Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wetzel, Franz Xaver: Reisebegleiter für Jünglinge. Ravensburg, [1901].

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeit. Das Durchschnittsresultat aber besteht
darin, daß von zehn - neun Auswanderer es zu
gar nichts bringen, unter Not und Sorgen leben,
ja sogar später der Heimatgemeinde zur Last fallen.
Zudem sind die Gefahren für Gesundheit, für
Glauben und Tugend in der Stadt weit größer
als auf dem Lande. Der junge Mensch leidet oft
entsetzlichen Schaden und geht an Leib und Seele
zu Grunde. Tüchtige Leute können auch auf dem
Lande vorwärts kommen, sie bringen es zu Amt
und Ehren, sind überall gesucht und begehrt.
Es giebt prächtige Dörfer und große Gemeinden,
die einer gedeihlichen Entwicklung sich erfreuen; sie
ersetzen sogar für solche, die es verlangen, wenig-
stens einen Teil des Stadtlebens.

II.

Auch zum Handwerke wollen viele junge
Leute nicht gehen. Entweder halten sie sich zu
vornehm dafür, oder sie glauben, was jener sozial-
demokratische Abgeordnete im deutschen Reichstage
gesagt: "Mit der Erfindung der ersten Maschine
wurde das Grab für das Handwerk gegraben."

Das ist aber eine ganz falsche Ansicht, die man
nicht genug bekämpfen kann. Das Handwerk kann
heute und wird auch in Zukunft in den meisten
Zweigen seinen Mann ehrlich ernähren, voraus-
gesetzt, daß die Handwerker die veränderte Lage
des Handwerksstandes klar erkennen und mit be-
sonnener Klugheit und großer Ausdauer den

Arbeit. Das Durchschnittsresultat aber besteht
darin, daß von zehn – neun Auswanderer es zu
gar nichts bringen, unter Not und Sorgen leben,
ja sogar später der Heimatgemeinde zur Last fallen.
Zudem sind die Gefahren für Gesundheit, für
Glauben und Tugend in der Stadt weit größer
als auf dem Lande. Der junge Mensch leidet oft
entsetzlichen Schaden und geht an Leib und Seele
zu Grunde. Tüchtige Leute können auch auf dem
Lande vorwärts kommen, sie bringen es zu Amt
und Ehren, sind überall gesucht und begehrt.
Es giebt prächtige Dörfer und große Gemeinden,
die einer gedeihlichen Entwicklung sich erfreuen; sie
ersetzen sogar für solche, die es verlangen, wenig-
stens einen Teil des Stadtlebens.

II.

Auch zum Handwerke wollen viele junge
Leute nicht gehen. Entweder halten sie sich zu
vornehm dafür, oder sie glauben, was jener sozial-
demokratische Abgeordnete im deutschen Reichstage
gesagt: „Mit der Erfindung der ersten Maschine
wurde das Grab für das Handwerk gegraben.“

Das ist aber eine ganz falsche Ansicht, die man
nicht genug bekämpfen kann. Das Handwerk kann
heute und wird auch in Zukunft in den meisten
Zweigen seinen Mann ehrlich ernähren, voraus-
gesetzt, daß die Handwerker die veränderte Lage
des Handwerksstandes klar erkennen und mit be-
sonnener Klugheit und großer Ausdauer den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="5">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0047" xml:id="W544R3_001_1901_pb0041_0001" n="41"/>
Arbeit. Das Durchschnittsresultat aber besteht<lb/>
darin, daß von zehn &#x2013; neun Auswanderer es zu<lb/>
gar nichts bringen, unter Not und Sorgen leben,<lb/>
ja sogar später der Heimatgemeinde zur Last fallen.<lb/>
Zudem sind die Gefahren für Gesundheit, für<lb/>
Glauben und Tugend in der Stadt weit größer<lb/>
als auf dem Lande. Der junge Mensch leidet oft<lb/>
entsetzlichen Schaden und geht an Leib und Seele<lb/>
zu Grunde. Tüchtige Leute können auch auf dem<lb/>
Lande vorwärts kommen, sie bringen es zu Amt<lb/>
und Ehren, sind überall gesucht und begehrt.<lb/>
Es giebt prächtige Dörfer und große Gemeinden,<lb/>
die einer gedeihlichen Entwicklung sich erfreuen; sie<lb/>
ersetzen sogar für solche, die es verlangen, wenig-<lb/>
stens einen Teil des Stadtlebens.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">II.</head><lb/>
          <p>Auch zum <hi rendition="#g">Handwerke</hi> wollen viele junge<lb/>
Leute nicht gehen. Entweder halten sie sich zu<lb/>
vornehm dafür, oder sie glauben, was jener sozial-<lb/>
demokratische Abgeordnete im deutschen Reichstage<lb/>
gesagt: <q>&#x201E;Mit der Erfindung der ersten Maschine<lb/>
wurde das Grab für das Handwerk gegraben.&#x201C;</q><lb/>
Das ist aber eine ganz falsche Ansicht, die man<lb/>
nicht genug bekämpfen kann. Das Handwerk kann<lb/>
heute und wird auch in Zukunft in den meisten<lb/>
Zweigen seinen Mann ehrlich ernähren, voraus-<lb/>
gesetzt, daß die Handwerker die veränderte Lage<lb/>
des Handwerksstandes klar erkennen und mit be-<lb/>
sonnener Klugheit und großer Ausdauer den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0047] Arbeit. Das Durchschnittsresultat aber besteht darin, daß von zehn – neun Auswanderer es zu gar nichts bringen, unter Not und Sorgen leben, ja sogar später der Heimatgemeinde zur Last fallen. Zudem sind die Gefahren für Gesundheit, für Glauben und Tugend in der Stadt weit größer als auf dem Lande. Der junge Mensch leidet oft entsetzlichen Schaden und geht an Leib und Seele zu Grunde. Tüchtige Leute können auch auf dem Lande vorwärts kommen, sie bringen es zu Amt und Ehren, sind überall gesucht und begehrt. Es giebt prächtige Dörfer und große Gemeinden, die einer gedeihlichen Entwicklung sich erfreuen; sie ersetzen sogar für solche, die es verlangen, wenig- stens einen Teil des Stadtlebens. II. Auch zum Handwerke wollen viele junge Leute nicht gehen. Entweder halten sie sich zu vornehm dafür, oder sie glauben, was jener sozial- demokratische Abgeordnete im deutschen Reichstage gesagt: „Mit der Erfindung der ersten Maschine wurde das Grab für das Handwerk gegraben.“ Das ist aber eine ganz falsche Ansicht, die man nicht genug bekämpfen kann. Das Handwerk kann heute und wird auch in Zukunft in den meisten Zweigen seinen Mann ehrlich ernähren, voraus- gesetzt, daß die Handwerker die veränderte Lage des Handwerksstandes klar erkennen und mit be- sonnener Klugheit und großer Ausdauer den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901/47
Zitationshilfe: Wetzel, Franz Xaver: Reisebegleiter für Jünglinge. Ravensburg, [1901], S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wetzel_reisebegleiter_1901/47>, abgerufen am 23.11.2024.