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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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wie sich später noch deutlicher zeigen wird -- die Spencer-
sche Annahme der Darwin'schen überlegen. Auf der andern
Seite sind die gleichartigen Einheiten Spencer's Träger der
gesammten Artcharaktere durch die Art und Weise ihres compli-
cirten Molekülarbaues, die Darwin'schen "Keimchen" aber sind
Anlagen einzelner Zellen, die untereinander entsprechend ver-
schieden zu denken sind. Die Theorie Spencer's ist eine epi-
genetische, die Darwin's eine evolutionistische, und hierin ist
Darwin -- nach meiner Ansicht -- Spencer überlegen.

Der Erste, der den Versuch einer Verbesserung der Pan-
genesis machte, war Galton 1). In einem kurzen, aber gedanken-
reichen Aufsatz schliesst er sich zwar der Annahme der "Keim-
chen" an, verwirft aber die freie Circulation derselben durch
das Blut und somit auch die Wiederansammlung der von den
Zellen des Körpers abgegebenen Keimchen in den Keimzellen.
Da nun diejenigen Keimchen, welche sich in die Zellen des
Körpers verwandelt haben, verbraucht sind, so folgt daraus,
dass die Keimzellen nur den übrig gebliebenen Rest von Keim-
chen enthalten können, diejenigen von der ungeheuren Schaar
der in einer Keimzelle enthaltenen Keimchen, welche nicht zur
Entwickelung gelangten. Denn jede Keimzelle enthält -- wie
Galton mit Darwin annimmt -- jede Art von Keimchen in
vielen Modificationen, herrührend von den verschiedenen Ver-
fahren des Bion. Man hat diese Annahme der Entstehung der
Keimzellen aus dem bei der Ontogenese unverbraucht gebliebenen
Überrest der Keimchenmasse (the residue of the stirp) der von
mir viel später in die Wissenschaft eingeführten Vorstellung
von der Continuität des Keimplasmas verglichen und in ihr
den Vorläufer derselben gesehen. Eine gewisse Ähnlichkeit

1) Francis Galton, "A theory of Heredity", Journ. Anthropolog.
Institute, 1875.

wie sich später noch deutlicher zeigen wird — die Spencer-
sche Annahme der Darwin’schen überlegen. Auf der andern
Seite sind die gleichartigen Einheiten Spencer’s Träger der
gesammten Artcharaktere durch die Art und Weise ihres compli-
cirten Molekülarbaues, die Darwin’schen „Keimchen“ aber sind
Anlagen einzelner Zellen, die untereinander entsprechend ver-
schieden zu denken sind. Die Theorie Spencer’s ist eine epi-
genetische, die Darwin’s eine evolutionistische, und hierin ist
Darwin — nach meiner Ansicht — Spencer überlegen.

Der Erste, der den Versuch einer Verbesserung der Pan-
genesis machte, war Galton 1). In einem kurzen, aber gedanken-
reichen Aufsatz schliesst er sich zwar der Annahme der „Keim-
chen“ an, verwirft aber die freie Circulation derselben durch
das Blut und somit auch die Wiederansammlung der von den
Zellen des Körpers abgegebenen Keimchen in den Keimzellen.
Da nun diejenigen Keimchen, welche sich in die Zellen des
Körpers verwandelt haben, verbraucht sind, so folgt daraus,
dass die Keimzellen nur den übrig gebliebenen Rest von Keim-
chen enthalten können, diejenigen von der ungeheuren Schaar
der in einer Keimzelle enthaltenen Keimchen, welche nicht zur
Entwickelung gelangten. Denn jede Keimzelle enthält — wie
Galton mit Darwin annimmt — jede Art von Keimchen in
vielen Modificationen, herrührend von den verschiedenen Ver-
fahren des Bion. Man hat diese Annahme der Entstehung der
Keimzellen aus dem bei der Ontogenese unverbraucht gebliebenen
Überrest der Keimchenmasse (the residue of the stirp) der von
mir viel später in die Wissenschaft eingeführten Vorstellung
von der Continuität des Keimplasmas verglichen und in ihr
den Vorläufer derselben gesehen. Eine gewisse Ähnlichkeit

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Institute, 1875.
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[9/0033] wie sich später noch deutlicher zeigen wird — die Spencer- sche Annahme der Darwin’schen überlegen. Auf der andern Seite sind die gleichartigen Einheiten Spencer’s Träger der gesammten Artcharaktere durch die Art und Weise ihres compli- cirten Molekülarbaues, die Darwin’schen „Keimchen“ aber sind Anlagen einzelner Zellen, die untereinander entsprechend ver- schieden zu denken sind. Die Theorie Spencer’s ist eine epi- genetische, die Darwin’s eine evolutionistische, und hierin ist Darwin — nach meiner Ansicht — Spencer überlegen. Der Erste, der den Versuch einer Verbesserung der Pan- genesis machte, war Galton 1). In einem kurzen, aber gedanken- reichen Aufsatz schliesst er sich zwar der Annahme der „Keim- chen“ an, verwirft aber die freie Circulation derselben durch das Blut und somit auch die Wiederansammlung der von den Zellen des Körpers abgegebenen Keimchen in den Keimzellen. Da nun diejenigen Keimchen, welche sich in die Zellen des Körpers verwandelt haben, verbraucht sind, so folgt daraus, dass die Keimzellen nur den übrig gebliebenen Rest von Keim- chen enthalten können, diejenigen von der ungeheuren Schaar der in einer Keimzelle enthaltenen Keimchen, welche nicht zur Entwickelung gelangten. Denn jede Keimzelle enthält — wie Galton mit Darwin annimmt — jede Art von Keimchen in vielen Modificationen, herrührend von den verschiedenen Ver- fahren des Bion. Man hat diese Annahme der Entstehung der Keimzellen aus dem bei der Ontogenese unverbraucht gebliebenen Überrest der Keimchenmasse (the residue of the stirp) der von mir viel später in die Wissenschaft eingeführten Vorstellung von der Continuität des Keimplasmas verglichen und in ihr den Vorläufer derselben gesehen. Eine gewisse Ähnlichkeit 1) Francis Galton, „A theory of Heredity“, Journ. Anthropolog. Institute, 1875.

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/33>, abgerufen am 23.11.2024.