Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893.sich der ganzen Masse der somatic cells des mütterlichen Wenn Herbert Spencer auch nur einen Blick in sich der ganzen Masse der somatic cells des mütterlichen Wenn Herbert Spencer auch nur einen Blick in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="84"/> sich der ganzen Masse der somatic cells des mütterlichen<lb/> Körpers mittheile, ist eine so phantastische, dass ich wohl<lb/> mit <hi rendition="#g">Spencer</hi> sagen darf: „let us not be content with words,<lb/> but look at the facts“! Die Thatsachen aber, auf welche er<lb/> sich dabei beruft, sind wohl in diesem Sinne durchaus un-<lb/> verwerthbar. Allerdings hat <hi rendition="#g">Sedgwick</hi> beobachtet, dass<lb/> die Zellen des Peripatus-Embryo ein sog. Syncytium bilden,<lb/> d. h. dass ihre Zellkörper sichtbarlich nicht voneinander<lb/> geschieden sind, auch ist es bekannt, dass bei Pflanzen und<lb/> bei Thieren die Zellen mancher oder vieler Gewebe durch<lb/> protoplasmatische Ausläufer in Verbindung stehen, aber be-<lb/> weist das, dass Keimplasma auf diesem Wege von Zelle zu<lb/> Zelle transportirt wird? Der Nachweis, dass eine Land-<lb/> strasse von London nach Oxford führt, genügt nicht, um zu<lb/> beweisen, dass Peter sie gegangen ist.</p><lb/> <p>Wenn <hi rendition="#g">Herbert Spencer</hi> auch nur einen Blick in<lb/> meine Aufsätze V, VI und XII geworfen hätte, so wäre es<lb/> unerklärlich, wie er die Forschungen des letzten Jahrzehnts<lb/> über das mikroskopische Verhalten des Zellkerns bei seinen<lb/> Hypothesen so gänzlich ausser Acht lassen konnte. Wir<lb/> besitzen doch heute eine Fülle von Thatsachen, welche mit<lb/> Sicherheit schliessen lassen, dass die Vererbungssubstanz im<lb/> Kern der Keimzelle enthalten und dort derart eingeschlossen<lb/> und sorgfältig aufbewahrt ist, dass sie niemals als Ganzes<lb/> aus der Kernkapsel herauskommt. Soll sie einer anderen<lb/> Zelle mitgetheilt werden, so geschieht dies auf dem Wege<lb/> der Kern- und Zelltheilung. Ein besonderer Apparat von<lb/> erstaunlicher Feinheit und Präcision ist dafür in der Zelle<lb/> enthalten, dessen wunderbarer Mechanismus heute noch den<lb/> Gegenstand eifriger Forschung unserer besten Mikroskopiker<lb/> auf botanischem, wie auf zoologischem Gebiete bildet. <hi rendition="#g">Wozu<lb/></hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [84/0096]
sich der ganzen Masse der somatic cells des mütterlichen
Körpers mittheile, ist eine so phantastische, dass ich wohl
mit Spencer sagen darf: „let us not be content with words,
but look at the facts“! Die Thatsachen aber, auf welche er
sich dabei beruft, sind wohl in diesem Sinne durchaus un-
verwerthbar. Allerdings hat Sedgwick beobachtet, dass
die Zellen des Peripatus-Embryo ein sog. Syncytium bilden,
d. h. dass ihre Zellkörper sichtbarlich nicht voneinander
geschieden sind, auch ist es bekannt, dass bei Pflanzen und
bei Thieren die Zellen mancher oder vieler Gewebe durch
protoplasmatische Ausläufer in Verbindung stehen, aber be-
weist das, dass Keimplasma auf diesem Wege von Zelle zu
Zelle transportirt wird? Der Nachweis, dass eine Land-
strasse von London nach Oxford führt, genügt nicht, um zu
beweisen, dass Peter sie gegangen ist.
Wenn Herbert Spencer auch nur einen Blick in
meine Aufsätze V, VI und XII geworfen hätte, so wäre es
unerklärlich, wie er die Forschungen des letzten Jahrzehnts
über das mikroskopische Verhalten des Zellkerns bei seinen
Hypothesen so gänzlich ausser Acht lassen konnte. Wir
besitzen doch heute eine Fülle von Thatsachen, welche mit
Sicherheit schliessen lassen, dass die Vererbungssubstanz im
Kern der Keimzelle enthalten und dort derart eingeschlossen
und sorgfältig aufbewahrt ist, dass sie niemals als Ganzes
aus der Kernkapsel herauskommt. Soll sie einer anderen
Zelle mitgetheilt werden, so geschieht dies auf dem Wege
der Kern- und Zelltheilung. Ein besonderer Apparat von
erstaunlicher Feinheit und Präcision ist dafür in der Zelle
enthalten, dessen wunderbarer Mechanismus heute noch den
Gegenstand eifriger Forschung unserer besten Mikroskopiker
auf botanischem, wie auf zoologischem Gebiete bildet. Wozu
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