phirte. Plözlich erfuhr er, wie man ihn hintergangen hatte; er wütete, wie ein Löwe, besonders da er darinne die lächerlichste Hauptrolle spielte, und jedermann sich schon auf seine Unkosten belustigte, ehe er es nur vermuthen konnte. Sein Gegner hatte sich zwar versteckt, aber es gelang Nikanorn doch, ihn auszuforschen: nun fieng der drollichste Krieg an. Man focht von beiden Seiten mit den schärfsten Waffen des komischen Witzes; und am Ende hatten sie den Nutzen, daß beide lächerlich gemacht waren: doch eignete sich Nikanor den Sieg zu, weil er das lezte Pasquill drucken ließ. Durch die- sen Krieg sank er in den Augen des Publi- kums: doch blieb er noch immer der gefürch- tete Tirann in dem Reiche des Witzes, dem jeder huldigte und den ersten Rang zugestehn mußte, wenn er den zweiten nach ihm haben wollte. Er unterhielt eine Menge Lobredner, die für ein kleines Lob, das er ihnen aus Gnaden zuweilen zuwarf, sich für seine Ver- dienste zur Posaune der Fama gebrauchen ließen: wenn sie weiter nichts thun konnten, so mußten sie wenigstens seinen Namen in dem Andenken des Publikums durch die öftre
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phirte. Ploͤzlich erfuhr er, wie man ihn hintergangen hatte; er wuͤtete, wie ein Loͤwe, beſonders da er darinne die laͤcherlichſte Hauptrolle ſpielte, und jedermann ſich ſchon auf ſeine Unkoſten beluſtigte, ehe er es nur vermuthen konnte. Sein Gegner hatte ſich zwar verſteckt, aber es gelang Nikanorn doch, ihn auszuforſchen: nun fieng der drollichſte Krieg an. Man focht von beiden Seiten mit den ſchaͤrfſten Waffen des komiſchen Witzes; und am Ende hatten ſie den Nutzen, daß beide laͤcherlich gemacht waren: doch eignete ſich Nikanor den Sieg zu, weil er das lezte Pasquill drucken ließ. Durch die- ſen Krieg ſank er in den Augen des Publi- kums: doch blieb er noch immer der gefuͤrch- tete Tirann in dem Reiche des Witzes, dem jeder huldigte und den erſten Rang zugeſtehn mußte, wenn er den zweiten nach ihm haben wollte. Er unterhielt eine Menge Lobredner, die fuͤr ein kleines Lob, das er ihnen aus Gnaden zuweilen zuwarf, ſich fuͤr ſeine Ver- dienſte zur Poſaune der Fama gebrauchen ließen: wenn ſie weiter nichts thun konnten, ſo mußten ſie wenigſtens ſeinen Namen in dem Andenken des Publikums durch die oͤftre
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phirte. Ploͤzlich erfuhr er, wie man ihn
hintergangen hatte; er wuͤtete, wie ein Loͤwe,
beſonders da er darinne die laͤcherlichſte
Hauptrolle ſpielte, und jedermann ſich ſchon
auf ſeine Unkoſten beluſtigte, ehe er es nur
vermuthen konnte. Sein Gegner hatte ſich
zwar verſteckt, aber es gelang Nikanorn doch,
ihn auszuforſchen: nun fieng der drollichſte
Krieg an. Man focht von beiden Seiten
mit den ſchaͤrfſten Waffen des komiſchen
Witzes; und am Ende hatten ſie den Nutzen,
daß beide laͤcherlich gemacht waren: doch
eignete ſich Nikanor den Sieg zu, weil er
das lezte Pasquill drucken ließ. Durch die-
ſen Krieg ſank er in den Augen des Publi-
kums: doch blieb er noch immer der gefuͤrch-
tete Tirann in dem Reiche des Witzes, dem
jeder huldigte und den erſten Rang zugeſtehn
mußte, wenn er den zweiten nach ihm haben
wollte. Er unterhielt eine Menge Lobredner,
die fuͤr ein kleines Lob, das er ihnen aus
Gnaden zuweilen zuwarf, ſich fuͤr ſeine Ver-
dienſte zur Poſaune der Fama gebrauchen
ließen: wenn ſie weiter nichts thun konnten,
ſo mußten ſie wenigſtens ſeinen Namen in
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/185>, abgerufen am 26.11.2024.
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