Dieselbe lautete folgendermaßen: Bayern habe zu jeder Zeit und bei allen Anlässen, wo es sich um gemeinnützige Schöpfungen und Einrichtungen für das Wohl des gesammten deutschen Vaterlandes handelte, seine Opferbereitwilligkeit in solchem Maße bethätigt, daß es sich des allseitigen Anerkennt- nisses hierüber versichert halten dürfe. In Bezug auf die vor- liegende Angelegenheit habe es bereits in der Bundestagssitzung vom 27. December v. J. seine Mitwirkung zur Bildung einer Nordseeflotte auf der Grundlage eines dreitheiligen Flottencon- tingents zugesagt und sich anheischig gemacht, für die erste Grün- dung einen einmaligen Beitrag von 800,000 Gulden und für deren Erhaltung jährlich 200,000 Gulden zu zahlen. Indessen sei es dabei überall von der eben so wichtigen als in den Ver- hältnissen begründeten Voraussetzung ausgegangen, daß die über die deutschen Zoll- und Handelsverhältnisse schwebenden Ver- handlungen in befriedigender Weise gelöst würden. Ein Binnenstaat wie Bayern könne so lange, als eine Trennung von der Nordsee durch eine Zollgrenze bestehe, und so lange nicht die Gewißheit gegeben sei, diese Grenze durch Vereinigung in ein gemeinschaftliches Zollgebiet beseitigt zu sehen, sich von dem Bestande einer Nordseeflotte für seine materiellen Interessen einen mit den bedeutenden Opfern, welche dieselbe fordere, im Ver- hältnisse stehenden Nutzen nicht versprechen. Ebenso müsse es wiederholt darauf aufmerksam machen, daß auch, so lange zwischen Oesterreich und dem übrigen Deutschland die Trennung der Zoll- und Handels- verhältnisse fortdauere, der Bildung einer deut- schen Flotte durch drei Contingente nicht minder eine der wesentlichsten Grundlagen für die ge- meinsamen, durch diese Flotte zu schützenden Inter- essen fehlen würde.
Indem Bayern diesen Standpunkt fest halte, könne es an keiner Vereinigung Theil nehmen, an welcher nur eine der
Werner
Dieſelbe lautete folgendermaßen: Bayern habe zu jeder Zeit und bei allen Anläſſen, wo es ſich um gemeinnützige Schöpfungen und Einrichtungen für das Wohl des geſammten deutſchen Vaterlandes handelte, ſeine Opferbereitwilligkeit in ſolchem Maße bethätigt, daß es ſich des allſeitigen Anerkennt- niſſes hierüber verſichert halten dürfe. In Bezug auf die vor- liegende Angelegenheit habe es bereits in der Bundestagsſitzung vom 27. December v. J. ſeine Mitwirkung zur Bildung einer Nordſeeflotte auf der Grundlage eines dreitheiligen Flottencon- tingents zugeſagt und ſich anheiſchig gemacht, für die erſte Grün- dung einen einmaligen Beitrag von 800,000 Gulden und für deren Erhaltung jährlich 200,000 Gulden zu zahlen. Indeſſen ſei es dabei überall von der eben ſo wichtigen als in den Ver- hältniſſen begründeten Vorausſetzung ausgegangen, daß die über die deutſchen Zoll- und Handelsverhältniſſe ſchwebenden Ver- handlungen in befriedigender Weiſe gelöſt würden. Ein Binnenſtaat wie Bayern könne ſo lange, als eine Trennung von der Nordſee durch eine Zollgrenze beſtehe, und ſo lange nicht die Gewißheit gegeben ſei, dieſe Grenze durch Vereinigung in ein gemeinſchaftliches Zollgebiet beſeitigt zu ſehen, ſich von dem Beſtande einer Nordſeeflotte für ſeine materiellen Intereſſen einen mit den bedeutenden Opfern, welche dieſelbe fordere, im Ver- hältniſſe ſtehenden Nutzen nicht verſprechen. Ebenſo müſſe es wiederholt darauf aufmerkſam machen, daß auch, ſo lange zwiſchen Oeſterreich und dem übrigen Deutſchland die Trennung der Zoll- und Handels- verhältniſſe fortdauere, der Bildung einer deut- ſchen Flotte durch drei Contingente nicht minder eine der weſentlichſten Grundlagen für die ge- meinſamen, durch dieſe Flotte zu ſchützenden Inter- eſſen fehlen würde.
Indem Bayern dieſen Standpunkt feſt halte, könne es an keiner Vereinigung Theil nehmen, an welcher nur eine der
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Werner
Dieſelbe lautete folgendermaßen: Bayern habe zu jeder
Zeit und bei allen Anläſſen, wo es ſich um gemeinnützige
Schöpfungen und Einrichtungen für das Wohl des geſammten
deutſchen Vaterlandes handelte, ſeine Opferbereitwilligkeit in
ſolchem Maße bethätigt, daß es ſich des allſeitigen Anerkennt-
niſſes hierüber verſichert halten dürfe. In Bezug auf die vor-
liegende Angelegenheit habe es bereits in der Bundestagsſitzung
vom 27. December v. J. ſeine Mitwirkung zur Bildung einer
Nordſeeflotte auf der Grundlage eines dreitheiligen Flottencon-
tingents zugeſagt und ſich anheiſchig gemacht, für die erſte Grün-
dung einen einmaligen Beitrag von 800,000 Gulden und für
deren Erhaltung jährlich 200,000 Gulden zu zahlen. Indeſſen
ſei es dabei überall von der eben ſo wichtigen als in den Ver-
hältniſſen begründeten Vorausſetzung ausgegangen, daß die über
die deutſchen Zoll- und Handelsverhältniſſe ſchwebenden Ver-
handlungen in befriedigender Weiſe gelöſt würden. Ein
Binnenſtaat wie Bayern könne ſo lange, als eine Trennung von
der Nordſee durch eine Zollgrenze beſtehe, und ſo lange nicht
die Gewißheit gegeben ſei, dieſe Grenze durch Vereinigung in
ein gemeinſchaftliches Zollgebiet beſeitigt zu ſehen, ſich von dem
Beſtande einer Nordſeeflotte für ſeine materiellen Intereſſen einen
mit den bedeutenden Opfern, welche dieſelbe fordere, im Ver-
hältniſſe ſtehenden Nutzen nicht verſprechen. Ebenſo müſſe
es wiederholt darauf aufmerkſam machen, daß
auch, ſo lange zwiſchen Oeſterreich und dem übrigen
Deutſchland die Trennung der Zoll- und Handels-
verhältniſſe fortdauere, der Bildung einer deut-
ſchen Flotte durch drei Contingente nicht minder
eine der weſentlichſten Grundlagen für die ge-
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eſſen fehlen würde.
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/232>, abgerufen am 24.11.2024.
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