uns eine besondere Ehre sein, Sie in unserer Messe bewill- kommen zu dürfen."
"Himmel!" ruft Rosenstock, "da kommt Damenbesuch, Meyer führt umher; was sollen wir anfangen?"
Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den eingesalbten Füßen, glaubt in die Erde sinken zu müssen und sieht sich hülflos nach den Kameraden um. In diesem Augenblicke wird an die Thür geklopft.
"Unter den Tisch, unter den Tisch!" commandirt Fahren- holz. Es ist der einzige Platz, wo Böhrs sich verbergen kann, und er gehorcht instinktmäßig; seine Kleider werden ihm nachge- worfen und das noch vom Frühstück her liegende Tischtuch als schützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in- zwischen gerufene "Herein" öffnet sich die Thür und der kleine Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte Gesellschaft in die Messe. Es sind Bremerhafener Bekannte und mehrere allerliebste junge Tamen dabei, mit denen die Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet sie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß die Rippenstöße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen Kameraden erhält.
"Ist Herr Böhrs nicht an Bord?" fragt eine der jungen Damen. "Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer und ich habe mich so gut mit ihm unterhalten."
"Er wird sehr bedauern, sich Ihnen nicht vorstellen zu können, mein gnädiges Fräulein," nimmt Fahrenholz das Wort, "er ist aber im Augenblick etwas unpäßlich."
"Wie schade! Was fehlt ihm denn?"
"Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas Rheumatismus in den Füßen; da ist ihm, kurz bevor Sie kamen, eine Einreibung verordnet und er hat sich auf kurze Zeit hinlegen müssen."
Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Gesellschaft --
Werner
uns eine beſondere Ehre ſein, Sie in unſerer Meſſe bewill- kommen zu dürfen.“
„Himmel!“ ruft Roſenſtock, „da kommt Damenbeſuch, Meyer führt umher; was ſollen wir anfangen?“
Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den eingeſalbten Füßen, glaubt in die Erde ſinken zu müſſen und ſieht ſich hülflos nach den Kameraden um. In dieſem Augenblicke wird an die Thür geklopft.
„Unter den Tiſch, unter den Tiſch!“ commandirt Fahren- holz. Es iſt der einzige Platz, wo Böhrs ſich verbergen kann, und er gehorcht inſtinktmäßig; ſeine Kleider werden ihm nachge- worfen und das noch vom Frühſtück her liegende Tiſchtuch als ſchützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in- zwiſchen gerufene „Herein“ öffnet ſich die Thür und der kleine Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte Geſellſchaft in die Meſſe. Es ſind Bremerhafener Bekannte und mehrere allerliebſte junge Tamen dabei, mit denen die Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet ſie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß die Rippenſtöße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen Kameraden erhält.
„Iſt Herr Böhrs nicht an Bord?“ fragt eine der jungen Damen. „Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer und ich habe mich ſo gut mit ihm unterhalten.“
„Er wird ſehr bedauern, ſich Ihnen nicht vorſtellen zu können, mein gnädiges Fräulein,“ nimmt Fahrenholz das Wort, „er iſt aber im Augenblick etwas unpäßlich.“
„Wie ſchade! Was fehlt ihm denn?“
„Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas Rheumatismus in den Füßen; da iſt ihm, kurz bevor Sie kamen, eine Einreibung verordnet und er hat ſich auf kurze Zeit hinlegen müſſen.“
Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Geſellſchaft —
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[302/0314]
Werner
uns eine beſondere Ehre ſein, Sie in unſerer Meſſe bewill-
kommen zu dürfen.“
„Himmel!“ ruft Roſenſtock, „da kommt Damenbeſuch,
Meyer führt umher; was ſollen wir anfangen?“
Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den eingeſalbten
Füßen, glaubt in die Erde ſinken zu müſſen und ſieht ſich
hülflos nach den Kameraden um. In dieſem Augenblicke wird
an die Thür geklopft.
„Unter den Tiſch, unter den Tiſch!“ commandirt Fahren-
holz. Es iſt der einzige Platz, wo Böhrs ſich verbergen kann,
und er gehorcht inſtinktmäßig; ſeine Kleider werden ihm nachge-
worfen und das noch vom Frühſtück her liegende Tiſchtuch als
ſchützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in-
zwiſchen gerufene „Herein“ öffnet ſich die Thür und der kleine
Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte
Geſellſchaft in die Meſſe. Es ſind Bremerhafener Bekannte
und mehrere allerliebſte junge Tamen dabei, mit denen die
Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet
ſie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß
die Rippenſtöße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen
Kameraden erhält.
„Iſt Herr Böhrs nicht an Bord?“ fragt eine der jungen
Damen. „Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer
und ich habe mich ſo gut mit ihm unterhalten.“
„Er wird ſehr bedauern, ſich Ihnen nicht vorſtellen zu
können, mein gnädiges Fräulein,“ nimmt Fahrenholz das Wort,
„er iſt aber im Augenblick etwas unpäßlich.“
„Wie ſchade! Was fehlt ihm denn?“
„Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas
Rheumatismus in den Füßen; da iſt ihm, kurz bevor Sie
kamen, eine Einreibung verordnet und er hat ſich auf kurze
Zeit hinlegen müſſen.“
Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Geſellſchaft —
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/314>, abgerufen am 16.02.2025.
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