abzusetzen und daraus jene Gerüste zu bilden, deren unendlich vielfache und schöne Formen wir als Korallen bewundern.
Licht und Wärme sind die Lebensbedingungen der bauenden Korallenthiere; deshalb finden wir sie nur innerhalb der Tropen an ihrer nie endenden Arbeit und nicht tiefer als 200 Fuß unter dem Meeresspiegel. In wie großartiger Weise sie aber dort eine Rolle im Haushalt der Schöpfung spielen, dafür mögen die That- sachen sprechen, daß es an der Westküste von Neucaledonien ein Korallenriff von über vierzig Meilen und an der Nordostküste von Australien ein solches von über dreihundert Meilen Länge giebt. Fast alle die prachtvollen Inseln des Stillen Meeres und ein großer Theil derer im Indischen Ocean innerhalb der Tropen sind Producte der Korallen.
Diese Bildungen treten in verschiedenen Formen auf, die charakteristische ist jedoch der Atoll oder die Lagunen Insel. Die Korallenthiere setzen sich an die Seiten eines sich senkenden Bergkegels und bauen mit nie irrendem Instinkt aufwärts, wohin die belebenden und erwärmenden Strahlen der Sonne sie locken, bis sie als ringförmiges Riff die Oberfläche des Meeres erreichen, die ihrer Arbeit eine Grenze setzt. Die brandenden Wogen zerbrechen theilweise an der Außenseite das spröde Ge- äst und werfen die Trümmer nach innen; im Laufe der Jahr- hunderte füllt sich allmälig die eingeschlossene Lagune, das Riff wird erhöht, die Verwitterung der Bruchstücke schafft fruchtbaren Boden, Wind und Strömung tragen Samen herbei und die neugeschaffene Insel deckt sich mit Pflanzen- und Baumwuchs.
Zuerst sind es freilich nur Mangroven und anderes Ge- sträuch, welche Wurzel fassen in dem noch von Seewasser durch- feuchteten Grunde; doch ihr absterbendes Laub schichtet mit- helfend den Humus, der der anschwemmenden Kokosnuß gestattet, zu keimen, als schlanke Palme ihre Blätterkrone hoch in die Lüfte zu erheben und als fruchttragender Baum dem Menschen zu künden, daß wiedererstandenes Land sich zur Cultur bereitet.
R. Werner, Erinnerungen. 8
Eine erſte Seereiſe
abzuſetzen und daraus jene Gerüſte zu bilden, deren unendlich vielfache und ſchöne Formen wir als Korallen bewundern.
Licht und Wärme ſind die Lebensbedingungen der bauenden Korallenthiere; deshalb finden wir ſie nur innerhalb der Tropen an ihrer nie endenden Arbeit und nicht tiefer als 200 Fuß unter dem Meeresſpiegel. In wie großartiger Weiſe ſie aber dort eine Rolle im Haushalt der Schöpfung ſpielen, dafür mögen die That- ſachen ſprechen, daß es an der Weſtküſte von Neucaledonien ein Korallenriff von über vierzig Meilen und an der Nordoſtküſte von Auſtralien ein ſolches von über dreihundert Meilen Länge giebt. Faſt alle die prachtvollen Inſeln des Stillen Meeres und ein großer Theil derer im Indiſchen Ocean innerhalb der Tropen ſind Producte der Korallen.
Dieſe Bildungen treten in verſchiedenen Formen auf, die charakteriſtiſche iſt jedoch der Atoll oder die Lagunen Inſel. Die Korallenthiere ſetzen ſich an die Seiten eines ſich ſenkenden Bergkegels und bauen mit nie irrendem Inſtinkt aufwärts, wohin die belebenden und erwärmenden Strahlen der Sonne ſie locken, bis ſie als ringförmiges Riff die Oberfläche des Meeres erreichen, die ihrer Arbeit eine Grenze ſetzt. Die brandenden Wogen zerbrechen theilweiſe an der Außenſeite das ſpröde Ge- äſt und werfen die Trümmer nach innen; im Laufe der Jahr- hunderte füllt ſich allmälig die eingeſchloſſene Lagune, das Riff wird erhöht, die Verwitterung der Bruchſtücke ſchafft fruchtbaren Boden, Wind und Strömung tragen Samen herbei und die neugeſchaffene Inſel deckt ſich mit Pflanzen- und Baumwuchs.
Zuerſt ſind es freilich nur Mangroven und anderes Ge- ſträuch, welche Wurzel faſſen in dem noch von Seewaſſer durch- feuchteten Grunde; doch ihr abſterbendes Laub ſchichtet mit- helfend den Humus, der der anſchwemmenden Kokosnuß geſtattet, zu keimen, als ſchlanke Palme ihre Blätterkrone hoch in die Lüfte zu erheben und als fruchttragender Baum dem Menſchen zu künden, daß wiedererſtandenes Land ſich zur Cultur bereitet.
R. Werner, Erinnerungen. 8
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Eine erſte Seereiſe
abzuſetzen und daraus jene Gerüſte zu bilden, deren unendlich
vielfache und ſchöne Formen wir als Korallen bewundern.
Licht und Wärme ſind die Lebensbedingungen der bauenden
Korallenthiere; deshalb finden wir ſie nur innerhalb der Tropen
an ihrer nie endenden Arbeit und nicht tiefer als 200 Fuß unter
dem Meeresſpiegel. In wie großartiger Weiſe ſie aber dort eine
Rolle im Haushalt der Schöpfung ſpielen, dafür mögen die That-
ſachen ſprechen, daß es an der Weſtküſte von Neucaledonien ein
Korallenriff von über vierzig Meilen und an der Nordoſtküſte
von Auſtralien ein ſolches von über dreihundert Meilen Länge
giebt. Faſt alle die prachtvollen Inſeln des Stillen Meeres
und ein großer Theil derer im Indiſchen Ocean innerhalb der
Tropen ſind Producte der Korallen.
Dieſe Bildungen treten in verſchiedenen Formen auf, die
charakteriſtiſche iſt jedoch der Atoll oder die Lagunen Inſel. Die
Korallenthiere ſetzen ſich an die Seiten eines ſich ſenkenden
Bergkegels und bauen mit nie irrendem Inſtinkt aufwärts,
wohin die belebenden und erwärmenden Strahlen der Sonne ſie
locken, bis ſie als ringförmiges Riff die Oberfläche des Meeres
erreichen, die ihrer Arbeit eine Grenze ſetzt. Die brandenden
Wogen zerbrechen theilweiſe an der Außenſeite das ſpröde Ge-
äſt und werfen die Trümmer nach innen; im Laufe der Jahr-
hunderte füllt ſich allmälig die eingeſchloſſene Lagune, das Riff
wird erhöht, die Verwitterung der Bruchſtücke ſchafft fruchtbaren
Boden, Wind und Strömung tragen Samen herbei und die
neugeſchaffene Inſel deckt ſich mit Pflanzen- und Baumwuchs.
Zuerſt ſind es freilich nur Mangroven und anderes Ge-
ſträuch, welche Wurzel faſſen in dem noch von Seewaſſer durch-
feuchteten Grunde; doch ihr abſterbendes Laub ſchichtet mit-
helfend den Humus, der der anſchwemmenden Kokosnuß geſtattet,
zu keimen, als ſchlanke Palme ihre Blätterkrone hoch in die
Lüfte zu erheben und als fruchttragender Baum dem Menſchen
zu künden, daß wiedererſtandenes Land ſich zur Cultur bereitet.
R. Werner, Erinnerungen. 8
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/125>, abgerufen am 25.11.2024.
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