Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner deutschen Handelsflotte. Es meldete sich eine solche Menge,daß unter den tüchtigsten und intelligentesten eine Wahl getroffen werden konnte und im allgemeinen wenig Mißgriffe gemacht wurden. Die Werbung der Matrosen machte mehr Schwierig- keiten und die Schiffe hatten keineswegs volle Besatzungen. Da indessen sehr bald die Unterhandlungen wegen eines Waffenstill- standes begannen und dieser schon Ende August in Malmö auf sieben Monate abgeschlossen wurde, mäßigte sich damit auch die bisherige Eile der Flottenrüstungen. Sie verfielen in ein lang- sameres Tempo, und um so mehr, als mit dem Einsetzen einer deutschen Centralgewalt und der Schaffung eines Reichsmini- steriums auch die Angelegenheit der deutschen Flotte aus den Händen des Hamburger Comite's in die des neuen Reichs- ministeriums überging, wenngleich dieses Uebergangsstadium mehrere Monate beanspruchte und erst im October been- det war. Anfang October wurden die Schiffe der Hamburger Flo- Die drei Dampfcorvetten stellten sich ebenfalls als sehr Werner deutſchen Handelsflotte. Es meldete ſich eine ſolche Menge,daß unter den tüchtigſten und intelligenteſten eine Wahl getroffen werden konnte und im allgemeinen wenig Mißgriffe gemacht wurden. Die Werbung der Matroſen machte mehr Schwierig- keiten und die Schiffe hatten keineswegs volle Beſatzungen. Da indeſſen ſehr bald die Unterhandlungen wegen eines Waffenſtill- ſtandes begannen und dieſer ſchon Ende Auguſt in Malmö auf ſieben Monate abgeſchloſſen wurde, mäßigte ſich damit auch die bisherige Eile der Flottenrüſtungen. Sie verfielen in ein lang- ſameres Tempo, und um ſo mehr, als mit dem Einſetzen einer deutſchen Centralgewalt und der Schaffung eines Reichsmini- ſteriums auch die Angelegenheit der deutſchen Flotte aus den Händen des Hamburger Comité’s in die des neuen Reichs- miniſteriums überging, wenngleich dieſes Uebergangsſtadium mehrere Monate beanſpruchte und erſt im October been- det war. Anfang October wurden die Schiffe der Hamburger Flo- Die drei Dampfcorvetten ſtellten ſich ebenfalls als ſehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0164" n="152"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> deutſchen Handelsflotte. Es meldete ſich eine ſolche Menge,<lb/> daß unter den tüchtigſten und intelligenteſten eine Wahl getroffen<lb/> werden konnte und im allgemeinen wenig Mißgriffe gemacht<lb/> wurden. Die Werbung der Matroſen machte mehr Schwierig-<lb/> keiten und die Schiffe hatten keineswegs volle Beſatzungen. Da<lb/> indeſſen ſehr bald die Unterhandlungen wegen eines Waffenſtill-<lb/> ſtandes begannen und dieſer ſchon Ende Auguſt in Malmö auf<lb/> ſieben Monate abgeſchloſſen wurde, mäßigte ſich damit auch die<lb/> bisherige Eile der Flottenrüſtungen. Sie verfielen in ein lang-<lb/> ſameres Tempo, und um ſo mehr, als mit dem Einſetzen einer<lb/> deutſchen Centralgewalt und der Schaffung eines Reichsmini-<lb/> ſteriums auch die Angelegenheit der deutſchen Flotte aus den<lb/> Händen des Hamburger Comit<hi rendition="#aq">é</hi>’s in die des neuen Reichs-<lb/> miniſteriums überging, wenngleich dieſes Uebergangsſtadium<lb/> mehrere Monate beanſpruchte und erſt im October been-<lb/> det war.</p><lb/> <p>Anfang October wurden die Schiffe der Hamburger Flo-<lb/> tille von einer Reichscommiſſion, der auch ein engliſcher Marine-<lb/> Ingenieur angehörte, behufs Uebernahme auf ihren Zuſtand<lb/> unterſucht, jedoch fiel der Bericht nicht ſehr glänzend aus. Der-<lb/> ſelbe hob hervor, daß die „Deutſchland“ nicht fünf Minuten<lb/> lang dem Angriffe der Breitſeite einer ſchweren Corvette zu<lb/> widerſtehen vermöge. Der „Franklin“ wurde überhaupt nach<lb/> jeder Richtung als zu ſchwach für ein Kriegsſchiff gefunden, von<lb/> ſeiner Uebernahme deshalb von vornherein abgeſehen und das<lb/> Fahrzeug mit Dank ſeinem patriotiſchen Eigenthümer Sloman<lb/> zurückgegeben.</p><lb/> <p>Die drei Dampfcorvetten ſtellten ſich ebenfalls als ſehr<lb/> mangelhaft heraus. Die Commiſſion befürwortete nur deshalb<lb/> ihre Uebernahme, weil bereits ſo viel Geld dafür verausgabt<lb/> war und der eingetretene Waffenſtillſtand ſie während des Win-<lb/> ters ſo umzubauen und zu verſtärken erlaubte, daß ſie im näch-<lb/> ſten Frühjahre ziemlich kriegstüchtig ſein konnten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0164]
Werner
deutſchen Handelsflotte. Es meldete ſich eine ſolche Menge,
daß unter den tüchtigſten und intelligenteſten eine Wahl getroffen
werden konnte und im allgemeinen wenig Mißgriffe gemacht
wurden. Die Werbung der Matroſen machte mehr Schwierig-
keiten und die Schiffe hatten keineswegs volle Beſatzungen. Da
indeſſen ſehr bald die Unterhandlungen wegen eines Waffenſtill-
ſtandes begannen und dieſer ſchon Ende Auguſt in Malmö auf
ſieben Monate abgeſchloſſen wurde, mäßigte ſich damit auch die
bisherige Eile der Flottenrüſtungen. Sie verfielen in ein lang-
ſameres Tempo, und um ſo mehr, als mit dem Einſetzen einer
deutſchen Centralgewalt und der Schaffung eines Reichsmini-
ſteriums auch die Angelegenheit der deutſchen Flotte aus den
Händen des Hamburger Comité’s in die des neuen Reichs-
miniſteriums überging, wenngleich dieſes Uebergangsſtadium
mehrere Monate beanſpruchte und erſt im October been-
det war.
Anfang October wurden die Schiffe der Hamburger Flo-
tille von einer Reichscommiſſion, der auch ein engliſcher Marine-
Ingenieur angehörte, behufs Uebernahme auf ihren Zuſtand
unterſucht, jedoch fiel der Bericht nicht ſehr glänzend aus. Der-
ſelbe hob hervor, daß die „Deutſchland“ nicht fünf Minuten
lang dem Angriffe der Breitſeite einer ſchweren Corvette zu
widerſtehen vermöge. Der „Franklin“ wurde überhaupt nach
jeder Richtung als zu ſchwach für ein Kriegsſchiff gefunden, von
ſeiner Uebernahme deshalb von vornherein abgeſehen und das
Fahrzeug mit Dank ſeinem patriotiſchen Eigenthümer Sloman
zurückgegeben.
Die drei Dampfcorvetten ſtellten ſich ebenfalls als ſehr
mangelhaft heraus. Die Commiſſion befürwortete nur deshalb
ihre Uebernahme, weil bereits ſo viel Geld dafür verausgabt
war und der eingetretene Waffenſtillſtand ſie während des Win-
ters ſo umzubauen und zu verſtärken erlaubte, daß ſie im näch-
ſten Frühjahre ziemlich kriegstüchtig ſein konnten.
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