Wetzel, Franz Xaver: Reisebegleiter für Jünglinge. Ravensburg, [1901].O Thorheit, die der Fromme träumt,
Sich binden an der Eltern Gebot!
Wer ihnen zu lieb die Jugend versäumt,
Der ist lebendig und dennoch tot.
Ei was, gehorsam sein und unterthan?
Mit lust'gen Gesellen ein lust'ger Kumpan!
Ist niemand, der dich hindert und hält?
Du hassest der Eltern treue Hut,
Und stürmest hinaus in die weite Welt,
Und prahlest gar sehr mit Kraft und Mut,
Du willst nicht Zügel, nicht Zaum und Zucht:
So säe denn und - ernte die Frucht!
Verflucht, wer Vater und Mutter nicht ehrt,
Dem Priester versaget die Pflicht;
Das hohe Beispiel, das Jesus uns lehrt,
Es wird dir zum Schreckensgericht.
Der Christ kennt keine andere Bahn,
Als Jesus ihn lehrte: Unterthan!
Vor zwei Tagen war ein Jüngling bei mir. O Thorheit, die der Fromme träumt,
Sich binden an der Eltern Gebot!
Wer ihnen zu lieb die Jugend versäumt,
Der ist lebendig und dennoch tot.
Ei was, gehorsam sein und unterthan?
Mit lust'gen Gesellen ein lust'ger Kumpan!
Ist niemand, der dich hindert und hält?
Du hassest der Eltern treue Hut,
Und stürmest hinaus in die weite Welt,
Und prahlest gar sehr mit Kraft und Mut,
Du willst nicht Zügel, nicht Zaum und Zucht:
So säe denn und – ernte die Frucht!
Verflucht, wer Vater und Mutter nicht ehrt,
Dem Priester versaget die Pflicht;
Das hohe Beispiel, das Jesus uns lehrt,
Es wird dir zum Schreckensgericht.
Der Christ kennt keine andere Bahn,
Als Jesus ihn lehrte: Unterthan!
Vor zwei Tagen war ein Jüngling bei mir. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0016" xml:id="W544R3_001_1901_pb0010_0001" n="10"/> <lg> <l rendition="#s">O Thorheit, die der Fromme träumt,</l> <l rendition="#s">Sich binden an der Eltern Gebot!</l> <l rendition="#s">Wer ihnen zu lieb die Jugend versäumt,</l> <l rendition="#s">Der ist lebendig und dennoch tot.</l> <l rendition="#s">Ei was, gehorsam sein und unterthan?</l> <l rendition="#s">Mit lust'gen Gesellen ein lust'ger Kumpan!</l> </lg> <lg> <l rendition="#s">Ist niemand, der dich hindert und hält?</l> <l rendition="#s">Du hassest der Eltern treue Hut,</l> <l rendition="#s">Und stürmest hinaus in die weite Welt,</l> <l rendition="#s">Und prahlest gar sehr mit Kraft und Mut,</l> <l rendition="#s">Du willst nicht Zügel, nicht Zaum und Zucht:</l> <l rendition="#s">So säe denn und – <hi rendition="#g">ernte die Frucht</hi>!</l> </lg> <lg> <l rendition="#s">Verflucht, wer Vater und Mutter nicht ehrt,</l> <l rendition="#s">Dem Priester versaget die Pflicht;</l> <l rendition="#s">Das hohe Beispiel, das Jesus uns lehrt,</l> <l rendition="#s">Es wird dir zum Schreckensgericht.</l> <l rendition="#s">Der Christ kennt keine andere Bahn,</l> <l rendition="#s">Als Jesus ihn lehrte: <hi rendition="#g">Unterthan</hi>!</l> </lg> <p>Vor zwei Tagen war ein Jüngling bei mir.<lb/> Er hatte in einer Buchdruckerei das Schriftsetzen<lb/> erlernt und war dann schon mit 17½ Jahren in<lb/> die Fremde gezogen. Es ging ihm über alle Maßen<lb/> schlecht. Er fand oft wochenlang keine Arbeit und<lb/> mußte Hunger leiden. Weil er gar so jugendlich<lb/> aussah, traute man ihm wenig Kenntnisse zu und<lb/> weigerte sich, ihn einzustellen. Von den Mitarbeitern<lb/> mußte er sich <q>„Milchgesicht“</q> schelten lassen, Zurück-<lb/> setzung und rohe Behandlung ertragen. Oft war<lb/> er daran, sein Bündel zu schnüren und als reuiger<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0016]
O Thorheit, die der Fromme träumt, Sich binden an der Eltern Gebot! Wer ihnen zu lieb die Jugend versäumt, Der ist lebendig und dennoch tot. Ei was, gehorsam sein und unterthan? Mit lust'gen Gesellen ein lust'ger Kumpan!
Ist niemand, der dich hindert und hält? Du hassest der Eltern treue Hut, Und stürmest hinaus in die weite Welt, Und prahlest gar sehr mit Kraft und Mut, Du willst nicht Zügel, nicht Zaum und Zucht: So säe denn und – ernte die Frucht!
Verflucht, wer Vater und Mutter nicht ehrt, Dem Priester versaget die Pflicht; Das hohe Beispiel, das Jesus uns lehrt, Es wird dir zum Schreckensgericht. Der Christ kennt keine andere Bahn, Als Jesus ihn lehrte: Unterthan!
Vor zwei Tagen war ein Jüngling bei mir.
Er hatte in einer Buchdruckerei das Schriftsetzen
erlernt und war dann schon mit 17½ Jahren in
die Fremde gezogen. Es ging ihm über alle Maßen
schlecht. Er fand oft wochenlang keine Arbeit und
mußte Hunger leiden. Weil er gar so jugendlich
aussah, traute man ihm wenig Kenntnisse zu und
weigerte sich, ihn einzustellen. Von den Mitarbeitern
mußte er sich „Milchgesicht“ schelten lassen, Zurück-
setzung und rohe Behandlung ertragen. Oft war
er daran, sein Bündel zu schnüren und als reuiger
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