der zerfahrenen deutschen Verhältnisse. Man wartete von Woche zu Woche auf eine definitive Gestaltung des Reichs und damit auch auf die Emanirung der betreffenden Gesetze über Wehr- pflicht, Rang- und Soldverhältnisse, Invalidenversorgung u. s. w. Nach dieser Richtung ließ sich deshalb gegen seinen Bericht nichts einwenden, nur war das Benehmen Parkers selbst in Behandlung der Angelegenheit durchaus kein loyales und hätte eine härtere Beurtheilung verdient, als Duckwitz ihm zu Theil werden ließ.
Eine weitere höchst unangenehme Folge des Berichtes war noch der verzögerte Abgang der "United States." Die Regie- rung in Washington stellte sich nämlich jetzt plötzlich auf den Standpunkt stricter Neutralität. Die Erlaubniß, den Kriegsbe- darf des Schiffes aus dem Arsenal der Marine zu beziehen, wurde zurückgenommen und so mußten alle Gegenstände auf Privatwege beschafft werden. Außerdem wurde auch noch der Abgang des Schiffes überhaupt beanstandet und nach langen Verhandlungen nur gegen eine Bürgschaft von 300,000 $ ge- stattet, um eine Garantie zu haben, daß das Schiff keinen feind- seligen Act gegen eine mit Nordamerika in Frieden befindliche Nation beginge.
Alles dies hatte so viel Zeit in Anspruch genommen, daß die "United States" (später in "Hansa" umgetauft) nicht zur bestimmten Zeit eintreffen konnte. Anfänglich war der Termin ihrer völligen Fertigstellung und ihres Abganges auf den 15. Mai verabredet worden und das Schiff sollte dann, vollständig kriegsmäßig eingerichtet, aber als Handelsschiff mit Geschützen und Munition als Ladung, sowie mit der vollen Besatzung und den erwarteten vierzig Officieren als Passagiere, nach Deutsch- land abgehen und noch vor Ende des Waffenstillstandes dort eintreffen. Dieser Plan war nun vereitelt. Die "Hansa" ging zwar im April von Amerika ab, kam aber nur bis England, weil inzwischen wieder die Blockade eingetreten war. Deutsch-
11*
Die deutſche Marine 1848—1852
der zerfahrenen deutſchen Verhältniſſe. Man wartete von Woche zu Woche auf eine definitive Geſtaltung des Reichs und damit auch auf die Emanirung der betreffenden Geſetze über Wehr- pflicht, Rang- und Soldverhältniſſe, Invalidenverſorgung u. ſ. w. Nach dieſer Richtung ließ ſich deshalb gegen ſeinen Bericht nichts einwenden, nur war das Benehmen Parkers ſelbſt in Behandlung der Angelegenheit durchaus kein loyales und hätte eine härtere Beurtheilung verdient, als Duckwitz ihm zu Theil werden ließ.
Eine weitere höchſt unangenehme Folge des Berichtes war noch der verzögerte Abgang der „United States.“ Die Regie- rung in Waſhington ſtellte ſich nämlich jetzt plötzlich auf den Standpunkt ſtricter Neutralität. Die Erlaubniß, den Kriegsbe- darf des Schiffes aus dem Arſenal der Marine zu beziehen, wurde zurückgenommen und ſo mußten alle Gegenſtände auf Privatwege beſchafft werden. Außerdem wurde auch noch der Abgang des Schiffes überhaupt beanſtandet und nach langen Verhandlungen nur gegen eine Bürgſchaft von 300,000 $ ge- ſtattet, um eine Garantie zu haben, daß das Schiff keinen feind- ſeligen Act gegen eine mit Nordamerika in Frieden befindliche Nation beginge.
Alles dies hatte ſo viel Zeit in Anſpruch genommen, daß die „United States“ (ſpäter in „Hanſa“ umgetauft) nicht zur beſtimmten Zeit eintreffen konnte. Anfänglich war der Termin ihrer völligen Fertigſtellung und ihres Abganges auf den 15. Mai verabredet worden und das Schiff ſollte dann, vollſtändig kriegsmäßig eingerichtet, aber als Handelsſchiff mit Geſchützen und Munition als Ladung, ſowie mit der vollen Beſatzung und den erwarteten vierzig Officieren als Paſſagiere, nach Deutſch- land abgehen und noch vor Ende des Waffenſtillſtandes dort eintreffen. Dieſer Plan war nun vereitelt. Die „Hanſa“ ging zwar im April von Amerika ab, kam aber nur bis England, weil inzwiſchen wieder die Blockade eingetreten war. Deutſch-
11*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0175"n="163"/><fwplace="top"type="header">Die deutſche Marine 1848—1852</fw><lb/>
der zerfahrenen deutſchen Verhältniſſe. Man wartete von Woche<lb/>
zu Woche auf eine definitive Geſtaltung des Reichs und damit<lb/>
auch auf die Emanirung der betreffenden Geſetze über Wehr-<lb/>
pflicht, Rang- und Soldverhältniſſe, Invalidenverſorgung u. ſ. w.<lb/>
Nach dieſer Richtung ließ ſich deshalb gegen ſeinen Bericht<lb/>
nichts einwenden, nur war das Benehmen Parkers ſelbſt in<lb/>
Behandlung der Angelegenheit durchaus kein loyales und hätte<lb/>
eine härtere Beurtheilung verdient, als Duckwitz ihm zu Theil<lb/>
werden ließ.</p><lb/><p>Eine weitere höchſt unangenehme Folge des Berichtes war<lb/>
noch der verzögerte Abgang der <hirendition="#aq">„United States.“</hi> Die Regie-<lb/>
rung in Waſhington ſtellte ſich nämlich jetzt plötzlich auf den<lb/>
Standpunkt ſtricter Neutralität. Die Erlaubniß, den Kriegsbe-<lb/>
darf des Schiffes aus dem Arſenal der Marine zu beziehen,<lb/>
wurde zurückgenommen und ſo mußten alle Gegenſtände auf<lb/>
Privatwege beſchafft werden. Außerdem wurde auch noch der<lb/>
Abgang des Schiffes überhaupt beanſtandet und nach langen<lb/>
Verhandlungen nur gegen eine Bürgſchaft von 300,000 $ ge-<lb/>ſtattet, um eine Garantie zu haben, daß das Schiff keinen feind-<lb/>ſeligen Act gegen eine mit Nordamerika in Frieden befindliche<lb/>
Nation beginge.</p><lb/><p>Alles dies hatte ſo viel Zeit in Anſpruch genommen, daß<lb/>
die <hirendition="#aq">„United States“</hi> (ſpäter in „Hanſa“ umgetauft) nicht zur<lb/>
beſtimmten Zeit eintreffen konnte. Anfänglich war der Termin<lb/>
ihrer völligen Fertigſtellung und ihres Abganges auf den 15.<lb/>
Mai verabredet worden und das Schiff ſollte dann, vollſtändig<lb/>
kriegsmäßig eingerichtet, aber als Handelsſchiff mit Geſchützen<lb/>
und Munition als Ladung, ſowie mit der vollen Beſatzung und<lb/>
den erwarteten vierzig Officieren als Paſſagiere, nach Deutſch-<lb/>
land abgehen und noch vor Ende des Waffenſtillſtandes dort<lb/>
eintreffen. Dieſer Plan war nun vereitelt. Die „Hanſa“ ging<lb/>
zwar im April von Amerika ab, kam aber nur bis England,<lb/>
weil inzwiſchen wieder die Blockade eingetreten war. Deutſch-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">11*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[163/0175]
Die deutſche Marine 1848—1852
der zerfahrenen deutſchen Verhältniſſe. Man wartete von Woche
zu Woche auf eine definitive Geſtaltung des Reichs und damit
auch auf die Emanirung der betreffenden Geſetze über Wehr-
pflicht, Rang- und Soldverhältniſſe, Invalidenverſorgung u. ſ. w.
Nach dieſer Richtung ließ ſich deshalb gegen ſeinen Bericht
nichts einwenden, nur war das Benehmen Parkers ſelbſt in
Behandlung der Angelegenheit durchaus kein loyales und hätte
eine härtere Beurtheilung verdient, als Duckwitz ihm zu Theil
werden ließ.
Eine weitere höchſt unangenehme Folge des Berichtes war
noch der verzögerte Abgang der „United States.“ Die Regie-
rung in Waſhington ſtellte ſich nämlich jetzt plötzlich auf den
Standpunkt ſtricter Neutralität. Die Erlaubniß, den Kriegsbe-
darf des Schiffes aus dem Arſenal der Marine zu beziehen,
wurde zurückgenommen und ſo mußten alle Gegenſtände auf
Privatwege beſchafft werden. Außerdem wurde auch noch der
Abgang des Schiffes überhaupt beanſtandet und nach langen
Verhandlungen nur gegen eine Bürgſchaft von 300,000 $ ge-
ſtattet, um eine Garantie zu haben, daß das Schiff keinen feind-
ſeligen Act gegen eine mit Nordamerika in Frieden befindliche
Nation beginge.
Alles dies hatte ſo viel Zeit in Anſpruch genommen, daß
die „United States“ (ſpäter in „Hanſa“ umgetauft) nicht zur
beſtimmten Zeit eintreffen konnte. Anfänglich war der Termin
ihrer völligen Fertigſtellung und ihres Abganges auf den 15.
Mai verabredet worden und das Schiff ſollte dann, vollſtändig
kriegsmäßig eingerichtet, aber als Handelsſchiff mit Geſchützen
und Munition als Ladung, ſowie mit der vollen Beſatzung und
den erwarteten vierzig Officieren als Paſſagiere, nach Deutſch-
land abgehen und noch vor Ende des Waffenſtillſtandes dort
eintreffen. Dieſer Plan war nun vereitelt. Die „Hanſa“ ging
zwar im April von Amerika ab, kam aber nur bis England,
weil inzwiſchen wieder die Blockade eingetreten war. Deutſch-
11*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/175>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.