3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge- steigerte,
und ungleich angehäufte Empfind- lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend
und abstumpfend.
Die reitzende Wirkung des warmen Ba- des hat man noch durch Zusatz von
andern Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind in dieser Beziehung
warme Laugenbäder. Sie wurden vorzüglich von Stütz,
nöthigenfalls noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr- mal täglich gegen
den Wundstarrkrampf mit dem besten Erfolg gebraucht. Von andern wurden Bäder
mit aromatischen Kräutern vor- gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir- kung
auf die Haut-Ausdünstung und also ent- weder zur Einleitung der Krise oder
gegen das causale Moment gerichtet, den Laugen- Bädern weit nach, denn ihre
Wirkung als Gegenreitz ist viel schwächer.
Kalte Bäder haben schon a priori den Grund gegen sich, dass sie die Contraction
und Starr- heit der Muskeln vermehren, und die Erfah- rung hat ihren Nutzen auch
nicht sehr be- währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken könne, beurtheilte schon
Hippokrates sehr rich- tig, indem er bey Erzählung eines
Falls, worin ein junger Mann von starkem Körperbau durch kalte Uebergiessung
vom Tetanus geheilt wurde, hinzufügt: caloris revocationem efficit,
calor
3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge- steigerte,
und ungleich angehäufte Empfind- lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend
und abstumpfend.
Die reitzende Wirkung des warmen Ba- des hat man noch durch Zusatz von
andern Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind in dieser Beziehung
warme Laugenbäder. Sie wurden vorzüglich von Stütz,
nöthigenfalls noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr- mal täglich gegen
den Wundstarrkrampf mit dem besten Erfolg gebraucht. Von andern wurden Bäder
mit aromatischen Kräutern vor- gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir- kung
auf die Haut-Ausdünstung und also ent- weder zur Einleitung der Krise oder
gegen das causale Moment gerichtet, den Laugen- Bädern weit nach, denn ihre
Wirkung als Gegenreitz ist viel schwächer.
Kalte Bäder haben schon a priori den Grund gegen sich, dass sie die Contraction
und Starr- heit der Muskeln vermehren, und die Erfah- rung hat ihren Nutzen auch
nicht sehr be- währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken könne, beurtheilte schon
Hippokrates sehr rich- tig, indem er bey Erzählung eines
Falls, worin ein junger Mann von starkem Körperbau durch kalte Uebergiessung
vom Tetanus geheilt wurde, hinzufügt: caloris revocationem efficit,
calor
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3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge-
steigerte, und ungleich angehäufte Empfind-
lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend und
abstumpfend.
Die reitzende Wirkung des warmen Ba-
des hat man noch durch Zusatz von andern
Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind
in dieser Beziehung warme Laugenbäder. Sie
wurden vorzüglich von Stütz, nöthigenfalls
noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr-
mal täglich gegen den Wundstarrkrampf mit
dem besten Erfolg gebraucht. Von andern
wurden Bäder mit aromatischen Kräutern vor-
gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir-
kung auf die Haut-Ausdünstung und also ent-
weder zur Einleitung der Krise oder gegen
das causale Moment gerichtet, den Laugen-
Bädern weit nach, denn ihre Wirkung als
Gegenreitz ist viel schwächer.
Kalte Bäder haben schon a priori den Grund
gegen sich, dass sie die Contraction und Starr-
heit der Muskeln vermehren, und die Erfah-
rung hat ihren Nutzen auch nicht sehr be-
währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken
könne, beurtheilte schon Hippokrates sehr rich-
tig, indem er bey Erzählung eines Falls, worin
ein junger Mann von starkem Körperbau durch
kalte Uebergiessung vom Tetanus geheilt wurde,
hinzufügt: caloris revocationem efficit, calor
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Weiss, Philipp Friedrich: Ueber den Starrkrampf. Stuttgart, 1824, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824/87>, abgerufen am 17.02.2025.
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