Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wetzel, Franz Xaver: Reisebegleiter für Jünglinge. Ravensburg, [1901].

Bild:
<< vorherige Seite
Drum übe Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab, Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab."

Wie schön und wahr sind die Worte des
Dichters! Wie mancher Jüngling mußte eine kleine
Unehrlichkeit oder Unredlichkeit schwer büßen: er
hat das Vertrauen seiner Vorgesetzten verloren;
er hat ein schlechtes oder gar kein Zeugnis erhalten;
er hat Ehre und guten Namen für immer verwirkt
und sein Glück verscherzt. Drum sei offen und
grad, ehrlich und rechtschaffen! Sage gleich auf-
richtig, was du nicht kannst; prahle nicht und über-
treibe nichts, sonst treffen dich nachher bittere Vor-
würfe. Lasse jeden Heller liegen, der nicht dir ge-
hört; eigne gar nichts dir an von fremdem Gute.
Es ist auch nicht recht, die kostbare Zeit zu ver-
tändeln, aus Mangel an Fleiß und Pünktlichkeit
den Meister in Schaden zu bringen.

"Besser ein wenig mit Gerechtigkeit als viel
mit Unrecht"
, sagt der hl. Geist. Unschuld und
Frömmigkeit, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit, -
das ist der wahre und größte Reichtum des Jüng-
lings. Dieser macht ihn angesehen bei Gott und
den Menschen.

Zu dem Kaufmann eines oberbayerischen
Dorfes kam im Dezember 1899 ein junger Mensch,
der Stellung in einem Geschäfte suchte. Er hatte
gute Zeugnisse. Aber der Kaufmann war schon

Drum übe Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab, Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab.“

Wie schön und wahr sind die Worte des
Dichters! Wie mancher Jüngling mußte eine kleine
Unehrlichkeit oder Unredlichkeit schwer büßen: er
hat das Vertrauen seiner Vorgesetzten verloren;
er hat ein schlechtes oder gar kein Zeugnis erhalten;
er hat Ehre und guten Namen für immer verwirkt
und sein Glück verscherzt. Drum sei offen und
grad, ehrlich und rechtschaffen! Sage gleich auf-
richtig, was du nicht kannst; prahle nicht und über-
treibe nichts, sonst treffen dich nachher bittere Vor-
würfe. Lasse jeden Heller liegen, der nicht dir ge-
hört; eigne gar nichts dir an von fremdem Gute.
Es ist auch nicht recht, die kostbare Zeit zu ver-
tändeln, aus Mangel an Fleiß und Pünktlichkeit
den Meister in Schaden zu bringen.

„Besser ein wenig mit Gerechtigkeit als viel
mit Unrecht“
, sagt der hl. Geist. Unschuld und
Frömmigkeit, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit, –
das ist der wahre und größte Reichtum des Jüng-
lings. Dieser macht ihn angesehen bei Gott und
den Menschen.

Zu dem Kaufmann eines oberbayerischen
Dorfes kam im Dezember 1899 ein junger Mensch,
der Stellung in einem Geschäfte suchte. Er hatte
gute Zeugnisse. Aber der Kaufmann war schon

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="8">
        <div n="3">
          <pb facs="#f0080" xml:id="W544R3_001_1901_pb0074_0001" n="74"/>
          <lg>
            <l rendition="#s">
              <q>Drum übe Treu und Redlichkeit</q>
            </l>
            <l rendition="#s">
              <q>Bis an dein kühles Grab,</q>
            </l>
            <l rendition="#s">
              <q>Und weiche keinen Finger breit</q>
            </l>
            <l rendition="#s">
              <q>Von Gottes Wegen ab.&#x201C;</q>
            </l>
          </lg>
          <p>Wie schön und wahr sind die Worte des<lb/>
Dichters! Wie mancher Jüngling mußte eine kleine<lb/>
Unehrlichkeit oder Unredlichkeit schwer büßen: er<lb/>
hat das Vertrauen seiner Vorgesetzten verloren;<lb/>
er hat ein schlechtes oder gar kein Zeugnis erhalten;<lb/>
er hat Ehre und guten Namen für immer verwirkt<lb/>
und sein Glück verscherzt. Drum sei offen und<lb/>
grad, ehrlich und rechtschaffen! Sage gleich auf-<lb/>
richtig, was du nicht kannst; prahle nicht und über-<lb/>
treibe nichts, sonst treffen dich nachher bittere Vor-<lb/>
würfe. Lasse jeden Heller liegen, der nicht dir ge-<lb/>
hört; eigne gar nichts dir an von fremdem Gute.<lb/>
Es ist auch nicht recht, die kostbare Zeit zu ver-<lb/>
tändeln, aus Mangel an Fleiß und Pünktlichkeit<lb/>
den Meister in Schaden zu bringen.</p>
          <p><q>&#x201E;Besser ein wenig mit Gerechtigkeit als viel<lb/>
mit Unrecht&#x201C;</q>, sagt der hl. Geist. Unschuld und<lb/>
Frömmigkeit, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit, &#x2013;<lb/>
das ist der wahre und größte Reichtum des Jüng-<lb/>
lings. Dieser macht ihn angesehen bei Gott und<lb/>
den Menschen.</p>
          <p>Zu dem Kaufmann eines oberbayerischen<lb/>
Dorfes kam im Dezember 1899 ein junger Mensch,<lb/>
der Stellung in einem Geschäfte suchte. Er hatte<lb/>
gute Zeugnisse. Aber der Kaufmann war schon<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0080] Drum übe Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab, Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab.“ Wie schön und wahr sind die Worte des Dichters! Wie mancher Jüngling mußte eine kleine Unehrlichkeit oder Unredlichkeit schwer büßen: er hat das Vertrauen seiner Vorgesetzten verloren; er hat ein schlechtes oder gar kein Zeugnis erhalten; er hat Ehre und guten Namen für immer verwirkt und sein Glück verscherzt. Drum sei offen und grad, ehrlich und rechtschaffen! Sage gleich auf- richtig, was du nicht kannst; prahle nicht und über- treibe nichts, sonst treffen dich nachher bittere Vor- würfe. Lasse jeden Heller liegen, der nicht dir ge- hört; eigne gar nichts dir an von fremdem Gute. Es ist auch nicht recht, die kostbare Zeit zu ver- tändeln, aus Mangel an Fleiß und Pünktlichkeit den Meister in Schaden zu bringen. „Besser ein wenig mit Gerechtigkeit als viel mit Unrecht“, sagt der hl. Geist. Unschuld und Frömmigkeit, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit, – das ist der wahre und größte Reichtum des Jüng- lings. Dieser macht ihn angesehen bei Gott und den Menschen. Zu dem Kaufmann eines oberbayerischen Dorfes kam im Dezember 1899 ein junger Mensch, der Stellung in einem Geschäfte suchte. Er hatte gute Zeugnisse. Aber der Kaufmann war schon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901/80
Zitationshilfe: Wetzel, Franz Xaver: Reisebegleiter für Jünglinge. Ravensburg, [1901], S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901/80>, abgerufen am 21.11.2024.