Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach Westindien und dem Mittelmeer
Heimath geflüchtet. In Cartagena fehlte es sowol an Lebens-
mitteln wie an Geld, in Valencia wie in Cadix waren die
Communisten geschlagen und vertrieben, und so hatte die rothe
Republik keine Zukunft mehr. Kurze Zeit darauf, als auch
Cartagena von den Truppen der Centralregierung angegriffen
wurde und bald darauf fiel, floh Contreras auf dem Panzer-
schiffe "Tetuan" nach Oran, indem er das Cartagena blocki-
rende republikanische Geschwader durchbrach. Seitdem ist er
verschollen.

Zur Characteristik der Leiter der sogenannten föderalisti-
schen Bewegung, die jedoch in der Nähe gesehen eine starke
communistische Prägung hatte, sei noch Folgendes erwähnt.
Contreras, unter Isabella Feldmarschall, war ein eidbrüchiger
General, der sowol seiner legitimen Königin als auch später dem
König Amadeus die Treue brach und dem deshalb zweimal
Stellung, Rang, Orden und Ehrenzeichen aberkannt wurden.
Mir gegenüber brach er sein Ehrenwort und ließ als einzige
Entschuldigung vorbringen, er habe es vergessen. Der soge-
nannte Minister des Innern des Cantons Murcia, Sauvalle,
mit dem wir öfter zu thun hatten, war seines Zeichens ein
Commis und, wie wir später in Malaga hörten, dort vor
wenigen Monaten von seinem Principal wegen Veruntreuungen
entlassen worden. Der Präsident des Wohlfahrtsausschusses in
Cartagena, Gutierrez, war ein früherer Sclavenhändler, die
wortführenden Rathgeber bestanden zum großen Theil aus
flüchtigen französischen Communards. Was also Spanien für
ein Loos gehabt hätte, wenn solche sittlich verkommene Menschen
zur Herrschaft gelangt wären, mag sich Jeder selbst sagen, und
im Interesse der Humanität und der Civilisation kann man
sich nur darüber freuen, daß jene Bewegung verhältnißmäßig
bald unterdrückt wurde, ehe sie größeres Unheil anrichtete. In-
dem der "Friedrich Karl" seine Aufgabe erfüllte, die gefährde-

Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
Heimath geflüchtet. In Cartagena fehlte es ſowol an Lebens-
mitteln wie an Geld, in Valencia wie in Cadix waren die
Communiſten geſchlagen und vertrieben, und ſo hatte die rothe
Republik keine Zukunft mehr. Kurze Zeit darauf, als auch
Cartagena von den Truppen der Centralregierung angegriffen
wurde und bald darauf fiel, floh Contreras auf dem Panzer-
ſchiffe „Tetuan“ nach Oran, indem er das Cartagena blocki-
rende republikaniſche Geſchwader durchbrach. Seitdem iſt er
verſchollen.

Zur Characteriſtik der Leiter der ſogenannten föderaliſti-
ſchen Bewegung, die jedoch in der Nähe geſehen eine ſtarke
communiſtiſche Prägung hatte, ſei noch Folgendes erwähnt.
Contreras, unter Iſabella Feldmarſchall, war ein eidbrüchiger
General, der ſowol ſeiner legitimen Königin als auch ſpäter dem
König Amadeus die Treue brach und dem deshalb zweimal
Stellung, Rang, Orden und Ehrenzeichen aberkannt wurden.
Mir gegenüber brach er ſein Ehrenwort und ließ als einzige
Entſchuldigung vorbringen, er habe es vergeſſen. Der ſoge-
nannte Miniſter des Innern des Cantons Murcia, Sauvalle,
mit dem wir öfter zu thun hatten, war ſeines Zeichens ein
Commis und, wie wir ſpäter in Malaga hörten, dort vor
wenigen Monaten von ſeinem Principal wegen Veruntreuungen
entlaſſen worden. Der Präſident des Wohlfahrtsausſchuſſes in
Cartagena, Gutierrez, war ein früherer Sclavenhändler, die
wortführenden Rathgeber beſtanden zum großen Theil aus
flüchtigen franzöſiſchen Communards. Was alſo Spanien für
ein Loos gehabt hätte, wenn ſolche ſittlich verkommene Menſchen
zur Herrſchaft gelangt wären, mag ſich Jeder ſelbſt ſagen, und
im Intereſſe der Humanität und der Civiliſation kann man
ſich nur darüber freuen, daß jene Bewegung verhältnißmäßig
bald unterdrückt wurde, ehe ſie größeres Unheil anrichtete. In-
dem der „Friedrich Karl“ ſeine Aufgabe erfüllte, die gefährde-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0423" n="411"/><fw place="top" type="header">Nach We&#x017F;tindien und dem Mittelmeer</fw><lb/>
Heimath geflüchtet. In Cartagena fehlte es &#x017F;owol an Lebens-<lb/>
mitteln wie an Geld, in Valencia wie in Cadix waren die<lb/>
Communi&#x017F;ten ge&#x017F;chlagen und vertrieben, und &#x017F;o hatte die rothe<lb/>
Republik keine Zukunft mehr. Kurze Zeit darauf, als auch<lb/>
Cartagena von den Truppen der Centralregierung angegriffen<lb/>
wurde und bald darauf fiel, floh Contreras auf dem Panzer-<lb/>
&#x017F;chiffe &#x201E;Tetuan&#x201C; nach Oran, indem er das Cartagena blocki-<lb/>
rende republikani&#x017F;che Ge&#x017F;chwader durchbrach. Seitdem i&#x017F;t er<lb/>
ver&#x017F;chollen.</p><lb/>
        <p>Zur Characteri&#x017F;tik der Leiter der &#x017F;ogenannten föderali&#x017F;ti-<lb/>
&#x017F;chen Bewegung, die jedoch in der Nähe ge&#x017F;ehen eine &#x017F;tarke<lb/>
communi&#x017F;ti&#x017F;che Prägung hatte, &#x017F;ei noch Folgendes erwähnt.<lb/>
Contreras, unter I&#x017F;abella Feldmar&#x017F;chall, war ein eidbrüchiger<lb/>
General, der &#x017F;owol &#x017F;einer legitimen Königin als auch &#x017F;päter dem<lb/>
König Amadeus die Treue brach und dem deshalb zweimal<lb/>
Stellung, Rang, Orden und Ehrenzeichen aberkannt wurden.<lb/>
Mir gegenüber brach er &#x017F;ein Ehrenwort und ließ als einzige<lb/>
Ent&#x017F;chuldigung vorbringen, er habe es verge&#x017F;&#x017F;en. Der &#x017F;oge-<lb/>
nannte Mini&#x017F;ter des Innern des Cantons Murcia, Sauvalle,<lb/>
mit dem wir öfter zu thun hatten, war &#x017F;eines Zeichens ein<lb/>
Commis und, wie wir &#x017F;päter in Malaga hörten, dort vor<lb/>
wenigen Monaten von &#x017F;einem Principal wegen Veruntreuungen<lb/>
entla&#x017F;&#x017F;en worden. Der Prä&#x017F;ident des Wohlfahrtsaus&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es in<lb/>
Cartagena, Gutierrez, war ein früherer Sclavenhändler, die<lb/>
wortführenden Rathgeber be&#x017F;tanden zum großen Theil aus<lb/>
flüchtigen franzö&#x017F;i&#x017F;chen Communards. Was al&#x017F;o Spanien für<lb/>
ein Loos gehabt hätte, wenn &#x017F;olche &#x017F;ittlich verkommene Men&#x017F;chen<lb/>
zur Herr&#x017F;chaft gelangt wären, mag &#x017F;ich Jeder &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;agen, und<lb/>
im Intere&#x017F;&#x017F;e der Humanität und der Civili&#x017F;ation kann man<lb/>
&#x017F;ich nur darüber freuen, daß jene Bewegung verhältnißmäßig<lb/>
bald unterdrückt wurde, ehe &#x017F;ie größeres Unheil anrichtete. In-<lb/>
dem der &#x201E;Friedrich Karl&#x201C; &#x017F;eine Aufgabe erfüllte, die gefährde-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0423] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer Heimath geflüchtet. In Cartagena fehlte es ſowol an Lebens- mitteln wie an Geld, in Valencia wie in Cadix waren die Communiſten geſchlagen und vertrieben, und ſo hatte die rothe Republik keine Zukunft mehr. Kurze Zeit darauf, als auch Cartagena von den Truppen der Centralregierung angegriffen wurde und bald darauf fiel, floh Contreras auf dem Panzer- ſchiffe „Tetuan“ nach Oran, indem er das Cartagena blocki- rende republikaniſche Geſchwader durchbrach. Seitdem iſt er verſchollen. Zur Characteriſtik der Leiter der ſogenannten föderaliſti- ſchen Bewegung, die jedoch in der Nähe geſehen eine ſtarke communiſtiſche Prägung hatte, ſei noch Folgendes erwähnt. Contreras, unter Iſabella Feldmarſchall, war ein eidbrüchiger General, der ſowol ſeiner legitimen Königin als auch ſpäter dem König Amadeus die Treue brach und dem deshalb zweimal Stellung, Rang, Orden und Ehrenzeichen aberkannt wurden. Mir gegenüber brach er ſein Ehrenwort und ließ als einzige Entſchuldigung vorbringen, er habe es vergeſſen. Der ſoge- nannte Miniſter des Innern des Cantons Murcia, Sauvalle, mit dem wir öfter zu thun hatten, war ſeines Zeichens ein Commis und, wie wir ſpäter in Malaga hörten, dort vor wenigen Monaten von ſeinem Principal wegen Veruntreuungen entlaſſen worden. Der Präſident des Wohlfahrtsausſchuſſes in Cartagena, Gutierrez, war ein früherer Sclavenhändler, die wortführenden Rathgeber beſtanden zum großen Theil aus flüchtigen franzöſiſchen Communards. Was alſo Spanien für ein Loos gehabt hätte, wenn ſolche ſittlich verkommene Menſchen zur Herrſchaft gelangt wären, mag ſich Jeder ſelbſt ſagen, und im Intereſſe der Humanität und der Civiliſation kann man ſich nur darüber freuen, daß jene Bewegung verhältnißmäßig bald unterdrückt wurde, ehe ſie größeres Unheil anrichtete. In- dem der „Friedrich Karl“ ſeine Aufgabe erfüllte, die gefährde-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/423
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/423>, abgerufen am 24.11.2024.