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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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Man könnte aber sagen, dadurch, dass bei der Befruchtung
nicht nur die Vererbungssubstanz, d. h. der Anlagen-Vor-
rath
, sondern auch das Centrosoma, d. h. das Bewegungs-
mittel desselben
übertragen würde, sei zugleich der Rhythmus
der Zelltheilung übertragen, der in diesem Centrosoma seinen
Sitz habe und der ja wesentlich die Zellfolge des Kindes be-
stimme, folglich auch einen Theil der Vererbung. Ich halte
aber auch diese Schlussfolge nicht für richtig und zwar deshalb,
weil die Perioden der Thätigkeit des Theilungsapparates offen-
bar von den Zuständen der Zelle selbst abhängig sein müssen,
diese aber hängen, abgesehen von der Ernährung, vom specifischen
feinsten Bau der Zelle ab. Da nun dieser nach meiner Ansicht
von der Kernsubstanz der Zelle aufgeprägt wird, so hängt also
auch die Periodicität der Zelltheilung von der Kernsubstanz
ab. Mir scheint der Satz, dass allein in einem Theil der
Kernsubstanz die Vererbungssubstanz zu sehen ist,
durch alle neuere Erfahrungen nur um so fester be-
gründet zu werden
.1)

1) Manche scheinen geneigt zu sein, in dem von Fol beobachteten
Vorgang, den er als "le quadrille des centres" bezeichnete, einen Hin-
weis darauf zu sehen, dass die Centrosomen doch auch eine Art Ver-
erbungssubstanz sein müssten oder könnten. Ich glaube aber, was hier
vorgeht, ist nichts Anderes, als was bei jeder Kerntheilung geschieht,
nur dass es bei der Befruchtung doppelt geschehen muss, weil eben von
beiden Seiten je ein Centrosoma dem sich bildenden ersten Furchungs-
kern zugeführt wird. Jedes dieser Centrosomen theilt sich und begiebt
sich an die beiden Pole der zu bildenden Theilungsspindel, ganz so, wie
es thun würde, wenn es allein in der Zelle wäre. Ich würde mich
wundern, wenn es nicht so wäre und wenn das Centrosoma der Eizelle
an den einen, das der Spermazelle an den andern Pol wanderte.
Guignard meint, dass wenn auch der Kern in Bezug auf die Über-
tragung der erblichen Eigenschaften eine grosse Bedeutung hätte, man
doch "le role primordial dans l'accomplissement de la fecondation" den
"spheres directrices" zugestehen müsse. Insofern damit gemeint ist, dass
der Beginn der Embryonalentwickelung, wie jeder Kerntheilung von der

Man könnte aber sagen, dadurch, dass bei der Befruchtung
nicht nur die Vererbungssubstanz, d. h. der Anlagen-Vor-
rath
, sondern auch das Centrosoma, d. h. das Bewegungs-
mittel desselben
übertragen würde, sei zugleich der Rhythmus
der Zelltheilung übertragen, der in diesem Centrosoma seinen
Sitz habe und der ja wesentlich die Zellfolge des Kindes be-
stimme, folglich auch einen Theil der Vererbung. Ich halte
aber auch diese Schlussfolge nicht für richtig und zwar deshalb,
weil die Perioden der Thätigkeit des Theilungsapparates offen-
bar von den Zuständen der Zelle selbst abhängig sein müssen,
diese aber hängen, abgesehen von der Ernährung, vom specifischen
feinsten Bau der Zelle ab. Da nun dieser nach meiner Ansicht
von der Kernsubstanz der Zelle aufgeprägt wird, so hängt also
auch die Periodicität der Zelltheilung von der Kernsubstanz
ab. Mir scheint der Satz, dass allein in einem Theil der
Kernsubstanz die Vererbungssubstanz zu sehen ist,
durch alle neuere Erfahrungen nur um so fester be-
gründet zu werden
.1)

1) Manche scheinen geneigt zu sein, in dem von Fol beobachteten
Vorgang, den er als „le quadrille des centres“ bezeichnete, einen Hin-
weis darauf zu sehen, dass die Centrosomen doch auch eine Art Ver-
erbungssubstanz sein müssten oder könnten. Ich glaube aber, was hier
vorgeht, ist nichts Anderes, als was bei jeder Kerntheilung geschieht,
nur dass es bei der Befruchtung doppelt geschehen muss, weil eben von
beiden Seiten je ein Centrosoma dem sich bildenden ersten Furchungs-
kern zugeführt wird. Jedes dieser Centrosomen theilt sich und begiebt
sich an die beiden Pole der zu bildenden Theilungsspindel, ganz so, wie
es thun würde, wenn es allein in der Zelle wäre. Ich würde mich
wundern, wenn es nicht so wäre und wenn das Centrosoma der Eizelle
an den einen, das der Spermazelle an den andern Pol wanderte.
Guignard meint, dass wenn auch der Kern in Bezug auf die Über-
tragung der erblichen Eigenschaften eine grosse Bedeutung hätte, man
doch „le rôle primordial dans l’accomplissement de la fécondation“ den
„sphères directrices“ zugestehen müsse. Insofern damit gemeint ist, dass
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[41/0065] Man könnte aber sagen, dadurch, dass bei der Befruchtung nicht nur die Vererbungssubstanz, d. h. der Anlagen-Vor- rath, sondern auch das Centrosoma, d. h. das Bewegungs- mittel desselben übertragen würde, sei zugleich der Rhythmus der Zelltheilung übertragen, der in diesem Centrosoma seinen Sitz habe und der ja wesentlich die Zellfolge des Kindes be- stimme, folglich auch einen Theil der Vererbung. Ich halte aber auch diese Schlussfolge nicht für richtig und zwar deshalb, weil die Perioden der Thätigkeit des Theilungsapparates offen- bar von den Zuständen der Zelle selbst abhängig sein müssen, diese aber hängen, abgesehen von der Ernährung, vom specifischen feinsten Bau der Zelle ab. Da nun dieser nach meiner Ansicht von der Kernsubstanz der Zelle aufgeprägt wird, so hängt also auch die Periodicität der Zelltheilung von der Kernsubstanz ab. Mir scheint der Satz, dass allein in einem Theil der Kernsubstanz die Vererbungssubstanz zu sehen ist, durch alle neuere Erfahrungen nur um so fester be- gründet zu werden. 1) 1) Manche scheinen geneigt zu sein, in dem von Fol beobachteten Vorgang, den er als „le quadrille des centres“ bezeichnete, einen Hin- weis darauf zu sehen, dass die Centrosomen doch auch eine Art Ver- erbungssubstanz sein müssten oder könnten. Ich glaube aber, was hier vorgeht, ist nichts Anderes, als was bei jeder Kerntheilung geschieht, nur dass es bei der Befruchtung doppelt geschehen muss, weil eben von beiden Seiten je ein Centrosoma dem sich bildenden ersten Furchungs- kern zugeführt wird. Jedes dieser Centrosomen theilt sich und begiebt sich an die beiden Pole der zu bildenden Theilungsspindel, ganz so, wie es thun würde, wenn es allein in der Zelle wäre. Ich würde mich wundern, wenn es nicht so wäre und wenn das Centrosoma der Eizelle an den einen, das der Spermazelle an den andern Pol wanderte. Guignard meint, dass wenn auch der Kern in Bezug auf die Über- tragung der erblichen Eigenschaften eine grosse Bedeutung hätte, man doch „le rôle primordial dans l’accomplissement de la fécondation“ den „sphères directrices“ zugestehen müsse. Insofern damit gemeint ist, dass der Beginn der Embryonalentwickelung, wie jeder Kerntheilung von der

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/65>, abgerufen am 27.11.2024.