wohl! Jch soll von neuem Zeuge der Unter- drückung, der Grausamkeit der Menschen wer- den: wohlan! ich küsse die Sklavenkette, wenn sie mich nur mit euch, Freunde, un- trennbar vereint. --
Kaum hatte er seinen Schwanengesang an die Freiheit geendet, als die Räuber schon an ihr Fahrzeug heranrückten; da sie nichts als ein beuteleeres Boot mit drey Menschen er- blickten, so schienen sie unschlüssig zu seyn, was sie mit ihnen anfangen wollten: doch endlich erinnerten sie sich, daß sie das Boot brauchen könnten, und nahmen es also ein. Man untersuchte alle Winkel ihres Leibes, um verborgne Schätze zu entdecken: doch man entdeckte nichts, Sie wurden ins Sklaven- behältniß gebracht, und nach langem vergeb- lichen Herumkreuzen fanden sie eine Prise, von der sie sich gute Hoffnung machten. Es war das alte Lied des menschlichen Lebens: ein Trupp Menschen wurde des andern Herr, nachdem sich etliche von ihnen ermordet, er- säuft, erschossen hatten. Die Räuber kehr- ten voller Lust und Freude über ihre Erobe- rung nach Algier, wo sie ihre Abgabe von ihrer Beute entrichteten, auf neues Glück
wohl! Jch ſoll von neuem Zeuge der Unter- druͤckung, der Grauſamkeit der Menſchen wer- den: wohlan! ich kuͤſſe die Sklavenkette, wenn ſie mich nur mit euch, Freunde, un- trennbar vereint. —
Kaum hatte er ſeinen Schwanengeſang an die Freiheit geendet, als die Raͤuber ſchon an ihr Fahrzeug heranruͤckten; da ſie nichts als ein beuteleeres Boot mit drey Menſchen er- blickten, ſo ſchienen ſie unſchluͤſſig zu ſeyn, was ſie mit ihnen anfangen wollten: doch endlich erinnerten ſie ſich, daß ſie das Boot brauchen koͤnnten, und nahmen es alſo ein. Man unterſuchte alle Winkel ihres Leibes, um verborgne Schaͤtze zu entdecken: doch man entdeckte nichts, Sie wurden ins Sklaven- behaͤltniß gebracht, und nach langem vergeb- lichen Herumkreuzen fanden ſie eine Priſe, von der ſie ſich gute Hoffnung machten. Es war das alte Lied des menſchlichen Lebens: ein Trupp Menſchen wurde des andern Herr, nachdem ſich etliche von ihnen ermordet, er- ſaͤuft, erſchoſſen hatten. Die Raͤuber kehr- ten voller Luſt und Freude uͤber ihre Erobe- rung nach Algier, wo ſie ihre Abgabe von ihrer Beute entrichteten, auf neues Gluͤck
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wohl! Jch ſoll von neuem Zeuge der Unter-
druͤckung, der Grauſamkeit der Menſchen wer-
den: wohlan! ich kuͤſſe die Sklavenkette,
wenn ſie mich nur mit euch, Freunde, un-
trennbar vereint. —
Kaum hatte er ſeinen Schwanengeſang an
die Freiheit geendet, als die Raͤuber ſchon an
ihr Fahrzeug heranruͤckten; da ſie nichts als
ein beuteleeres Boot mit drey Menſchen er-
blickten, ſo ſchienen ſie unſchluͤſſig zu ſeyn,
was ſie mit ihnen anfangen wollten: doch
endlich erinnerten ſie ſich, daß ſie das Boot
brauchen koͤnnten, und nahmen es alſo ein.
Man unterſuchte alle Winkel ihres Leibes, um
verborgne Schaͤtze zu entdecken: doch man
entdeckte nichts, Sie wurden ins Sklaven-
behaͤltniß gebracht, und nach langem vergeb-
lichen Herumkreuzen fanden ſie eine Priſe,
von der ſie ſich gute Hoffnung machten. Es
war das alte Lied des menſchlichen Lebens:
ein Trupp Menſchen wurde des andern Herr,
nachdem ſich etliche von ihnen ermordet, er-
ſaͤuft, erſchoſſen hatten. Die Raͤuber kehr-
ten voller Luſt und Freude uͤber ihre Erobe-
rung nach Algier, wo ſie ihre Abgabe von
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/206>, abgerufen am 16.02.2025.
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