Kerle die Nägel an den Hauptbefestigungen von der Bude seines Feindes ausziehen, als- dann einen guten Stoß daran thun, und die Bude stürzte über dem Kopfe ihres Besitzers zusammen, quetschte ihn mit Lebensgefahr; die Menge lachte und gieng zu dem andern über. Kaum hatte er sich seiner gelungenen List zu erfreuen angefangen, als seine Bude in lichten Flammen stund: sein Nachbar hatte sie ihm angezündet, als er den Strom zu ihm kommen sah. So suchte einer dem andern durch List oder Gewalt den Beifall abzuja- gen; und der einfältige Pöbel ließ sich von einem zum andern herumschicken, bis sie ihm alle misfielen. Da der ganze Plaz leer, ei- ner beschunden, der andre versengt, fast keine Bude mehr unbeschädigt und alle gleich ver- achtet waren, so traten sie zusammen, kondo- lirten einander herzlich und giengen in Ge- sellschaft zum Weine. -- Einige Tage darauf fand ich meinen Mann wieder, den ich um die gegenwärtige Lage des theatralischen Streites befragte. -- Es ist vorbey, ant- wortete er: der Mann hat durch seine Freun- de bekannt machen lassen, daß er nicht Einen Vers von seiner Arbeit mehr auf das Thea-
ter
Kerle die Naͤgel an den Hauptbefeſtigungen von der Bude ſeines Feindes ausziehen, als- dann einen guten Stoß daran thun, und die Bude ſtuͤrzte uͤber dem Kopfe ihres Beſitzers zuſammen, quetſchte ihn mit Lebensgefahr; die Menge lachte und gieng zu dem andern uͤber. Kaum hatte er ſich ſeiner gelungenen Liſt zu erfreuen angefangen, als ſeine Bude in lichten Flammen ſtund: ſein Nachbar hatte ſie ihm angezuͤndet, als er den Strom zu ihm kommen ſah. So ſuchte einer dem andern durch Liſt oder Gewalt den Beifall abzuja- gen; und der einfaͤltige Poͤbel ließ ſich von einem zum andern herumſchicken, bis ſie ihm alle misfielen. Da der ganze Plaz leer, ei- ner beſchunden, der andre verſengt, faſt keine Bude mehr unbeſchaͤdigt und alle gleich ver- achtet waren, ſo traten ſie zuſammen, kondo- lirten einander herzlich und giengen in Ge- ſellſchaft zum Weine. — Einige Tage darauf fand ich meinen Mann wieder, den ich um die gegenwaͤrtige Lage des theatraliſchen Streites befragte. — Es iſt vorbey, ant- wortete er: der Mann hat durch ſeine Freun- de bekannt machen laſſen, daß er nicht Einen Vers von ſeiner Arbeit mehr auf das Thea-
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Kerle die Naͤgel an den Hauptbefeſtigungen
von der Bude ſeines Feindes ausziehen, als-
dann einen guten Stoß daran thun, und die
Bude ſtuͤrzte uͤber dem Kopfe ihres Beſitzers
zuſammen, quetſchte ihn mit Lebensgefahr;
die Menge lachte und gieng zu dem andern
uͤber. Kaum hatte er ſich ſeiner gelungenen
Liſt zu erfreuen angefangen, als ſeine Bude
in lichten Flammen ſtund: ſein Nachbar hatte
ſie ihm angezuͤndet, als er den Strom zu ihm
kommen ſah. So ſuchte einer dem andern
durch Liſt oder Gewalt den Beifall abzuja-
gen; und der einfaͤltige Poͤbel ließ ſich von
einem zum andern herumſchicken, bis ſie ihm
alle misfielen. Da der ganze Plaz leer, ei-
ner beſchunden, der andre verſengt, faſt keine
Bude mehr unbeſchaͤdigt und alle gleich ver-
achtet waren, ſo traten ſie zuſammen, kondo-
lirten einander herzlich und giengen in Ge-
ſellſchaft zum Weine. — Einige Tage darauf
fand ich meinen Mann wieder, den ich um
die gegenwaͤrtige Lage des theatraliſchen
Streites befragte. — Es iſt vorbey, ant-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/180>, abgerufen am 26.11.2024.
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