Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893.Arbeitstheilung in die Functionen zur Erhaltung der Species Arbeitstheilung in die Functionen zur Erhaltung der Species <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="66"/> Arbeitstheilung in die Functionen zur Erhaltung der Species<lb/> getheilt haben; die somatischen übernehmen die Ernährung<lb/> im weitesten Sinne des Wortes, die propagatorischen die<lb/> Fortpflanzung. Er beginnt damit, schon die Beziehung der<lb/> beiden Zellenarten auf Arbeitstheilung als eine falsche Auf-<lb/> fassung (fallacious interpretation) zu bezeichnen. Arbeits-<lb/> theilung beruhe auf einem <hi rendition="#g">Austausch von Diensten</hi>,<lb/> hier aber finde kein Austausch statt. Nach meiner Ansicht<lb/> besagt der Ausdruck Arbeitstheilung, dass die Leistungen,<lb/> welche früher von jedem Mitglied einer Gemeinde geleistet<lb/> wurden, jetzt einzeln auf verschiedene Mitglieder derselben<lb/> vertheilt sind, und in diesem Sinne ist die Differenzirung<lb/> einer früher gleichartigen Zellenkolonie in eine aus soma-<lb/> tischen und propagatorischen Zellen zusammengesetzte un-<lb/> bestreitbar nach dem Princip der Arbeitstheilung erfolgt,<lb/> ganz abgesehen davon, ob die somatischen Zellen einen<lb/> Vortheil von den propagatorischen haben oder nicht. <hi rendition="#g">Der<lb/> Vortheil kommt dem Ganzen zu gut</hi>, und in diesem<lb/> Sinne ist der Ausdruck seit vierzig Jahren in der Biologie<lb/> üblich, seitdem <hi rendition="#g">Rudolph Leuckart</hi> die Siphonophoren-<lb/> stöcke als Kolonien aufzufassen lehrte, deren Personen<lb/> „nach dem Princip der Arbeitstheilung“ differenzirt sind.<lb/> Gewiss ist der Ausdruck zuerst von den Verhältnissen der<lb/> menschlichen Gesellschaft hergenommen, und dort kann man<lb/> sagen, dass er zugleich einen Austausch von Diensten ein-<lb/> schliesst, aber wenn man ihn auf den Organismus über-<lb/> trägt, so tritt dieser Theil des Begriffes zurück gegenüber<lb/> dem <hi rendition="#g">der Differenzirung der Theile zu höherer<lb/> Gesammtleistung des Ganzen</hi>. Es ist irrig, dass hier<lb/> stets ein Austausch von Diensten stattfinde, und es ist auch<lb/> irrig, dass in diesem Austausch „the essential nature of this<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0078]
Arbeitstheilung in die Functionen zur Erhaltung der Species
getheilt haben; die somatischen übernehmen die Ernährung
im weitesten Sinne des Wortes, die propagatorischen die
Fortpflanzung. Er beginnt damit, schon die Beziehung der
beiden Zellenarten auf Arbeitstheilung als eine falsche Auf-
fassung (fallacious interpretation) zu bezeichnen. Arbeits-
theilung beruhe auf einem Austausch von Diensten,
hier aber finde kein Austausch statt. Nach meiner Ansicht
besagt der Ausdruck Arbeitstheilung, dass die Leistungen,
welche früher von jedem Mitglied einer Gemeinde geleistet
wurden, jetzt einzeln auf verschiedene Mitglieder derselben
vertheilt sind, und in diesem Sinne ist die Differenzirung
einer früher gleichartigen Zellenkolonie in eine aus soma-
tischen und propagatorischen Zellen zusammengesetzte un-
bestreitbar nach dem Princip der Arbeitstheilung erfolgt,
ganz abgesehen davon, ob die somatischen Zellen einen
Vortheil von den propagatorischen haben oder nicht. Der
Vortheil kommt dem Ganzen zu gut, und in diesem
Sinne ist der Ausdruck seit vierzig Jahren in der Biologie
üblich, seitdem Rudolph Leuckart die Siphonophoren-
stöcke als Kolonien aufzufassen lehrte, deren Personen
„nach dem Princip der Arbeitstheilung“ differenzirt sind.
Gewiss ist der Ausdruck zuerst von den Verhältnissen der
menschlichen Gesellschaft hergenommen, und dort kann man
sagen, dass er zugleich einen Austausch von Diensten ein-
schliesst, aber wenn man ihn auf den Organismus über-
trägt, so tritt dieser Theil des Begriffes zurück gegenüber
dem der Differenzirung der Theile zu höherer
Gesammtleistung des Ganzen. Es ist irrig, dass hier
stets ein Austausch von Diensten stattfinde, und es ist auch
irrig, dass in diesem Austausch „the essential nature of this
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