die eines Pferdes, sondern die kurze, steif aufrecht stehende des Quagga gewesen sein. Ähnliche Fälle von Beeinflussung des Baues eines später erzeugten Nachkommen durch eine frühere Begattung werden von mehreren Hausthieren, vom Rind, Schaf, Schwein, dem Hund und von Tauben erzählt, auch vom Menschen in Bezug auf Kreuzung der Weissen mit Negern.
Besonders angestellte Versuche liegen bis jetzt nicht vor; ohne alle erdenkliche Controle wären sie auch werthlos und würden deshalb am besten in zoologischen Gärten angestellt, wo nicht nur vielfaches unzweifelhaft reines Material dafür sich darbietet, sondern auch Isolirung der Thiere und genaue Controle durch besondere Wärter auf längere Zeiträume hinaus möglich ist.
Der Philosoph Carneri theilt einen von ihm selbst be- obachteten Fall mit, den ich noch hier anführen will. Er hielt eine Rinderheerde der reinen, grauen Mürzthaler Rasse. Ein- mal liess er aus besonderen Gründen ausnahmsweise eine Kuh nicht vom eigenen Stier, sondern von einem "leichten Pinz- gauer" Stier belegen. Die Kuh warf ein Kalb, welches vor- herrschend die Merkmale der Pinzgauer Rasse -- braune und weisse Scheckung -- an sich trug, aber auch deutliche Spuren des "schwarzgrauen Mürzthaler Kreuzes". Das zweite Mal wurde diese Kuh von einem Mürzthaler Stier belegt, und das zweite Kalb war unerwarteterweise wieder ein "Bastard", vorherrschend grau, aber "mit grossen braunen Pinzgauer Flecken".
Beide hier angeführte Fälle sind nicht so beweisend, als es auf den ersten Blick erscheint. Das Füllen mit Quagga- Charakteren ist in Surgeon's College in London abgebildet zu sehen und zeigt auf den von Agasse entworfenen Bildern un- deutliche dunkle Streifen am Halse, Widerriss und Beinen. Nun kommen aber solche Streifen bei reinen Pferdefüllen nicht so gar selten vor, verschwinden aber regelmässig mit zunehmendem
die eines Pferdes, sondern die kurze, steif aufrecht stehende des Quagga gewesen sein. Ähnliche Fälle von Beeinflussung des Baues eines später erzeugten Nachkommen durch eine frühere Begattung werden von mehreren Hausthieren, vom Rind, Schaf, Schwein, dem Hund und von Tauben erzählt, auch vom Menschen in Bezug auf Kreuzung der Weissen mit Negern.
Besonders angestellte Versuche liegen bis jetzt nicht vor; ohne alle erdenkliche Controle wären sie auch werthlos und würden deshalb am besten in zoologischen Gärten angestellt, wo nicht nur vielfaches unzweifelhaft reines Material dafür sich darbietet, sondern auch Isolirung der Thiere und genaue Controle durch besondere Wärter auf längere Zeiträume hinaus möglich ist.
Der Philosoph Carneri theilt einen von ihm selbst be- obachteten Fall mit, den ich noch hier anführen will. Er hielt eine Rinderheerde der reinen, grauen Mürzthaler Rasse. Ein- mal liess er aus besonderen Gründen ausnahmsweise eine Kuh nicht vom eigenen Stier, sondern von einem „leichten Pinz- gauer“ Stier belegen. Die Kuh warf ein Kalb, welches vor- herrschend die Merkmale der Pinzgauer Rasse — braune und weisse Scheckung — an sich trug, aber auch deutliche Spuren des „schwarzgrauen Mürzthaler Kreuzes“. Das zweite Mal wurde diese Kuh von einem Mürzthaler Stier belegt, und das zweite Kalb war unerwarteterweise wieder ein „Bastard“, vorherrschend grau, aber „mit grossen braunen Pinzgauer Flecken“.
Beide hier angeführte Fälle sind nicht so beweisend, als es auf den ersten Blick erscheint. Das Füllen mit Quagga- Charakteren ist in Surgeon’s College in London abgebildet zu sehen und zeigt auf den von Agasse entworfenen Bildern un- deutliche dunkle Streifen am Halse, Widerriss und Beinen. Nun kommen aber solche Streifen bei reinen Pferdefüllen nicht so gar selten vor, verschwinden aber regelmässig mit zunehmendem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0529"n="505"/>
die eines Pferdes, sondern die kurze, steif aufrecht stehende des<lb/>
Quagga gewesen sein. Ähnliche Fälle von Beeinflussung des<lb/>
Baues eines später erzeugten Nachkommen durch eine frühere<lb/>
Begattung werden von mehreren Hausthieren, vom Rind, Schaf,<lb/>
Schwein, dem Hund und von Tauben erzählt, auch vom Menschen<lb/>
in Bezug auf Kreuzung der Weissen mit Negern.</p><lb/><p>Besonders angestellte Versuche liegen bis jetzt nicht vor;<lb/>
ohne alle erdenkliche Controle wären sie auch werthlos und<lb/>
würden deshalb am besten in zoologischen Gärten angestellt,<lb/>
wo nicht nur vielfaches unzweifelhaft <hirendition="#g">reines</hi> Material dafür<lb/>
sich darbietet, sondern auch Isolirung der Thiere und genaue<lb/>
Controle durch besondere Wärter auf längere Zeiträume hinaus<lb/>
möglich ist.</p><lb/><p>Der Philosoph <hirendition="#g">Carneri</hi> theilt einen von ihm selbst be-<lb/>
obachteten Fall mit, den ich noch hier anführen will. Er hielt<lb/>
eine Rinderheerde der reinen, grauen Mürzthaler Rasse. Ein-<lb/>
mal liess er aus besonderen Gründen ausnahmsweise eine Kuh<lb/>
nicht vom eigenen Stier, sondern von einem „leichten Pinz-<lb/>
gauer“ Stier belegen. Die Kuh warf ein Kalb, welches vor-<lb/>
herrschend die Merkmale der Pinzgauer Rasse — braune und<lb/>
weisse Scheckung — an sich trug, aber auch deutliche Spuren<lb/>
des „schwarzgrauen Mürzthaler Kreuzes“. Das zweite Mal wurde<lb/>
diese Kuh von einem Mürzthaler Stier belegt, und das zweite<lb/>
Kalb war unerwarteterweise wieder ein „Bastard“, vorherrschend<lb/>
grau, aber „<hirendition="#g">mit grossen</hi> braunen Pinzgauer Flecken“.</p><lb/><p>Beide hier angeführte Fälle sind nicht so beweisend, als<lb/>
es auf den ersten Blick erscheint. Das Füllen mit Quagga-<lb/>
Charakteren ist in Surgeon’s College in London abgebildet zu<lb/>
sehen und zeigt auf den von <hirendition="#g">Agasse</hi> entworfenen Bildern un-<lb/>
deutliche dunkle Streifen am Halse, Widerriss und Beinen. Nun<lb/>
kommen aber solche Streifen bei reinen Pferdefüllen nicht so<lb/>
gar selten vor, verschwinden aber regelmässig mit zunehmendem<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[505/0529]
die eines Pferdes, sondern die kurze, steif aufrecht stehende des
Quagga gewesen sein. Ähnliche Fälle von Beeinflussung des
Baues eines später erzeugten Nachkommen durch eine frühere
Begattung werden von mehreren Hausthieren, vom Rind, Schaf,
Schwein, dem Hund und von Tauben erzählt, auch vom Menschen
in Bezug auf Kreuzung der Weissen mit Negern.
Besonders angestellte Versuche liegen bis jetzt nicht vor;
ohne alle erdenkliche Controle wären sie auch werthlos und
würden deshalb am besten in zoologischen Gärten angestellt,
wo nicht nur vielfaches unzweifelhaft reines Material dafür
sich darbietet, sondern auch Isolirung der Thiere und genaue
Controle durch besondere Wärter auf längere Zeiträume hinaus
möglich ist.
Der Philosoph Carneri theilt einen von ihm selbst be-
obachteten Fall mit, den ich noch hier anführen will. Er hielt
eine Rinderheerde der reinen, grauen Mürzthaler Rasse. Ein-
mal liess er aus besonderen Gründen ausnahmsweise eine Kuh
nicht vom eigenen Stier, sondern von einem „leichten Pinz-
gauer“ Stier belegen. Die Kuh warf ein Kalb, welches vor-
herrschend die Merkmale der Pinzgauer Rasse — braune und
weisse Scheckung — an sich trug, aber auch deutliche Spuren
des „schwarzgrauen Mürzthaler Kreuzes“. Das zweite Mal wurde
diese Kuh von einem Mürzthaler Stier belegt, und das zweite
Kalb war unerwarteterweise wieder ein „Bastard“, vorherrschend
grau, aber „mit grossen braunen Pinzgauer Flecken“.
Beide hier angeführte Fälle sind nicht so beweisend, als
es auf den ersten Blick erscheint. Das Füllen mit Quagga-
Charakteren ist in Surgeon’s College in London abgebildet zu
sehen und zeigt auf den von Agasse entworfenen Bildern un-
deutliche dunkle Streifen am Halse, Widerriss und Beinen. Nun
kommen aber solche Streifen bei reinen Pferdefüllen nicht so
gar selten vor, verschwinden aber regelmässig mit zunehmendem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/529>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.