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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Nach Westindien und dem Mittelmeer
nahe, den Widerstand des Wassers dadurch bedeutend zu ver-
ringern, daß man letzterem einen Durchlaß durch das Schiff
verschafft, indem man dessen Schärfen hinten und vielleicht auch
vorn mit Löchern versieht. Bei Eisenschiffen, wie es jetzt alle
Panzer sind, macht dies vom baulichen Standpunkte keinerlei
Schwierigkeiten. Der Dampffährenbesitzer Grell in Steinwärder,
ein reiner Practiker, ist schon vor Jahren auf diesen Gedanken
gekommen und hat mit dem von ihm erfundenen Gitterkiel die
günstigsten Resultate erzielt, allein unbegreiflicher Weise hat man
in den Marinen keine Notiz von dieser Erfindung genommen
und einen Versuch nicht der Mühe werth gehalten. Construc-
tionsänderungen nach anderen Richtungen haben bisher aber
keine günstigen Resultate gegeben, und so bleibt es vor wie nach
dem Zufall überlassen, ob ein Panzerschiff besser oder schlechter
manövrirt.

Außer dem "Friedrich Karl" besitzt unsere Marine nur
noch ein Panzerschiff, die ziemlich kurze Corvette "Hansa",
welche einigermaßen unter Segel manövrirt, doch sind allerdings
die übrigen seefahrenden Nationen nicht besser daran. Aus
diesem Grunde nimmt man in neuester Zeit derartigen Schiffen
vielfach die Bemastung ganz. Sie beansprucht eine Menge
Menschen zu ihrer Bedienung, kostet viel Geld, belastet das
Schiff und ist, ohne irgendwie zu nützen, durch ihren Windfang
nur der Schnelligkeit und Manövrirfähigkeit hinderlich. Unsere
neuen Ausfallcorvetten "Bayern" und "Sachsen" haben gar
keine Takelage.

Die "Elisabeth" ist unsere schönste und schnellste Holzcor-
vette. Sie machte damals ihre erste größere Reise, bewährte
sich nach allen Richtungen vorzüglich und gereichte überall, wo
sie erschien, dem deutschen Schiffbau zur Ehre.

Der kleine "Albatroß" war der Erstling einer neuen Classe
von Kriegsfahrzeugen von verhältnißmäßig schwerer Bewaffnung,
aber geringerem Tiefgange (noch nicht drei Meter). Er, wie

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Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
nahe, den Widerſtand des Waſſers dadurch bedeutend zu ver-
ringern, daß man letzterem einen Durchlaß durch das Schiff
verſchafft, indem man deſſen Schärfen hinten und vielleicht auch
vorn mit Löchern verſieht. Bei Eiſenſchiffen, wie es jetzt alle
Panzer ſind, macht dies vom baulichen Standpunkte keinerlei
Schwierigkeiten. Der Dampffährenbeſitzer Grell in Steinwärder,
ein reiner Practiker, iſt ſchon vor Jahren auf dieſen Gedanken
gekommen und hat mit dem von ihm erfundenen Gitterkiel die
günſtigſten Reſultate erzielt, allein unbegreiflicher Weiſe hat man
in den Marinen keine Notiz von dieſer Erfindung genommen
und einen Verſuch nicht der Mühe werth gehalten. Conſtruc-
tionsänderungen nach anderen Richtungen haben bisher aber
keine günſtigen Reſultate gegeben, und ſo bleibt es vor wie nach
dem Zufall überlaſſen, ob ein Panzerſchiff beſſer oder ſchlechter
manövrirt.

Außer dem „Friedrich Karl“ beſitzt unſere Marine nur
noch ein Panzerſchiff, die ziemlich kurze Corvette „Hanſa“,
welche einigermaßen unter Segel manövrirt, doch ſind allerdings
die übrigen ſeefahrenden Nationen nicht beſſer daran. Aus
dieſem Grunde nimmt man in neueſter Zeit derartigen Schiffen
vielfach die Bemaſtung ganz. Sie beanſprucht eine Menge
Menſchen zu ihrer Bedienung, koſtet viel Geld, belaſtet das
Schiff und iſt, ohne irgendwie zu nützen, durch ihren Windfang
nur der Schnelligkeit und Manövrirfähigkeit hinderlich. Unſere
neuen Ausfallcorvetten „Bayern“ und „Sachſen“ haben gar
keine Takelage.

Die „Eliſabeth“ iſt unſere ſchönſte und ſchnellſte Holzcor-
vette. Sie machte damals ihre erſte größere Reiſe, bewährte
ſich nach allen Richtungen vorzüglich und gereichte überall, wo
ſie erſchien, dem deutſchen Schiffbau zur Ehre.

Der kleine „Albatroß“ war der Erſtling einer neuen Claſſe
von Kriegsfahrzeugen von verhältnißmäßig ſchwerer Bewaffnung,
aber geringerem Tiefgange (noch nicht drei Meter). Er, wie

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[307/0319] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer nahe, den Widerſtand des Waſſers dadurch bedeutend zu ver- ringern, daß man letzterem einen Durchlaß durch das Schiff verſchafft, indem man deſſen Schärfen hinten und vielleicht auch vorn mit Löchern verſieht. Bei Eiſenſchiffen, wie es jetzt alle Panzer ſind, macht dies vom baulichen Standpunkte keinerlei Schwierigkeiten. Der Dampffährenbeſitzer Grell in Steinwärder, ein reiner Practiker, iſt ſchon vor Jahren auf dieſen Gedanken gekommen und hat mit dem von ihm erfundenen Gitterkiel die günſtigſten Reſultate erzielt, allein unbegreiflicher Weiſe hat man in den Marinen keine Notiz von dieſer Erfindung genommen und einen Verſuch nicht der Mühe werth gehalten. Conſtruc- tionsänderungen nach anderen Richtungen haben bisher aber keine günſtigen Reſultate gegeben, und ſo bleibt es vor wie nach dem Zufall überlaſſen, ob ein Panzerſchiff beſſer oder ſchlechter manövrirt. Außer dem „Friedrich Karl“ beſitzt unſere Marine nur noch ein Panzerſchiff, die ziemlich kurze Corvette „Hanſa“, welche einigermaßen unter Segel manövrirt, doch ſind allerdings die übrigen ſeefahrenden Nationen nicht beſſer daran. Aus dieſem Grunde nimmt man in neueſter Zeit derartigen Schiffen vielfach die Bemaſtung ganz. Sie beanſprucht eine Menge Menſchen zu ihrer Bedienung, koſtet viel Geld, belaſtet das Schiff und iſt, ohne irgendwie zu nützen, durch ihren Windfang nur der Schnelligkeit und Manövrirfähigkeit hinderlich. Unſere neuen Ausfallcorvetten „Bayern“ und „Sachſen“ haben gar keine Takelage. Die „Eliſabeth“ iſt unſere ſchönſte und ſchnellſte Holzcor- vette. Sie machte damals ihre erſte größere Reiſe, bewährte ſich nach allen Richtungen vorzüglich und gereichte überall, wo ſie erſchien, dem deutſchen Schiffbau zur Ehre. Der kleine „Albatroß“ war der Erſtling einer neuen Claſſe von Kriegsfahrzeugen von verhältnißmäßig ſchwerer Bewaffnung, aber geringerem Tiefgange (noch nicht drei Meter). Er, wie 20*

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/319>, abgerufen am 22.11.2024.