neben diesem Einfluss der "cessation of selection" noch die directe Wirkung des Nichtgebrauchs als Vererbung func- tioneller Atrophie, economy of growth u. s. w. mit an dem Verkümmern eines Organs arbeiteten, dann war es unmög- lich, dessen Thätigkeit überhaupt als existirend zu erweisen, weil seine Wirkung stets mit der der anderen Factoren vermischt sein musste. Nur wenn er die Arbeiterinnen der koloniebildenden Insecten herbeigezogen hätte, würde Ro- manes erkannt haben, dass der Factor, welchen er richtig erschlossen hatte, allein im Stande ist, Rückbildung zu veranlassen, dass er also der Haupt- Factor dabei ist; dies hätte aber zugleich seine Ueberzeugung von der Vererbung functioneller Abänderungen umstürzen müssen, und er würde dann seinen Artikel nicht mit den Worten geschlossen haben: "However, as before remarked, the question thus raised is of no practical importance; since whether or not disuse is the principal cause of atrophy in species, there is no doubt, that atrophy accompanies disuse." So kam es, dass ein völlig berechtigter Gedanke nicht zur Geltung kommen konnte und so gut wie gänzlich wieder in Vergessenheit gerieth. Romanes meinte, dass Nichtgebrauch doch nur einen Theil des Verkümmerns erkläre, und dass dann "ces- sation of selection" einsetze. So erkläre es sich, warum die Reduction der Flügel bei Ente und Gans so verschieden sei, da der Nichtgebrauch doch gleich stark sei. Aber die Arten variirten eben verschieden stark. -- Dies ist nun nach meiner Meinung ganz richtig, insofern Panmixie in der That von der Variabilität der betreffenden Art abhängt in Bezug auf das Tempo ihrer Wirkung; deshalb deuten solche Fälle wie Ente und Gans darauf hin, dass Nichtgebrauch nicht die wahre und directe Ursache des Rudi-
neben diesem Einfluss der „cessation of selection“ noch die directe Wirkung des Nichtgebrauchs als Vererbung func- tioneller Atrophie, economy of growth u. s. w. mit an dem Verkümmern eines Organs arbeiteten, dann war es unmög- lich, dessen Thätigkeit überhaupt als existirend zu erweisen, weil seine Wirkung stets mit der der anderen Factoren vermischt sein musste. Nur wenn er die Arbeiterinnen der koloniebildenden Insecten herbeigezogen hätte, würde Ro- manes erkannt haben, dass der Factor, welchen er richtig erschlossen hatte, allein im Stande ist, Rückbildung zu veranlassen, dass er also der Haupt- Factor dabei ist; dies hätte aber zugleich seine Ueberzeugung von der Vererbung functioneller Abänderungen umstürzen müssen, und er würde dann seinen Artikel nicht mit den Worten geschlossen haben: „However, as before remarked, the question thus raised is of no practical importance; since whether or not disuse is the principal cause of atrophy in species, there is no doubt, that atrophy accompanies disuse.“ So kam es, dass ein völlig berechtigter Gedanke nicht zur Geltung kommen konnte und so gut wie gänzlich wieder in Vergessenheit gerieth. Romanes meinte, dass Nichtgebrauch doch nur einen Theil des Verkümmerns erkläre, und dass dann „ces- sation of selection“ einsetze. So erkläre es sich, warum die Reduction der Flügel bei Ente und Gans so verschieden sei, da der Nichtgebrauch doch gleich stark sei. Aber die Arten variirten eben verschieden stark. — Dies ist nun nach meiner Meinung ganz richtig, insofern Panmixie in der That von der Variabilität der betreffenden Art abhängt in Bezug auf das Tempo ihrer Wirkung; deshalb deuten solche Fälle wie Ente und Gans darauf hin, dass Nichtgebrauch nicht die wahre und directe Ursache des Rudi-
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neben diesem Einfluss der „cessation of selection“ noch die
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Verkümmern eines Organs arbeiteten, dann war es unmög-
lich, dessen Thätigkeit überhaupt als existirend zu erweisen,
weil seine Wirkung stets mit der der anderen Factoren
vermischt sein musste. Nur wenn er die Arbeiterinnen der
koloniebildenden Insecten herbeigezogen hätte, würde Ro-
manes erkannt haben, dass der Factor, welchen er richtig
erschlossen hatte, allein im Stande ist, Rückbildung zu
veranlassen, dass er also der Haupt- Factor dabei ist; dies
hätte aber zugleich seine Ueberzeugung von der Vererbung
functioneller Abänderungen umstürzen müssen, und er
würde dann seinen Artikel nicht mit den Worten geschlossen
haben: „However, as before remarked, the question thus
raised is of no practical importance; since whether or not
disuse is the principal cause of atrophy in species, there is
no doubt, that atrophy accompanies disuse.“ So kam es,
dass ein völlig berechtigter Gedanke nicht zur Geltung kommen
konnte und so gut wie gänzlich wieder in Vergessenheit
gerieth. Romanes meinte, dass Nichtgebrauch doch nur
einen Theil des Verkümmerns erkläre, und dass dann „ces-
sation of selection“ einsetze. So erkläre es sich, warum
die Reduction der Flügel bei Ente und Gans so verschieden
sei, da der Nichtgebrauch doch gleich stark sei. Aber die
Arten variirten eben verschieden stark. — Dies ist nun
nach meiner Meinung ganz richtig, insofern Panmixie in der
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Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_naturzuechtung_1893/68>, abgerufen am 31.07.2024.
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