Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weiss, Philipp Friedrich: Ueber den Starrkrampf. Stuttgart, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite


gewissermassen als todt, kein noch so inten-
siver Impuls des Willens vermag dieselbe von
der Muskelthätigkeit loszureissen und der Seele
unterzuordnen, und dieses Wirkungsvermögen
ist andauernd so auf die höchste Muskel-Func-
tion verwendet, dass diese im gesunden Zu-
stand durch den Impuls des Willens nicht so
hoch gesteigert werden kann. Dabey ist der
entgegengesetzte Pol des Nerven-Systems frey
und noch gesteigert; das Sensorium commune
ist nicht getrübt, sondern parallel mit der er-
höhten Sensibilität gegen alle äusseren Ein-
drücke so empfänglich, dass auch die unbe-
deutenderen derselben zu stark sind, daher
unangenehme Gefühle oder Schmerz bewirken;
und der innere abnorme Zustand wird deut-
licher empfunden; aus beyden Ursachen der
erhöhten Sensibilität gegen innere und äussere
Verhältnisse muss nothwendig Angst und Nie-
dergeschlagenheit entstehen.

Noch scheint mir die Betrachtung einer
Potenz, welche; auf den Organismus einwir-
kend, den Tetanus vor unseren Augen entste-
hen lässt, und ihn von seinen leisesten An-
fängen bis zu seiner höchsten Entwickelung
durchführt, für die Erforschung des Wesens
desselben von nicht unbedeutendem Werth;
ich meine die Nux vomica, und die ihr ähn-
lich wirkenden Mittel. Ihre gelindeste Wir-

4


gewissermassen als todt, kein noch so inten-
siver Impuls des Willens vermag dieselbe von
der Muskelthätigkeit loszureissen und der Seele
unterzuordnen, und dieses Wirkungsvermögen
ist andauernd so auf die höchste Muskel-Func-
tion verwendet, dass diese im gesunden Zu-
stand durch den Impuls des Willens nicht so
hoch gesteigert werden kann. Dabey ist der
entgegengesetzte Pol des Nerven-Systems frey
und noch gesteigert; das Sensorium commune
ist nicht getrübt, sondern parallel mit der er-
höhten Sensibilität gegen alle äusseren Ein-
drücke so empfänglich, dass auch die unbe-
deutenderen derselben zu stark sind, daher
unangenehme Gefühle oder Schmerz bewirken;
und der innere abnorme Zustand wird deut-
licher empfunden; aus beyden Ursachen der
erhöhten Sensibilität gegen innere und äussere
Verhältnisse muss nothwendig Angst und Nie-
dergeschlagenheit entstehen.

Noch scheint mir die Betrachtung einer
Potenz, welche; auf den Organismus einwir-
kend, den Tetanus vor unseren Augen entste-
hen lässt, und ihn von seinen leisesten An-
fängen bis zu seiner höchsten Entwickelung
durchführt, für die Erforschung des Wesens
desselben von nicht unbedeutendem Werth;
ich meine die Nux vomica, und die ihr ähn-
lich wirkenden Mittel. Ihre gelindeste Wir-

4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0059" n="49"/><lb/>
gewissermassen als todt, kein noch so
                inten-<lb/>
siver Impuls des Willens vermag dieselbe von<lb/>
der Muskelthätigkeit
                loszureissen und der Seele<lb/>
unterzuordnen, und dieses Wirkungsvermögen<lb/>
ist
                andauernd so auf die höchste Muskel-Func-<lb/>
tion verwendet, dass diese im gesunden
                Zu-<lb/>
stand durch den Impuls des Willens nicht so<lb/>
hoch gesteigert werden kann.
                Dabey ist der<lb/>
entgegengesetzte Pol des Nerven-Systems frey<lb/>
und noch
                gesteigert; das Sensorium commune<lb/>
ist nicht getrübt, sondern parallel mit der
                er-<lb/>
höhten Sensibilität gegen alle äusseren Ein-<lb/>
drücke so empfänglich, dass
                auch die unbe-<lb/>
deutenderen derselben zu stark sind, daher<lb/>
unangenehme Gefühle
                oder Schmerz bewirken;<lb/>
und der innere abnorme Zustand wird deut-<lb/>
licher
                empfunden; aus beyden Ursachen der<lb/>
erhöhten Sensibilität gegen innere und
                äussere<lb/>
Verhältnisse muss nothwendig Angst und Nie-<lb/>
dergeschlagenheit
                entstehen. </p><lb/>
        <p>Noch scheint mir die Betrachtung einer<lb/>
Potenz, welche; auf den Organismus
                einwir-<lb/>
kend, den Tetanus vor unseren Augen entste-<lb/>
hen lässt, und ihn von
                seinen leisesten An-<lb/>
fängen bis zu seiner höchsten Entwickelung<lb/>
durchführt,
                für die Erforschung des Wesens<lb/>
desselben von nicht unbedeutendem Werth;<lb/>
ich
                meine die Nux vomica, und die ihr ähn-<lb/>
lich wirkenden Mittel. Ihre gelindeste
                   Wir-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0059] gewissermassen als todt, kein noch so inten- siver Impuls des Willens vermag dieselbe von der Muskelthätigkeit loszureissen und der Seele unterzuordnen, und dieses Wirkungsvermögen ist andauernd so auf die höchste Muskel-Func- tion verwendet, dass diese im gesunden Zu- stand durch den Impuls des Willens nicht so hoch gesteigert werden kann. Dabey ist der entgegengesetzte Pol des Nerven-Systems frey und noch gesteigert; das Sensorium commune ist nicht getrübt, sondern parallel mit der er- höhten Sensibilität gegen alle äusseren Ein- drücke so empfänglich, dass auch die unbe- deutenderen derselben zu stark sind, daher unangenehme Gefühle oder Schmerz bewirken; und der innere abnorme Zustand wird deut- licher empfunden; aus beyden Ursachen der erhöhten Sensibilität gegen innere und äussere Verhältnisse muss nothwendig Angst und Nie- dergeschlagenheit entstehen. Noch scheint mir die Betrachtung einer Potenz, welche; auf den Organismus einwir- kend, den Tetanus vor unseren Augen entste- hen lässt, und ihn von seinen leisesten An- fängen bis zu seiner höchsten Entwickelung durchführt, für die Erforschung des Wesens desselben von nicht unbedeutendem Werth; ich meine die Nux vomica, und die ihr ähn- lich wirkenden Mittel. Ihre gelindeste Wir- 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning, Hannah Sophia Glaum: Bereitstellung der Texttranskription und strukturellen Auszeichnung. (2013-05-03T12:17:31Z)
Bayerische StaatsBibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-05-03T12:17:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung wurde aufgehoben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824/59
Zitationshilfe: Weiss, Philipp Friedrich: Ueber den Starrkrampf. Stuttgart, 1824, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824/59>, abgerufen am 23.11.2024.