Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Die deutsche Marine 1848--1852
Menge Boote mit Zuschauern angesammelt, welche vergebens
auf das Wiedererscheinen Bauers warteten und nach stunden-
langem Harren ihn als verloren betrachteten. Da endlich, um
drei Uhr Nachmittags, also vier volle Stunden nach dem Tauchen,
wurden plötzlich alle drei Leute mit einer ungemeinen Vehemenz
an die Oberfläche geschleudert und von den wartenden Booten
aufgenommen. Ihre Rettung schien durch ein Wunder bewerk-
stelligt zu sein, erklärte sich aber durch die Compression der Luft
in dem Boote. Letztere war durch das höher steigende Wasser
allmälig immer gewachsen, bis sie dem äußeren Wasserdruck das
Gleichgewicht hielt. Diesen Moment hatte Bauer wahrgenommen,
um die Luke zu öffnen und war dann mit den beiden Leuten,
die er mit großer Geistesgegenwart vorher zu dem Zwecke unter
der Luke richtig placirt, in die Höhe geschleudert worden.

Das Experiment war an der zu schwachen Construction
des Bootes und an der zu geringen Kraft der Pumpe geschei-
tert. Dagegen hatte Bauer den Beweis geliefert, daß das Boot
sich heben und senken konnte, daß es sich fortbewegen ließ und
daß die Insassen ohne Gefahr für ihre Gesundheit vier Stunden
unter Wasser hatten aushalten können.

Wenn aber das Unglück auch nicht eingetreten wäre und
das Boot gut functionirt hätte, so würde sein Nutzen doch höchst
problematischer Natur gewesen sein. Das anzugreifende Schiff
hätte zunächst vor Anker liegen müssen, um irgend eine Chance
des Gelingens zu bieten. Sodann erwuchs für das Boot aber
noch eine andere Schwierigkeit, die es aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht überwunden hätte.

Bei Nacht war ein Angriff ziemlich ausgeschlossen, da
man in dem Boote unter Wasser nichts sehen konnte. Bei
Tage hätte es aber schon in einer sehr großen Entfernung von
dem Feinde tauchen müssen, um gegen dessen Schußwaffen ge-
sichert zu sein. Den richtigen Weg auf eine so weite Strecke
zu finden, war kaum möglich oder wenigstens so unsicher, daß

Die deutſche Marine 1848—1852
Menge Boote mit Zuſchauern angeſammelt, welche vergebens
auf das Wiedererſcheinen Bauers warteten und nach ſtunden-
langem Harren ihn als verloren betrachteten. Da endlich, um
drei Uhr Nachmittags, alſo vier volle Stunden nach dem Tauchen,
wurden plötzlich alle drei Leute mit einer ungemeinen Vehemenz
an die Oberfläche geſchleudert und von den wartenden Booten
aufgenommen. Ihre Rettung ſchien durch ein Wunder bewerk-
ſtelligt zu ſein, erklärte ſich aber durch die Compreſſion der Luft
in dem Boote. Letztere war durch das höher ſteigende Waſſer
allmälig immer gewachſen, bis ſie dem äußeren Waſſerdruck das
Gleichgewicht hielt. Dieſen Moment hatte Bauer wahrgenommen,
um die Luke zu öffnen und war dann mit den beiden Leuten,
die er mit großer Geiſtesgegenwart vorher zu dem Zwecke unter
der Luke richtig placirt, in die Höhe geſchleudert worden.

Das Experiment war an der zu ſchwachen Conſtruction
des Bootes und an der zu geringen Kraft der Pumpe geſchei-
tert. Dagegen hatte Bauer den Beweis geliefert, daß das Boot
ſich heben und ſenken konnte, daß es ſich fortbewegen ließ und
daß die Inſaſſen ohne Gefahr für ihre Geſundheit vier Stunden
unter Waſſer hatten aushalten können.

Wenn aber das Unglück auch nicht eingetreten wäre und
das Boot gut functionirt hätte, ſo würde ſein Nutzen doch höchſt
problematiſcher Natur geweſen ſein. Das anzugreifende Schiff
hätte zunächſt vor Anker liegen müſſen, um irgend eine Chance
des Gelingens zu bieten. Sodann erwuchs für das Boot aber
noch eine andere Schwierigkeit, die es aller Wahrſcheinlichkeit
nach nicht überwunden hätte.

Bei Nacht war ein Angriff ziemlich ausgeſchloſſen, da
man in dem Boote unter Waſſer nichts ſehen konnte. Bei
Tage hätte es aber ſchon in einer ſehr großen Entfernung von
dem Feinde tauchen müſſen, um gegen deſſen Schußwaffen ge-
ſichert zu ſein. Den richtigen Weg auf eine ſo weite Strecke
zu finden, war kaum möglich oder wenigſtens ſo unſicher, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0187" n="175"/><fw place="top" type="header">Die deut&#x017F;che Marine 1848&#x2014;1852</fw><lb/>
Menge Boote mit Zu&#x017F;chauern ange&#x017F;ammelt, welche vergebens<lb/>
auf das Wiederer&#x017F;cheinen Bauers warteten und nach &#x017F;tunden-<lb/>
langem Harren ihn als verloren betrachteten. Da endlich, um<lb/>
drei Uhr Nachmittags, al&#x017F;o vier volle Stunden nach dem Tauchen,<lb/>
wurden plötzlich alle drei Leute mit einer ungemeinen Vehemenz<lb/>
an die Oberfläche ge&#x017F;chleudert und von den wartenden Booten<lb/>
aufgenommen. Ihre Rettung &#x017F;chien durch ein Wunder bewerk-<lb/>
&#x017F;telligt zu &#x017F;ein, erklärte &#x017F;ich aber durch die Compre&#x017F;&#x017F;ion der Luft<lb/>
in dem Boote. Letztere war durch das höher &#x017F;teigende Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
allmälig immer gewach&#x017F;en, bis &#x017F;ie dem äußeren Wa&#x017F;&#x017F;erdruck das<lb/>
Gleichgewicht hielt. Die&#x017F;en Moment hatte Bauer wahrgenommen,<lb/>
um die Luke zu öffnen und war dann mit den beiden Leuten,<lb/>
die er mit großer Gei&#x017F;tesgegenwart vorher zu dem Zwecke unter<lb/>
der Luke richtig placirt, in die Höhe ge&#x017F;chleudert worden.</p><lb/>
          <p>Das Experiment war an der zu &#x017F;chwachen Con&#x017F;truction<lb/>
des Bootes und an der zu geringen Kraft der Pumpe ge&#x017F;chei-<lb/>
tert. Dagegen hatte Bauer den Beweis geliefert, daß das Boot<lb/>
&#x017F;ich heben und &#x017F;enken konnte, daß es &#x017F;ich fortbewegen ließ und<lb/>
daß die In&#x017F;a&#x017F;&#x017F;en ohne Gefahr für ihre Ge&#x017F;undheit vier Stunden<lb/>
unter Wa&#x017F;&#x017F;er hatten aushalten können.</p><lb/>
          <p>Wenn aber das Unglück auch nicht eingetreten wäre und<lb/>
das Boot gut functionirt hätte, &#x017F;o würde &#x017F;ein Nutzen doch höch&#x017F;t<lb/>
problemati&#x017F;cher Natur gewe&#x017F;en &#x017F;ein. Das anzugreifende Schiff<lb/>
hätte zunäch&#x017F;t vor Anker liegen mü&#x017F;&#x017F;en, um irgend eine Chance<lb/>
des Gelingens zu bieten. Sodann erwuchs für das Boot aber<lb/>
noch eine andere Schwierigkeit, die es aller Wahr&#x017F;cheinlichkeit<lb/>
nach nicht überwunden hätte.</p><lb/>
          <p>Bei Nacht war ein Angriff ziemlich ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, da<lb/>
man in dem Boote unter Wa&#x017F;&#x017F;er nichts &#x017F;ehen konnte. Bei<lb/>
Tage hätte es aber &#x017F;chon in einer &#x017F;ehr großen Entfernung von<lb/>
dem Feinde tauchen mü&#x017F;&#x017F;en, um gegen de&#x017F;&#x017F;en Schußwaffen ge-<lb/>
&#x017F;ichert zu &#x017F;ein. Den richtigen Weg auf eine &#x017F;o weite Strecke<lb/>
zu finden, war kaum möglich oder wenig&#x017F;tens &#x017F;o un&#x017F;icher, daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0187] Die deutſche Marine 1848—1852 Menge Boote mit Zuſchauern angeſammelt, welche vergebens auf das Wiedererſcheinen Bauers warteten und nach ſtunden- langem Harren ihn als verloren betrachteten. Da endlich, um drei Uhr Nachmittags, alſo vier volle Stunden nach dem Tauchen, wurden plötzlich alle drei Leute mit einer ungemeinen Vehemenz an die Oberfläche geſchleudert und von den wartenden Booten aufgenommen. Ihre Rettung ſchien durch ein Wunder bewerk- ſtelligt zu ſein, erklärte ſich aber durch die Compreſſion der Luft in dem Boote. Letztere war durch das höher ſteigende Waſſer allmälig immer gewachſen, bis ſie dem äußeren Waſſerdruck das Gleichgewicht hielt. Dieſen Moment hatte Bauer wahrgenommen, um die Luke zu öffnen und war dann mit den beiden Leuten, die er mit großer Geiſtesgegenwart vorher zu dem Zwecke unter der Luke richtig placirt, in die Höhe geſchleudert worden. Das Experiment war an der zu ſchwachen Conſtruction des Bootes und an der zu geringen Kraft der Pumpe geſchei- tert. Dagegen hatte Bauer den Beweis geliefert, daß das Boot ſich heben und ſenken konnte, daß es ſich fortbewegen ließ und daß die Inſaſſen ohne Gefahr für ihre Geſundheit vier Stunden unter Waſſer hatten aushalten können. Wenn aber das Unglück auch nicht eingetreten wäre und das Boot gut functionirt hätte, ſo würde ſein Nutzen doch höchſt problematiſcher Natur geweſen ſein. Das anzugreifende Schiff hätte zunächſt vor Anker liegen müſſen, um irgend eine Chance des Gelingens zu bieten. Sodann erwuchs für das Boot aber noch eine andere Schwierigkeit, die es aller Wahrſcheinlichkeit nach nicht überwunden hätte. Bei Nacht war ein Angriff ziemlich ausgeſchloſſen, da man in dem Boote unter Waſſer nichts ſehen konnte. Bei Tage hätte es aber ſchon in einer ſehr großen Entfernung von dem Feinde tauchen müſſen, um gegen deſſen Schußwaffen ge- ſichert zu ſein. Den richtigen Weg auf eine ſo weite Strecke zu finden, war kaum möglich oder wenigſtens ſo unſicher, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/187
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/187>, abgerufen am 24.11.2024.