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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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uns gleichzeitig zu überzeugen, welchen Respect sie vor uns
habe, dippte sie vor jedem unserer Schiffe wieder dreimal die
Flagge, wie beim Auslaufen aus Cartagena, als ich die Linie
durchbrach. Obwol dann beide Schiffe auf meinen Befehl mit
Curs auf Cartagena Kehrt gemacht und, von "Friedrich Karl"
und "Swiftsure" escortirt, ruhig den vorgeschriebenen Weg
dampften, kam Contreras nicht zurück. Ich wartete bis Mittag
und sprach dann gegen den Deputirten Torre mein Erstaunen
über eine solche Auffassung des Ehrenwortes seitens eines
Generals und Staatsoberhauptes aus. Torre suchte ihn auf
jede Weise zu vertheidigen, versicherte, daß er bestimmt kommen
würde und nur ein Mißverständniß vorliegen könne. Als der
General aber um zwei Uhr noch nicht zurückgekehrt war, schickte
ich ein Boot und ließ ihm durch einen seiner Adjutanten den
Befehl überbringen, sich sofort auf den "Friedrich Karl" zurück-
zubegeben. Diesem Befehle gehorchte er auch, aber ohne sich mit
einem Worte zu entschuldigen; sein erster Adjutant meinte,
der General habe in der Zerstreuung das Ehrenwort vergessen.
Dies zur Characteristik eines Mannes, der sich den Repräsen-
tanten Spaniens nannte.

Wie richtig wir darin gehandelt hatten, die beiden Schiffe
aufzubringen, ging aus einer unbewachten Aeußerung des Depu-
tirten hervor. Er war sehr lebhafter Natur und im Gespräche
mit einem unserer Officiere entfuhr ihm der Ausruf: "Wehe
Malaga, wenn wir dorthin gekommen wären!"

Andererseits war es wieder komisch, seine Aufregung zu
sehen, als die Rede darauf kam, daß beim Erscheinen eines Kriegs-
schiffes der Centralregierung "Victoria" und "Almansa" aus-
geliefert werden würden. In größter Angst stürzte er auf mich
zu und beschwor mich, ihn nicht an die Centralregierung aus-
zuliefern, er stelle sich unter deutschen Schutz. Er war so exal-
tirt, daß ich ihn kaum mit der Zusicherung zu beruhigen ver-

Werner
uns gleichzeitig zu überzeugen, welchen Reſpect ſie vor uns
habe, dippte ſie vor jedem unſerer Schiffe wieder dreimal die
Flagge, wie beim Auslaufen aus Cartagena, als ich die Linie
durchbrach. Obwol dann beide Schiffe auf meinen Befehl mit
Curs auf Cartagena Kehrt gemacht und, von „Friedrich Karl“
und „Swiftſure“ escortirt, ruhig den vorgeſchriebenen Weg
dampften, kam Contreras nicht zurück. Ich wartete bis Mittag
und ſprach dann gegen den Deputirten Torre mein Erſtaunen
über eine ſolche Auffaſſung des Ehrenwortes ſeitens eines
Generals und Staatsoberhauptes aus. Torre ſuchte ihn auf
jede Weiſe zu vertheidigen, verſicherte, daß er beſtimmt kommen
würde und nur ein Mißverſtändniß vorliegen könne. Als der
General aber um zwei Uhr noch nicht zurückgekehrt war, ſchickte
ich ein Boot und ließ ihm durch einen ſeiner Adjutanten den
Befehl überbringen, ſich ſofort auf den „Friedrich Karl“ zurück-
zubegeben. Dieſem Befehle gehorchte er auch, aber ohne ſich mit
einem Worte zu entſchuldigen; ſein erſter Adjutant meinte,
der General habe in der Zerſtreuung das Ehrenwort vergeſſen.
Dies zur Characteriſtik eines Mannes, der ſich den Repräſen-
tanten Spaniens nannte.

Wie richtig wir darin gehandelt hatten, die beiden Schiffe
aufzubringen, ging aus einer unbewachten Aeußerung des Depu-
tirten hervor. Er war ſehr lebhafter Natur und im Geſpräche
mit einem unſerer Officiere entfuhr ihm der Ausruf: „Wehe
Malaga, wenn wir dorthin gekommen wären!“

Andererſeits war es wieder komiſch, ſeine Aufregung zu
ſehen, als die Rede darauf kam, daß beim Erſcheinen eines Kriegs-
ſchiffes der Centralregierung „Victoria“ und „Almanſa“ aus-
geliefert werden würden. In größter Angſt ſtürzte er auf mich
zu und beſchwor mich, ihn nicht an die Centralregierung aus-
zuliefern, er ſtelle ſich unter deutſchen Schutz. Er war ſo exal-
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[402/0414] Werner uns gleichzeitig zu überzeugen, welchen Reſpect ſie vor uns habe, dippte ſie vor jedem unſerer Schiffe wieder dreimal die Flagge, wie beim Auslaufen aus Cartagena, als ich die Linie durchbrach. Obwol dann beide Schiffe auf meinen Befehl mit Curs auf Cartagena Kehrt gemacht und, von „Friedrich Karl“ und „Swiftſure“ escortirt, ruhig den vorgeſchriebenen Weg dampften, kam Contreras nicht zurück. Ich wartete bis Mittag und ſprach dann gegen den Deputirten Torre mein Erſtaunen über eine ſolche Auffaſſung des Ehrenwortes ſeitens eines Generals und Staatsoberhauptes aus. Torre ſuchte ihn auf jede Weiſe zu vertheidigen, verſicherte, daß er beſtimmt kommen würde und nur ein Mißverſtändniß vorliegen könne. Als der General aber um zwei Uhr noch nicht zurückgekehrt war, ſchickte ich ein Boot und ließ ihm durch einen ſeiner Adjutanten den Befehl überbringen, ſich ſofort auf den „Friedrich Karl“ zurück- zubegeben. Dieſem Befehle gehorchte er auch, aber ohne ſich mit einem Worte zu entſchuldigen; ſein erſter Adjutant meinte, der General habe in der Zerſtreuung das Ehrenwort vergeſſen. Dies zur Characteriſtik eines Mannes, der ſich den Repräſen- tanten Spaniens nannte. Wie richtig wir darin gehandelt hatten, die beiden Schiffe aufzubringen, ging aus einer unbewachten Aeußerung des Depu- tirten hervor. Er war ſehr lebhafter Natur und im Geſpräche mit einem unſerer Officiere entfuhr ihm der Ausruf: „Wehe Malaga, wenn wir dorthin gekommen wären!“ Andererſeits war es wieder komiſch, ſeine Aufregung zu ſehen, als die Rede darauf kam, daß beim Erſcheinen eines Kriegs- ſchiffes der Centralregierung „Victoria“ und „Almanſa“ aus- geliefert werden würden. In größter Angſt ſtürzte er auf mich zu und beſchwor mich, ihn nicht an die Centralregierung aus- zuliefern, er ſtelle ſich unter deutſchen Schutz. Er war ſo exal- tirt, daß ich ihn kaum mit der Zuſicherung zu beruhigen ver-

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/414>, abgerufen am 22.11.2024.