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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Werner
wir mit unsern flacher gehenden Schiffen näher kommen konnten,
schärfer an den Wind gehen und verloren dadurch an Fahrt.
Der "Geyser" versuchte nun mit aller Kraft uns aufzulaufen
und feuerte auf 4--5000 Schritt Granaten, die aber eben so
wie die unseren den Gegner nicht erreichten, sondern in der Luft
platzten und harmlos in das Wasser fielen. Vor der Weser
drehte das dänische Geschwader um.

Daß Brommy diesmal das Gefecht nicht annahm, war
ihm nicht zu verdenken. Wenn es den Fregatten gelang, uns
unter ihre Breitseiten zu bekommen, was bei der steifen Brise
leicht möglich war, so hätte eine glatte Lage wahrscheinlich unser
Schicksal besiegelt, da unsere Maschinen ungeschützt und größten-
theils über Wasser lagen -- allein trotz dieser Ueberzeugung
trug der ruhmlose Tag nicht dazu bei, unsere Stimmung zu
verbessern. Das Debüt der deutschen Flotte war ein zu trau-
riges gewesen, als daß wir noch mit Hoffnung und Vertrauen
in die Zukunft hätten blicken können.

Wir thaten auch fernerhin unsere Schuldigkeit, aber jeder
höhere geistige Schwung war gelähmt. Die deutsche Flotte vegetirte
ferner nur noch. Mit den Dänen kam sie nicht wieder in Be-
rührung, und so lange der Krieg währte, zeigte sich die schwarz-
rothgoldene Flagge nicht mehr in der Nordsee. Die Drohung
Palmerston's hatte ihren Zweck erreicht. Die Centralgewalt
und nachher der Bundestag beugten ihr Haupt vor dem eng-
lischen Premierminister und Brommy erhielt Befehl, mit seinen
Schiffen hübsch fein zu Hause zu bleiben.

Die von Frankfurt übernommene und in "Eckernförde"
umgetaufte "Gefion" war inzwischen dem Nordseegeschwader zu-
getheilt worden. Bei näherer Untersuchung nach dem Kampfe
stellte sich heraus, daß sie doch ärger zusammengeschossen war,
als es anfänglich den Anschein hatte, und so verging bis zu
ihrer völligen Reparatur eine geraume Zeit. Danach war sie
aber einige Male nahe daran, für Deutschland wieder verloren

Werner
wir mit unſern flacher gehenden Schiffen näher kommen konnten,
ſchärfer an den Wind gehen und verloren dadurch an Fahrt.
Der „Geyſer“ verſuchte nun mit aller Kraft uns aufzulaufen
und feuerte auf 4—5000 Schritt Granaten, die aber eben ſo
wie die unſeren den Gegner nicht erreichten, ſondern in der Luft
platzten und harmlos in das Waſſer fielen. Vor der Weſer
drehte das däniſche Geſchwader um.

Daß Brommy diesmal das Gefecht nicht annahm, war
ihm nicht zu verdenken. Wenn es den Fregatten gelang, uns
unter ihre Breitſeiten zu bekommen, was bei der ſteifen Briſe
leicht möglich war, ſo hätte eine glatte Lage wahrſcheinlich unſer
Schickſal beſiegelt, da unſere Maſchinen ungeſchützt und größten-
theils über Waſſer lagen — allein trotz dieſer Ueberzeugung
trug der ruhmloſe Tag nicht dazu bei, unſere Stimmung zu
verbeſſern. Das Debüt der deutſchen Flotte war ein zu trau-
riges geweſen, als daß wir noch mit Hoffnung und Vertrauen
in die Zukunft hätten blicken können.

Wir thaten auch fernerhin unſere Schuldigkeit, aber jeder
höhere geiſtige Schwung war gelähmt. Die deutſche Flotte vegetirte
ferner nur noch. Mit den Dänen kam ſie nicht wieder in Be-
rührung, und ſo lange der Krieg währte, zeigte ſich die ſchwarz-
rothgoldene Flagge nicht mehr in der Nordſee. Die Drohung
Palmerſton’s hatte ihren Zweck erreicht. Die Centralgewalt
und nachher der Bundestag beugten ihr Haupt vor dem eng-
liſchen Premierminiſter und Brommy erhielt Befehl, mit ſeinen
Schiffen hübſch fein zu Hauſe zu bleiben.

Die von Frankfurt übernommene und in „Eckernförde“
umgetaufte „Gefion“ war inzwiſchen dem Nordſeegeſchwader zu-
getheilt worden. Bei näherer Unterſuchung nach dem Kampfe
ſtellte ſich heraus, daß ſie doch ärger zuſammengeſchoſſen war,
als es anfänglich den Anſchein hatte, und ſo verging bis zu
ihrer völligen Reparatur eine geraume Zeit. Danach war ſie
aber einige Male nahe daran, für Deutſchland wieder verloren

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[206/0218] Werner wir mit unſern flacher gehenden Schiffen näher kommen konnten, ſchärfer an den Wind gehen und verloren dadurch an Fahrt. Der „Geyſer“ verſuchte nun mit aller Kraft uns aufzulaufen und feuerte auf 4—5000 Schritt Granaten, die aber eben ſo wie die unſeren den Gegner nicht erreichten, ſondern in der Luft platzten und harmlos in das Waſſer fielen. Vor der Weſer drehte das däniſche Geſchwader um. Daß Brommy diesmal das Gefecht nicht annahm, war ihm nicht zu verdenken. Wenn es den Fregatten gelang, uns unter ihre Breitſeiten zu bekommen, was bei der ſteifen Briſe leicht möglich war, ſo hätte eine glatte Lage wahrſcheinlich unſer Schickſal beſiegelt, da unſere Maſchinen ungeſchützt und größten- theils über Waſſer lagen — allein trotz dieſer Ueberzeugung trug der ruhmloſe Tag nicht dazu bei, unſere Stimmung zu verbeſſern. Das Debüt der deutſchen Flotte war ein zu trau- riges geweſen, als daß wir noch mit Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft hätten blicken können. Wir thaten auch fernerhin unſere Schuldigkeit, aber jeder höhere geiſtige Schwung war gelähmt. Die deutſche Flotte vegetirte ferner nur noch. Mit den Dänen kam ſie nicht wieder in Be- rührung, und ſo lange der Krieg währte, zeigte ſich die ſchwarz- rothgoldene Flagge nicht mehr in der Nordſee. Die Drohung Palmerſton’s hatte ihren Zweck erreicht. Die Centralgewalt und nachher der Bundestag beugten ihr Haupt vor dem eng- liſchen Premierminiſter und Brommy erhielt Befehl, mit ſeinen Schiffen hübſch fein zu Hauſe zu bleiben. Die von Frankfurt übernommene und in „Eckernförde“ umgetaufte „Gefion“ war inzwiſchen dem Nordſeegeſchwader zu- getheilt worden. Bei näherer Unterſuchung nach dem Kampfe ſtellte ſich heraus, daß ſie doch ärger zuſammengeſchoſſen war, als es anfänglich den Anſchein hatte, und ſo verging bis zu ihrer völligen Reparatur eine geraume Zeit. Danach war ſie aber einige Male nahe daran, für Deutſchland wieder verloren

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/218>, abgerufen am 28.11.2024.