"Ich sage Dir, Schweizer, da ist etwas unklar," hub der Bootsmann wieder an, "das ist nicht die Manier der Wale, so auf einem Fleck zu hocken, das habe ich noch nie gesehen."
"Vielleicht sehen sie unser Schiff und ängstigen sich davor," erwiederte ich.
"O, Gott bewahre, vor Schiffen haben sie keine Furcht, das habe ich einmal in der Südsee auf eine Weise erfahren, an die ich noch heute mit Schaudern denke -- nein, es muß etwas anderes sein! Sieh! sieh! was der Bulle macht!"
Das Thier flog aus seiner schrägen Lage, wie ein Blitz, nach links, fast um einen Viertelkreis herum und schoß dabei etwa 50 Schritt voraus, gegen unser Schiff hin, so daß wir ihn noch viel deutlicher als vorhin sahen. Gleichzeitig hoben sich wieder die Schwänze der Kühe in die Luft; wie ein Lauf- feuer von Geschützen schlugen sie krachend damit das Wasser, daß es hoch aufschäumte und schossen dann fast perpendiculär in die Tiefe.
"Das ist kein Spiel mehr," sagte der Bootsmann, "das ist bitterer Ernst -- es muß ein schrecklicher Feind in der Nähe sein. -- Ah, ich habe mich nicht geirrt, dort ist er! Schwertfische!"
Ich folgte der Richtung der Hand und sah jetzt die vom Bootsmann entdeckten Fische. Es waren sechs, von 15 bis 16 Fuß Länge; sie kamen mit fliegender Fahrt unter unserm Schiffsboden hervorgeschossen und nahmen ihre Richtung auf den sie offenbar erwartenden Bullen. In dem Augenblicke jedoch, als wir sie sahen, theilten sie sich, nur zwei behielten ihren Curs bei, die übrigen bogen nach rechts ab, wahrscheinlich um den fliehenden Kühen zu folgen. Die beiden ersteren, etwa zehn Schritt von einander entfernt, nahmen ihren Weg auf die Flanke des Walfisches -- in wenigen Secunden mußten sie ihn erreichen und dann war er verloren. Da erfolgte wieder die unbegreiflich blitzschnelle Drehung, diesmal nach rechts; der Kopf
Eine erſte Seereiſe
„Ich ſage Dir, Schweizer, da iſt etwas unklar,“ hub der Bootsmann wieder an, „das iſt nicht die Manier der Wale, ſo auf einem Fleck zu hocken, das habe ich noch nie geſehen.“
„O, Gott bewahre, vor Schiffen haben ſie keine Furcht, das habe ich einmal in der Südſee auf eine Weiſe erfahren, an die ich noch heute mit Schaudern denke — nein, es muß etwas anderes ſein! Sieh! ſieh! was der Bulle macht!“
Das Thier flog aus ſeiner ſchrägen Lage, wie ein Blitz, nach links, faſt um einen Viertelkreis herum und ſchoß dabei etwa 50 Schritt voraus, gegen unſer Schiff hin, ſo daß wir ihn noch viel deutlicher als vorhin ſahen. Gleichzeitig hoben ſich wieder die Schwänze der Kühe in die Luft; wie ein Lauf- feuer von Geſchützen ſchlugen ſie krachend damit das Waſſer, daß es hoch aufſchäumte und ſchoſſen dann faſt perpendiculär in die Tiefe.
„Das iſt kein Spiel mehr,“ ſagte der Bootsmann, „das iſt bitterer Ernſt — es muß ein ſchrecklicher Feind in der Nähe ſein. — Ah, ich habe mich nicht geirrt, dort iſt er! Schwertfiſche!“
Ich folgte der Richtung der Hand und ſah jetzt die vom Bootsmann entdeckten Fiſche. Es waren ſechs, von 15 bis 16 Fuß Länge; ſie kamen mit fliegender Fahrt unter unſerm Schiffsboden hervorgeſchoſſen und nahmen ihre Richtung auf den ſie offenbar erwartenden Bullen. In dem Augenblicke jedoch, als wir ſie ſahen, theilten ſie ſich, nur zwei behielten ihren Curs bei, die übrigen bogen nach rechts ab, wahrſcheinlich um den fliehenden Kühen zu folgen. Die beiden erſteren, etwa zehn Schritt von einander entfernt, nahmen ihren Weg auf die Flanke des Walfiſches — in wenigen Secunden mußten ſie ihn erreichen und dann war er verloren. Da erfolgte wieder die unbegreiflich blitzſchnelle Drehung, diesmal nach rechts; der Kopf
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[93/0105]
Eine erſte Seereiſe
„Ich ſage Dir, Schweizer, da iſt etwas unklar,“ hub der
Bootsmann wieder an, „das iſt nicht die Manier der Wale,
ſo auf einem Fleck zu hocken, das habe ich noch nie geſehen.“
„Vielleicht ſehen ſie unſer Schiff und ängſtigen ſich davor,“
erwiederte ich.
„O, Gott bewahre, vor Schiffen haben ſie keine Furcht,
das habe ich einmal in der Südſee auf eine Weiſe erfahren,
an die ich noch heute mit Schaudern denke — nein, es muß
etwas anderes ſein! Sieh! ſieh! was der Bulle macht!“
Das Thier flog aus ſeiner ſchrägen Lage, wie ein Blitz,
nach links, faſt um einen Viertelkreis herum und ſchoß dabei
etwa 50 Schritt voraus, gegen unſer Schiff hin, ſo daß wir
ihn noch viel deutlicher als vorhin ſahen. Gleichzeitig hoben
ſich wieder die Schwänze der Kühe in die Luft; wie ein Lauf-
feuer von Geſchützen ſchlugen ſie krachend damit das Waſſer,
daß es hoch aufſchäumte und ſchoſſen dann faſt perpendiculär in
die Tiefe.
„Das iſt kein Spiel mehr,“ ſagte der Bootsmann, „das
iſt bitterer Ernſt — es muß ein ſchrecklicher Feind in der
Nähe ſein. — Ah, ich habe mich nicht geirrt, dort iſt er!
Schwertfiſche!“
Ich folgte der Richtung der Hand und ſah jetzt die vom
Bootsmann entdeckten Fiſche. Es waren ſechs, von 15 bis
16 Fuß Länge; ſie kamen mit fliegender Fahrt unter unſerm
Schiffsboden hervorgeſchoſſen und nahmen ihre Richtung auf
den ſie offenbar erwartenden Bullen. In dem Augenblicke
jedoch, als wir ſie ſahen, theilten ſie ſich, nur zwei behielten
ihren Curs bei, die übrigen bogen nach rechts ab, wahrſcheinlich
um den fliehenden Kühen zu folgen. Die beiden erſteren, etwa
zehn Schritt von einander entfernt, nahmen ihren Weg auf die
Flanke des Walfiſches — in wenigen Secunden mußten ſie ihn
erreichen und dann war er verloren. Da erfolgte wieder die
unbegreiflich blitzſchnelle Drehung, diesmal nach rechts; der Kopf
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/105>, abgerufen am 25.11.2024.
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