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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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als wir am andern Tage auf der Rhede von Anjer, einem
kleinen malayischen Städtchen der Javanischen Provinz Bantam
ankerten. Wir blieben zwar nur wenige Stunden, lediglich zu
dem Zwecke, Erfrischungen zu kaufen und kamen deshalb
nicht an das Land, waren jedoch so nahe dem Ufer, daß wir
mit bloßem Auge alles unterscheiden konnten. Die Hütten der
Eingeborenen lagen malerisch in dem dichten Grün am Abhange
eines Hügels zerstreut, dessen Rücken Anpflanzungen von Kokos-
palmen krönten. Unten am Strande auf einem freien Platze
erhob sich ein gewaltiger Baum von so gigantischen Dimensionen,
als sei er dort hingestellt, um Zeugniß zu geben von der un-
erschöpflichen Kraft und dem Reichthum des Bodens. Weiter-
hin wiegten sich die Blätter der Bananen im lauen Winde und
ihr helles Grün zeichnete deutlich die Conturen gegen den dunk-
len Hintergrund ab. Ich war wie bezaubert von der ebenso
schönen wie lieblichen Scenerie, deren Fremdartigkeit den Reiz
noch erhöhte, doch dann wurde meine Aufmerksamkeit durch
Näherliegendes in Anspruch genommen. Sechs bis acht ma-
layische Boote kamen herangerudert bis an den Rand mit Er-
zeugnissen der Tropenzone, mit Früchten und Thieren der ver-
schiedensten Art gefüllt, und ich wußte nicht, wohin ich das Auge
zuerst wenden sollte. Hier waren es die mächtigen Dolden
goldiger Bananen, dort Ananas, Mangostin, Pampelmus, die
meine Aufmerksamkeit fesselten und das Verlangen nach ihrem
Besitze wachriefen, während anderwärts Hunderte von kleinen
Vögeln, bunte javanische Sperlinge in Käfigen zwitscherten,
Papageien ihr glänzendes Gefieder zeigten, blendend weiße Kaka-
dus ihren hochrothen Kamm aufsetzten, wenn die in ihrer
Nähe befindlichen Affen versuchten, ihnen das Gefieder zu zer-
zausen. Unten im Boote lagen große Schildkröten, daneben
wurden allerliebste Zwerghirsche von der Größe eines Lammes
feilgeboten und auch an mordgierigen Tigerkatzen und anderem
Raubzeuge fehlte es nicht. Dazwischen sah man Korallen und

Werner
als wir am andern Tage auf der Rhede von Anjer, einem
kleinen malayiſchen Städtchen der Javaniſchen Provinz Bantam
ankerten. Wir blieben zwar nur wenige Stunden, lediglich zu
dem Zwecke, Erfriſchungen zu kaufen und kamen deshalb
nicht an das Land, waren jedoch ſo nahe dem Ufer, daß wir
mit bloßem Auge alles unterſcheiden konnten. Die Hütten der
Eingeborenen lagen maleriſch in dem dichten Grün am Abhange
eines Hügels zerſtreut, deſſen Rücken Anpflanzungen von Kokos-
palmen krönten. Unten am Strande auf einem freien Platze
erhob ſich ein gewaltiger Baum von ſo gigantiſchen Dimenſionen,
als ſei er dort hingeſtellt, um Zeugniß zu geben von der un-
erſchöpflichen Kraft und dem Reichthum des Bodens. Weiter-
hin wiegten ſich die Blätter der Bananen im lauen Winde und
ihr helles Grün zeichnete deutlich die Conturen gegen den dunk-
len Hintergrund ab. Ich war wie bezaubert von der ebenſo
ſchönen wie lieblichen Scenerie, deren Fremdartigkeit den Reiz
noch erhöhte, doch dann wurde meine Aufmerkſamkeit durch
Näherliegendes in Anſpruch genommen. Sechs bis acht ma-
layiſche Boote kamen herangerudert bis an den Rand mit Er-
zeugniſſen der Tropenzone, mit Früchten und Thieren der ver-
ſchiedenſten Art gefüllt, und ich wußte nicht, wohin ich das Auge
zuerſt wenden ſollte. Hier waren es die mächtigen Dolden
goldiger Bananen, dort Ananas, Mangoſtin, Pampelmus, die
meine Aufmerkſamkeit feſſelten und das Verlangen nach ihrem
Beſitze wachriefen, während anderwärts Hunderte von kleinen
Vögeln, bunte javaniſche Sperlinge in Käfigen zwitſcherten,
Papageien ihr glänzendes Gefieder zeigten, blendend weiße Kaka-
dus ihren hochrothen Kamm aufſetzten, wenn die in ihrer
Nähe befindlichen Affen verſuchten, ihnen das Gefieder zu zer-
zauſen. Unten im Boote lagen große Schildkröten, daneben
wurden allerliebſte Zwerghirſche von der Größe eines Lammes
feilgeboten und auch an mordgierigen Tigerkatzen und anderem
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[110/0122] Werner als wir am andern Tage auf der Rhede von Anjer, einem kleinen malayiſchen Städtchen der Javaniſchen Provinz Bantam ankerten. Wir blieben zwar nur wenige Stunden, lediglich zu dem Zwecke, Erfriſchungen zu kaufen und kamen deshalb nicht an das Land, waren jedoch ſo nahe dem Ufer, daß wir mit bloßem Auge alles unterſcheiden konnten. Die Hütten der Eingeborenen lagen maleriſch in dem dichten Grün am Abhange eines Hügels zerſtreut, deſſen Rücken Anpflanzungen von Kokos- palmen krönten. Unten am Strande auf einem freien Platze erhob ſich ein gewaltiger Baum von ſo gigantiſchen Dimenſionen, als ſei er dort hingeſtellt, um Zeugniß zu geben von der un- erſchöpflichen Kraft und dem Reichthum des Bodens. Weiter- hin wiegten ſich die Blätter der Bananen im lauen Winde und ihr helles Grün zeichnete deutlich die Conturen gegen den dunk- len Hintergrund ab. Ich war wie bezaubert von der ebenſo ſchönen wie lieblichen Scenerie, deren Fremdartigkeit den Reiz noch erhöhte, doch dann wurde meine Aufmerkſamkeit durch Näherliegendes in Anſpruch genommen. Sechs bis acht ma- layiſche Boote kamen herangerudert bis an den Rand mit Er- zeugniſſen der Tropenzone, mit Früchten und Thieren der ver- ſchiedenſten Art gefüllt, und ich wußte nicht, wohin ich das Auge zuerſt wenden ſollte. Hier waren es die mächtigen Dolden goldiger Bananen, dort Ananas, Mangoſtin, Pampelmus, die meine Aufmerkſamkeit feſſelten und das Verlangen nach ihrem Beſitze wachriefen, während anderwärts Hunderte von kleinen Vögeln, bunte javaniſche Sperlinge in Käfigen zwitſcherten, Papageien ihr glänzendes Gefieder zeigten, blendend weiße Kaka- dus ihren hochrothen Kamm aufſetzten, wenn die in ihrer Nähe befindlichen Affen verſuchten, ihnen das Gefieder zu zer- zauſen. Unten im Boote lagen große Schildkröten, daneben wurden allerliebſte Zwerghirſche von der Größe eines Lammes feilgeboten und auch an mordgierigen Tigerkatzen und anderem Raubzeuge fehlte es nicht. Dazwiſchen ſah man Korallen und

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/122>, abgerufen am 24.11.2024.