könnten sich später durch Verdoppelung zur Normalzahl der- selben ergänzen und dann die Entwickelung der Eihälfte ein- leiten. Allerdings sagt Roux, dass die Postgeneration nicht auf demselben Wege erfolge, wie die normale Entwickelung der primär gebildeten Hälfte, also nicht durch selbstständige Anlage der Keimblätter, allein die Vorgänge im Innern des Eies lassen sich nur auf Schnitten verfolgen, und die Anfertigung dieser gebietet die Tödtung des Embryo's. Bei solchen Experi- menten ist aber kein Fall dem andern gleich, und man wird über ein sehr grosses Material gebieten müssen, um mit einiger Sicherheit sagen zu können, dass das in Schnitte zerlegte Ei in seiner innerlichen Beschaffenheit einem andern gleich ge- wesen sei, dessen Entwickelung und Postgeneration man ver- folgt hat.
Roux hat drei Arten von "Wiederbelebung" der operirten Eihälfte beobachtet, unter Anderem auch eine "Umwachsung" der getödteten Hälfte von der äusseren Zellenschicht der leben- den Hälfte aus; diese führte aber nicht zur Postgeneration, vielmehr nur die oben erwähnte Art durch Eindringen einiger "Kerne" von der lebenden Hälfte in die operirte, welches aber nur bei schwacher pathologischer Veränderung des Dotters erfolgte, und auch dann nicht immer. Der Gedanke liegt nahe, es möchte die Postgeneration nur da er- folgt sein, wo die Zerstörung eine geringe war und Kern- material übrig gelassen hatte, von dem nachträglich eine Zell- bildung ausgehen konnte. -- Damit soll nicht bezweifelt werden, dass auch lebende "Kerne" von der anderen Seite her in die operirte Hälfte des Eies eingedrungen seien; die Furchungs- zellen haben ja auch im normalen Entwickelungsgang noch eine ungeheure Vermehrung zu leisten, und es kann somit nicht Wunder nehmen, dass sie -- nach Aufhebung des Wachsthums- widerstandes durch Operation der andern Eihälfte -- sich auch
könnten sich später durch Verdoppelung zur Normalzahl der- selben ergänzen und dann die Entwickelung der Eihälfte ein- leiten. Allerdings sagt Roux, dass die Postgeneration nicht auf demselben Wege erfolge, wie die normale Entwickelung der primär gebildeten Hälfte, also nicht durch selbstständige Anlage der Keimblätter, allein die Vorgänge im Innern des Eies lassen sich nur auf Schnitten verfolgen, und die Anfertigung dieser gebietet die Tödtung des Embryo’s. Bei solchen Experi- menten ist aber kein Fall dem andern gleich, und man wird über ein sehr grosses Material gebieten müssen, um mit einiger Sicherheit sagen zu können, dass das in Schnitte zerlegte Ei in seiner innerlichen Beschaffenheit einem andern gleich ge- wesen sei, dessen Entwickelung und Postgeneration man ver- folgt hat.
Roux hat drei Arten von „Wiederbelebung“ der operirten Eihälfte beobachtet, unter Anderem auch eine „Umwachsung“ der getödteten Hälfte von der äusseren Zellenschicht der leben- den Hälfte aus; diese führte aber nicht zur Postgeneration, vielmehr nur die oben erwähnte Art durch Eindringen einiger „Kerne“ von der lebenden Hälfte in die operirte, welches aber nur bei schwacher pathologischer Veränderung des Dotters erfolgte, und auch dann nicht immer. Der Gedanke liegt nahe, es möchte die Postgeneration nur da er- folgt sein, wo die Zerstörung eine geringe war und Kern- material übrig gelassen hatte, von dem nachträglich eine Zell- bildung ausgehen konnte. — Damit soll nicht bezweifelt werden, dass auch lebende „Kerne“ von der anderen Seite her in die operirte Hälfte des Eies eingedrungen seien; die Furchungs- zellen haben ja auch im normalen Entwickelungsgang noch eine ungeheure Vermehrung zu leisten, und es kann somit nicht Wunder nehmen, dass sie — nach Aufhebung des Wachsthums- widerstandes durch Operation der andern Eihälfte — sich auch
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[191/0215]
könnten sich später durch Verdoppelung zur Normalzahl der-
selben ergänzen und dann die Entwickelung der Eihälfte ein-
leiten. Allerdings sagt Roux, dass die Postgeneration nicht
auf demselben Wege erfolge, wie die normale Entwickelung
der primär gebildeten Hälfte, also nicht durch selbstständige
Anlage der Keimblätter, allein die Vorgänge im Innern des
Eies lassen sich nur auf Schnitten verfolgen, und die Anfertigung
dieser gebietet die Tödtung des Embryo’s. Bei solchen Experi-
menten ist aber kein Fall dem andern gleich, und man wird
über ein sehr grosses Material gebieten müssen, um mit einiger
Sicherheit sagen zu können, dass das in Schnitte zerlegte Ei
in seiner innerlichen Beschaffenheit einem andern gleich ge-
wesen sei, dessen Entwickelung und Postgeneration man ver-
folgt hat.
Roux hat drei Arten von „Wiederbelebung“ der operirten
Eihälfte beobachtet, unter Anderem auch eine „Umwachsung“
der getödteten Hälfte von der äusseren Zellenschicht der leben-
den Hälfte aus; diese führte aber nicht zur Postgeneration,
vielmehr nur die oben erwähnte Art durch Eindringen einiger
„Kerne“ von der lebenden Hälfte in die operirte, welches
aber nur bei schwacher pathologischer Veränderung
des Dotters erfolgte, und auch dann nicht immer. Der
Gedanke liegt nahe, es möchte die Postgeneration nur da er-
folgt sein, wo die Zerstörung eine geringe war und Kern-
material übrig gelassen hatte, von dem nachträglich eine Zell-
bildung ausgehen konnte. — Damit soll nicht bezweifelt werden,
dass auch lebende „Kerne“ von der anderen Seite her in die
operirte Hälfte des Eies eingedrungen seien; die Furchungs-
zellen haben ja auch im normalen Entwickelungsgang noch
eine ungeheure Vermehrung zu leisten, und es kann somit nicht
Wunder nehmen, dass sie — nach Aufhebung des Wachsthums-
widerstandes durch Operation der andern Eihälfte — sich auch
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/215>, abgerufen am 24.11.2024.
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