sondern diejenigen, welche die in der Knospe enthaltenen Deter- minanten auf dem langen Wege von einer um Generationen zurückliegenden Stammpflanze bis zu dieser Knospe hin getroffen haben.
Dies erklärt, wie mir scheint, hinlänglich, warum der Samen, welcher indirekt einen Spielspross hervorbringt, die Abänderung nicht zu vererben braucht.
Warum eine solche Vererbung aber so selten eintritt, bedarf einer weiteren Erwägung. Ich möchte den Grund davon in der Reductionstheilung und der Amphimixis suchen, welcher das Reserve-Keimplasma, nicht aber das Knospen-Keimplasma ausgesetzt ist. Gesetzt, es verhielten sich beide zuerst ganz gleich in Bezug auf ihren Gehalt an abgeänderten Determi- nanten N1, jedes enthielte eine kleine Majorität derselben, so würde der Spross nothwendig die Variation aufweisen müssen, die Keimzellen aber würden nur zum Theil eine Majorität, zum andern eine Minorität von N1 enthalten in Folge der bald so, bald so gruppirenden Reductionstheilung. Allerdings könnten dann bei der Befruchtung zwei Keimzellen mit Majoritäten von N1 zusammentreffen, aber bei der angenommenen nur schwachen Majorität derselben im Reserve-Keimplasma würde dieser gün- stigste Fall nur sehr selten eintreten, viel häufiger der andere, in welchem Amphimixis nur zu einer Minorität von N1 führt.
Nun ist es aber durchaus nicht gesagt, dass Reserve- Keimplasma und Knospen-Keimplasma den gleichen Procentsatz von N1 enthalten müssen. Beide können sehr wohl verschieden darin sein, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ein stärkerer Procentsatz von N1 im Reserve-Keimplasma zur Bildung von Samen führt, welche Sämlings-Abarten hervorbringen. Es wird daher zu vermuthen sein, dass in dem Falle, dass das Knospen-Keimplasma eine, wenn auch ganz schwache Majorität von N1 führt, wirklich die Abänderung des Sprosses eintritt,
sondern diejenigen, welche die in der Knospe enthaltenen Deter- minanten auf dem langen Wege von einer um Generationen zurückliegenden Stammpflanze bis zu dieser Knospe hin getroffen haben.
Dies erklärt, wie mir scheint, hinlänglich, warum der Samen, welcher indirekt einen Spielspross hervorbringt, die Abänderung nicht zu vererben braucht.
Warum eine solche Vererbung aber so selten eintritt, bedarf einer weiteren Erwägung. Ich möchte den Grund davon in der Reductionstheilung und der Amphimixis suchen, welcher das Reserve-Keimplasma, nicht aber das Knospen-Keimplasma ausgesetzt ist. Gesetzt, es verhielten sich beide zuerst ganz gleich in Bezug auf ihren Gehalt an abgeänderten Determi- nanten N1, jedes enthielte eine kleine Majorität derselben, so würde der Spross nothwendig die Variation aufweisen müssen, die Keimzellen aber würden nur zum Theil eine Majorität, zum andern eine Minorität von N1 enthalten in Folge der bald so, bald so gruppirenden Reductionstheilung. Allerdings könnten dann bei der Befruchtung zwei Keimzellen mit Majoritäten von N1 zusammentreffen, aber bei der angenommenen nur schwachen Majorität derselben im Reserve-Keimplasma würde dieser gün- stigste Fall nur sehr selten eintreten, viel häufiger der andere, in welchem Amphimixis nur zu einer Minorität von N1 führt.
Nun ist es aber durchaus nicht gesagt, dass Reserve- Keimplasma und Knospen-Keimplasma den gleichen Procentsatz von N1 enthalten müssen. Beide können sehr wohl verschieden darin sein, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ein stärkerer Procentsatz von N1 im Reserve-Keimplasma zur Bildung von Samen führt, welche Sämlings-Abarten hervorbringen. Es wird daher zu vermuthen sein, dass in dem Falle, dass das Knospen-Keimplasma eine, wenn auch ganz schwache Majorität von N1 führt, wirklich die Abänderung des Sprosses eintritt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0613"n="589"/>
sondern diejenigen, welche die in der Knospe enthaltenen Deter-<lb/>
minanten auf dem langen Wege von einer um Generationen<lb/>
zurückliegenden Stammpflanze bis zu dieser Knospe hin getroffen<lb/>
haben.</p><lb/><p>Dies erklärt, wie mir scheint, hinlänglich, warum der Samen,<lb/>
welcher indirekt einen Spielspross hervorbringt, die Abänderung<lb/>
nicht zu vererben braucht.</p><lb/><p>Warum eine solche Vererbung aber <hirendition="#g">so selten eintritt</hi>,<lb/>
bedarf einer weiteren Erwägung. Ich möchte den Grund davon<lb/>
in der Reductionstheilung und der Amphimixis suchen, welcher<lb/>
das Reserve-Keimplasma, nicht aber das Knospen-Keimplasma<lb/>
ausgesetzt ist. Gesetzt, es verhielten sich beide zuerst ganz<lb/>
gleich in Bezug auf ihren Gehalt an abgeänderten Determi-<lb/>
nanten N<hirendition="#sup">1</hi>, jedes enthielte eine kleine Majorität derselben, so<lb/>
würde der Spross nothwendig die Variation aufweisen müssen,<lb/>
die Keimzellen aber würden nur zum Theil eine Majorität, zum<lb/>
andern eine Minorität von N<hirendition="#sup">1</hi> enthalten in Folge der bald so,<lb/>
bald so gruppirenden Reductionstheilung. Allerdings könnten<lb/>
dann bei der Befruchtung zwei Keimzellen mit Majoritäten von<lb/>
N<hirendition="#sup">1</hi> zusammentreffen, aber bei der angenommenen nur <hirendition="#g">schwachen</hi><lb/>
Majorität derselben im Reserve-Keimplasma würde dieser gün-<lb/>
stigste Fall nur sehr selten eintreten, viel häufiger der andere,<lb/>
in welchem Amphimixis nur zu einer Minorität von N<hirendition="#sup">1</hi> führt.</p><lb/><p>Nun ist es aber durchaus nicht gesagt, dass Reserve-<lb/>
Keimplasma und Knospen-Keimplasma den gleichen Procentsatz<lb/>
von N<hirendition="#sup">1</hi> enthalten müssen. Beide können sehr wohl verschieden<lb/>
darin sein, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ein stärkerer<lb/>
Procentsatz von N<hirendition="#sup">1</hi> im Reserve-Keimplasma zur Bildung von<lb/>
Samen führt, welche <hirendition="#g">Sämlings-Abarten</hi> hervorbringen. Es<lb/>
wird daher zu vermuthen sein, dass in dem Falle, dass das<lb/>
Knospen-Keimplasma eine, wenn auch ganz schwache Majorität<lb/>
von N<hirendition="#sup">1</hi> führt, wirklich die Abänderung des Sprosses eintritt,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[589/0613]
sondern diejenigen, welche die in der Knospe enthaltenen Deter-
minanten auf dem langen Wege von einer um Generationen
zurückliegenden Stammpflanze bis zu dieser Knospe hin getroffen
haben.
Dies erklärt, wie mir scheint, hinlänglich, warum der Samen,
welcher indirekt einen Spielspross hervorbringt, die Abänderung
nicht zu vererben braucht.
Warum eine solche Vererbung aber so selten eintritt,
bedarf einer weiteren Erwägung. Ich möchte den Grund davon
in der Reductionstheilung und der Amphimixis suchen, welcher
das Reserve-Keimplasma, nicht aber das Knospen-Keimplasma
ausgesetzt ist. Gesetzt, es verhielten sich beide zuerst ganz
gleich in Bezug auf ihren Gehalt an abgeänderten Determi-
nanten N1, jedes enthielte eine kleine Majorität derselben, so
würde der Spross nothwendig die Variation aufweisen müssen,
die Keimzellen aber würden nur zum Theil eine Majorität, zum
andern eine Minorität von N1 enthalten in Folge der bald so,
bald so gruppirenden Reductionstheilung. Allerdings könnten
dann bei der Befruchtung zwei Keimzellen mit Majoritäten von
N1 zusammentreffen, aber bei der angenommenen nur schwachen
Majorität derselben im Reserve-Keimplasma würde dieser gün-
stigste Fall nur sehr selten eintreten, viel häufiger der andere,
in welchem Amphimixis nur zu einer Minorität von N1 führt.
Nun ist es aber durchaus nicht gesagt, dass Reserve-
Keimplasma und Knospen-Keimplasma den gleichen Procentsatz
von N1 enthalten müssen. Beide können sehr wohl verschieden
darin sein, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ein stärkerer
Procentsatz von N1 im Reserve-Keimplasma zur Bildung von
Samen führt, welche Sämlings-Abarten hervorbringen. Es
wird daher zu vermuthen sein, dass in dem Falle, dass das
Knospen-Keimplasma eine, wenn auch ganz schwache Majorität
von N1 führt, wirklich die Abänderung des Sprosses eintritt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/613>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.