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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Werner
alt, denn damals gebrauchte die Ueberlandpost noch acht Wochen
bis Java, während jetzt kaum mehr als die Hälfte Zeit dazu
erforderlich ist, aber sie lauteten erfreulich und wurden von mir
Vereinsamten mit Jubel begrüßt. Wie manche abendliche Stunde
verging mir trotz der Ermüdung von des Tages Last und Hitze
in angenehmster Befriedigung, wenn ich vor meiner Kiste knieend
bei dem Stümpfchen eines mir vom Steuermanne geschenkten
Lichtes an der Beantwortung der Briefe schrieb und diese, Bogen
an Bogen reihend, sich fast zu einem Buche gestaltete. Ich hatte
so viel zu sagen und zu erzählen, was die Lieben daheim inter-
essirte -- freilich wie es auf dem Grunde meines Herzens aus-
sah, mit welcher Sehnsucht und Reue meine Gedanken hinflogen
zu ihnen, das verschloß ich nach wie vor sorgsam in meinem
Innern und sie sollten es mit meinem Willen nie erfahren.

Eine sehr unangenehme Zugabe für uns war in der ersten
Zeit das Verbot des Trinkens von rohem Wasser aus Gesund-
heitsrücksichten; es durfte nur Theewasser genossen werden.
Jeden Morgen wurden einige Eimer gekocht, aber bei der Hitze
kühlte der Thee nur sehr langsam ab und so hatten wir zum
Löschen des brennenden Durstes nur warmes Wasser. Merk-
würdiger Weise gewöhnte man sich jedoch sehr bald daran und
trank es schließlich gern. Im übrigen war unsere Verpflegung
sehr gut. Es gab täglich frischen Proviant, abwechselnd Hühner,
Schildkröte- und Hammelfleisch, dazu süße Kartoffeln und Yams.
Morgens kam ein chinesischer Händler mit Eiern und Früchten
zu mäßigen Preisen an Bord, von welchen letzteren für mich in
Butter gebratene Bananen damals und seitdem den größten
Leckerbissen bildeten, und wir hatten nach dieser Richtung nicht
zu klagen. Die Witterung war während der ganzen Zeit am
Tage schön, jedoch fast jede Nacht hatten wir Gewitter, die ge-
wöhnlich gegen Mitternacht begannen, zwei bis drei Stunden
anhielten und sich oft mit furchtbarer Wuth entluden.

Unten im Logis konnte man vor Hitze, namentlich aber

Werner
alt, denn damals gebrauchte die Ueberlandpoſt noch acht Wochen
bis Java, während jetzt kaum mehr als die Hälfte Zeit dazu
erforderlich iſt, aber ſie lauteten erfreulich und wurden von mir
Vereinſamten mit Jubel begrüßt. Wie manche abendliche Stunde
verging mir trotz der Ermüdung von des Tages Laſt und Hitze
in angenehmſter Befriedigung, wenn ich vor meiner Kiſte knieend
bei dem Stümpfchen eines mir vom Steuermanne geſchenkten
Lichtes an der Beantwortung der Briefe ſchrieb und dieſe, Bogen
an Bogen reihend, ſich faſt zu einem Buche geſtaltete. Ich hatte
ſo viel zu ſagen und zu erzählen, was die Lieben daheim inter-
eſſirte — freilich wie es auf dem Grunde meines Herzens aus-
ſah, mit welcher Sehnſucht und Reue meine Gedanken hinflogen
zu ihnen, das verſchloß ich nach wie vor ſorgſam in meinem
Innern und ſie ſollten es mit meinem Willen nie erfahren.

Eine ſehr unangenehme Zugabe für uns war in der erſten
Zeit das Verbot des Trinkens von rohem Waſſer aus Geſund-
heitsrückſichten; es durfte nur Theewaſſer genoſſen werden.
Jeden Morgen wurden einige Eimer gekocht, aber bei der Hitze
kühlte der Thee nur ſehr langſam ab und ſo hatten wir zum
Löſchen des brennenden Durſtes nur warmes Waſſer. Merk-
würdiger Weiſe gewöhnte man ſich jedoch ſehr bald daran und
trank es ſchließlich gern. Im übrigen war unſere Verpflegung
ſehr gut. Es gab täglich friſchen Proviant, abwechſelnd Hühner,
Schildkröte- und Hammelfleiſch, dazu ſüße Kartoffeln und Yams.
Morgens kam ein chineſiſcher Händler mit Eiern und Früchten
zu mäßigen Preiſen an Bord, von welchen letzteren für mich in
Butter gebratene Bananen damals und ſeitdem den größten
Leckerbiſſen bildeten, und wir hatten nach dieſer Richtung nicht
zu klagen. Die Witterung war während der ganzen Zeit am
Tage ſchön, jedoch faſt jede Nacht hatten wir Gewitter, die ge-
wöhnlich gegen Mitternacht begannen, zwei bis drei Stunden
anhielten und ſich oft mit furchtbarer Wuth entluden.

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[118/0130] Werner alt, denn damals gebrauchte die Ueberlandpoſt noch acht Wochen bis Java, während jetzt kaum mehr als die Hälfte Zeit dazu erforderlich iſt, aber ſie lauteten erfreulich und wurden von mir Vereinſamten mit Jubel begrüßt. Wie manche abendliche Stunde verging mir trotz der Ermüdung von des Tages Laſt und Hitze in angenehmſter Befriedigung, wenn ich vor meiner Kiſte knieend bei dem Stümpfchen eines mir vom Steuermanne geſchenkten Lichtes an der Beantwortung der Briefe ſchrieb und dieſe, Bogen an Bogen reihend, ſich faſt zu einem Buche geſtaltete. Ich hatte ſo viel zu ſagen und zu erzählen, was die Lieben daheim inter- eſſirte — freilich wie es auf dem Grunde meines Herzens aus- ſah, mit welcher Sehnſucht und Reue meine Gedanken hinflogen zu ihnen, das verſchloß ich nach wie vor ſorgſam in meinem Innern und ſie ſollten es mit meinem Willen nie erfahren. Eine ſehr unangenehme Zugabe für uns war in der erſten Zeit das Verbot des Trinkens von rohem Waſſer aus Geſund- heitsrückſichten; es durfte nur Theewaſſer genoſſen werden. Jeden Morgen wurden einige Eimer gekocht, aber bei der Hitze kühlte der Thee nur ſehr langſam ab und ſo hatten wir zum Löſchen des brennenden Durſtes nur warmes Waſſer. Merk- würdiger Weiſe gewöhnte man ſich jedoch ſehr bald daran und trank es ſchließlich gern. Im übrigen war unſere Verpflegung ſehr gut. Es gab täglich friſchen Proviant, abwechſelnd Hühner, Schildkröte- und Hammelfleiſch, dazu ſüße Kartoffeln und Yams. Morgens kam ein chineſiſcher Händler mit Eiern und Früchten zu mäßigen Preiſen an Bord, von welchen letzteren für mich in Butter gebratene Bananen damals und ſeitdem den größten Leckerbiſſen bildeten, und wir hatten nach dieſer Richtung nicht zu klagen. Die Witterung war während der ganzen Zeit am Tage ſchön, jedoch faſt jede Nacht hatten wir Gewitter, die ge- wöhnlich gegen Mitternacht begannen, zwei bis drei Stunden anhielten und ſich oft mit furchtbarer Wuth entluden. Unten im Logis konnte man vor Hitze, namentlich aber

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/130>, abgerufen am 24.11.2024.