geschaffen war, sich abermals eine englische Gesellschaft zur Be- arbeitung der Kupferminen bildete, und unter den günstigeren Umständen ist seit einigen Jahren die Bahn fertig geworden und das Bergwerk in blühendem Betriebe.
Auch die Gold- und Silberminen, nach denen seit der Entdeckung Venezuela's so viele Abenteurer suchten und denen die Statthalter der Welser den Besitz des Landes opferten, sind kürzlich am Orinoko aufgefunden worden und haben sich in einer Weise ergiebig gezeigt, die selbst wol die kühnsten Hoffnungen der Unternehmer übertroffen hat. Im letzten Jahre sind den Actionären einer Mine auf jede Actie von 1000 $ nicht weniger als 16,000 $ Dividende gezahlt worden. Hier ist also der Speculation noch ein weites Feld geöffnet und es ist zu hoffen, daß auch deutsches Capital sich jetzt daran betheiligen wird, da durch Guzman eine Garantie friedlicher Zustände geboten ist.
Wir blieben fast vierzehn Tage in dem schönen Puerto Cabello, wo wir auch den Weihnachtsabend feierten und wo die deutsche Colonie alles aufbot, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen; dann gingen wir nach der nahe gelegenen Insel Curacao, um unsere Kohlenvorräthe zu ergänzen. Unsere Reise dahin dauerte 24 Stunden und wir verweilten dort auch nur wenige Tage. Bekanntlich gehört Curacao den Holländern, aber es machte auf uns den Eindruck, als wären sie es gern los, da die Insel nichts einbringt, vielmehr einen jährlichen Zuschuß von 300,000 Mark erfordert. Curacao ist felsig und mit einer so geringen Humusschicht bedeckt, daß nur sehr wenig Bäume fortkommen und die Ernten den Bedarf kaum decken. Da es keine Flüsse und nur sehr wenig Quellen giebt, so sind die 20,000 Bewohner der Insel auf das in der Regenzeit in Cisternen angesammelte Wasser angewiesen. Von jenen Ein- wohnern sind fast nur die Beamten und das Militär Holländer; ein Viertel der Zahl bilden aus Portugal eingewanderte Juden, die zur Zeit der Inquisition hier Schutz fanden; der Rest
Werner
geſchaffen war, ſich abermals eine engliſche Geſellſchaft zur Be- arbeitung der Kupferminen bildete, und unter den günſtigeren Umſtänden iſt ſeit einigen Jahren die Bahn fertig geworden und das Bergwerk in blühendem Betriebe.
Auch die Gold- und Silberminen, nach denen ſeit der Entdeckung Venezuela’s ſo viele Abenteurer ſuchten und denen die Statthalter der Welſer den Beſitz des Landes opferten, ſind kürzlich am Orinoko aufgefunden worden und haben ſich in einer Weiſe ergiebig gezeigt, die ſelbſt wol die kühnſten Hoffnungen der Unternehmer übertroffen hat. Im letzten Jahre ſind den Actionären einer Mine auf jede Actie von 1000 $ nicht weniger als 16,000 $ Dividende gezahlt worden. Hier iſt alſo der Speculation noch ein weites Feld geöffnet und es iſt zu hoffen, daß auch deutſches Capital ſich jetzt daran betheiligen wird, da durch Guzman eine Garantie friedlicher Zuſtände geboten iſt.
Wir blieben faſt vierzehn Tage in dem ſchönen Puerto Cabello, wo wir auch den Weihnachtsabend feierten und wo die deutſche Colonie alles aufbot, uns den Aufenthalt ſo angenehm wie möglich zu machen; dann gingen wir nach der nahe gelegenen Inſel Curaçao, um unſere Kohlenvorräthe zu ergänzen. Unſere Reiſe dahin dauerte 24 Stunden und wir verweilten dort auch nur wenige Tage. Bekanntlich gehört Curaçao den Holländern, aber es machte auf uns den Eindruck, als wären ſie es gern los, da die Inſel nichts einbringt, vielmehr einen jährlichen Zuſchuß von 300,000 Mark erfordert. Curaçao iſt felſig und mit einer ſo geringen Humusſchicht bedeckt, daß nur ſehr wenig Bäume fortkommen und die Ernten den Bedarf kaum decken. Da es keine Flüſſe und nur ſehr wenig Quellen giebt, ſo ſind die 20,000 Bewohner der Inſel auf das in der Regenzeit in Ciſternen angeſammelte Waſſer angewieſen. Von jenen Ein- wohnern ſind faſt nur die Beamten und das Militär Holländer; ein Viertel der Zahl bilden aus Portugal eingewanderte Juden, die zur Zeit der Inquiſition hier Schutz fanden; der Reſt
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Werner
geſchaffen war, ſich abermals eine engliſche Geſellſchaft zur Be-
arbeitung der Kupferminen bildete, und unter den günſtigeren
Umſtänden iſt ſeit einigen Jahren die Bahn fertig geworden
und das Bergwerk in blühendem Betriebe.
Auch die Gold- und Silberminen, nach denen ſeit der
Entdeckung Venezuela’s ſo viele Abenteurer ſuchten und denen
die Statthalter der Welſer den Beſitz des Landes opferten, ſind
kürzlich am Orinoko aufgefunden worden und haben ſich in einer
Weiſe ergiebig gezeigt, die ſelbſt wol die kühnſten Hoffnungen
der Unternehmer übertroffen hat. Im letzten Jahre ſind den
Actionären einer Mine auf jede Actie von 1000 $ nicht weniger
als 16,000 $ Dividende gezahlt worden. Hier iſt alſo der
Speculation noch ein weites Feld geöffnet und es iſt zu hoffen,
daß auch deutſches Capital ſich jetzt daran betheiligen wird, da
durch Guzman eine Garantie friedlicher Zuſtände geboten iſt.
Wir blieben faſt vierzehn Tage in dem ſchönen Puerto
Cabello, wo wir auch den Weihnachtsabend feierten und wo die
deutſche Colonie alles aufbot, uns den Aufenthalt ſo angenehm
wie möglich zu machen; dann gingen wir nach der nahe gelegenen
Inſel Curaçao, um unſere Kohlenvorräthe zu ergänzen. Unſere
Reiſe dahin dauerte 24 Stunden und wir verweilten dort auch
nur wenige Tage. Bekanntlich gehört Curaçao den Holländern,
aber es machte auf uns den Eindruck, als wären ſie es gern
los, da die Inſel nichts einbringt, vielmehr einen jährlichen
Zuſchuß von 300,000 Mark erfordert. Curaçao iſt felſig und
mit einer ſo geringen Humusſchicht bedeckt, daß nur ſehr wenig
Bäume fortkommen und die Ernten den Bedarf kaum decken.
Da es keine Flüſſe und nur ſehr wenig Quellen giebt, ſo ſind
die 20,000 Bewohner der Inſel auf das in der Regenzeit in
Ciſternen angeſammelte Waſſer angewieſen. Von jenen Ein-
wohnern ſind faſt nur die Beamten und das Militär Holländer;
ein Viertel der Zahl bilden aus Portugal eingewanderte Juden,
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/354>, abgerufen am 23.11.2024.
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