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antwortete ihnen als eine traurige Geberde,
mit welcher ſich die Umſtehenden an die Bruſt
ſchlugen. Belphegor ſchaͤumte vor Wuth
und Zorn; er hieb einen daſtehenden Prieſter
in die Schulter und holte nach einem andern
aus, als der ganze Haufe ſie beide auf die
Schultern faßte und laut rief: Nazib! Na-
zib! Unter dieſem Geſchrey wurden ſie fortge-
tragen und langten in kurzer Zeit in einer mit
Bergen umſchloßnen Ebne an, wo ſie ein Ge-
baͤude, einer deutſchen Gauklerbude aͤhnlich,
und um daſſelbe etliche kleinere von gleicher
Architektur antrafen. Sie merkten aus allen
Umſtaͤnden, daß ſie ſich in der koͤniglichen Re-
ſidenz befanden, um der ſchwarzgelben Maje-
ſtaͤt vorgeſtellt zu werden, welches nach einem
langen Aufenthalte außer dem Palaſte wirk-
lich geſchehen ſollte, waͤhrend deſſen alles in-
nerhalb des Gebaͤudes in Bewegung war,
und ſie vermuthen ließ, daß man entweder
das Audienzzimmer zu ihrem Empfange in
Ordnung bringe, oder ein Schafott fuͤr ſie
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/252>, abgerufen am 22.11.2024.
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