auch nicht auf eine nähere Erklärung der Embryologie dieser Fälle ein.
Auf Eines aber möchte ich doch noch hinweisen, nämlich auf das entgegengesetzte Verhalten des Froscheies und der Eier der Ascidie und des Seeigels. Aus einer Blastomere des Froscheies entsteht nur ein halber Embryo, wenn wir von der besonders zu betrachtenden "Postgeneration" absehen, aus einer Blastomere der beiden andern Eiarten ent- steht dagegen das ganze Thier. Mögen meine Erklärungs- Andeutungen noch so unvollkommen sein, die ihnen zu Grunde liegende Annahme muss im Allgemeinen richtig sein, d. h. es muss das Ei des Frosches in seiner ersten Blastomere ein Vermögen nicht enthalten, welches bei den andern Eiern in ihr enthalten ist. Da aber Kräfte an Substanzen gebunden sind, so wird es wahrscheinlich, dass die Blastomere der Ascidie und des Seeigels ein Plus von Substanz enthalten, welches sie zur Regeneration befähigt und welches der Frosch-Blasto- mere abgeht -- Neben-Idioplasma. Driesch äussert zwar, wie oben angeführt wurde, den Zweifel, ob nicht etwa die Blastomere des Frosches sich ebenso verhalten würde, wie die des Seeigels, wenn man sie wie diese von der operirten Blastomere wirklich trennen und isoliren könnte, allein dieser Zweifel ist wohl kaum berechtigt, da auch bei dem Ascidienei eine solche Isolirung der normalen Blastomere durch Chabry's Versuch nicht bewirkt wurde, und dennoch die Entwickelung zum ganzen Thier ebenso eintrat, wie beim Seeigelei.
Wenn nun auch das halbe Froschei sich zunächst nur zu einem halben Embryo entwickelt, so kann sich doch ein solcher Halb-Embryo vervollständigen durch einen sehr eigenthümlichen Regenerations-Vorgang, welchen Wilhelm Roux an seinen Halb- und Dreiviertels-Embryonen beobachtet und "Postgene- ration" genannt hat.
auch nicht auf eine nähere Erklärung der Embryologie dieser Fälle ein.
Auf Eines aber möchte ich doch noch hinweisen, nämlich auf das entgegengesetzte Verhalten des Froscheies und der Eier der Ascidie und des Seeigels. Aus einer Blastomere des Froscheies entsteht nur ein halber Embryo, wenn wir von der besonders zu betrachtenden „Postgeneration“ absehen, aus einer Blastomere der beiden andern Eiarten ent- steht dagegen das ganze Thier. Mögen meine Erklärungs- Andeutungen noch so unvollkommen sein, die ihnen zu Grunde liegende Annahme muss im Allgemeinen richtig sein, d. h. es muss das Ei des Frosches in seiner ersten Blastomere ein Vermögen nicht enthalten, welches bei den andern Eiern in ihr enthalten ist. Da aber Kräfte an Substanzen gebunden sind, so wird es wahrscheinlich, dass die Blastomere der Ascidie und des Seeigels ein Plus von Substanz enthalten, welches sie zur Regeneration befähigt und welches der Frosch-Blasto- mere abgeht — Neben-Idioplasma. Driesch äussert zwar, wie oben angeführt wurde, den Zweifel, ob nicht etwa die Blastomere des Frosches sich ebenso verhalten würde, wie die des Seeigels, wenn man sie wie diese von der operirten Blastomere wirklich trennen und isoliren könnte, allein dieser Zweifel ist wohl kaum berechtigt, da auch bei dem Ascidienei eine solche Isolirung der normalen Blastomere durch Chabry’s Versuch nicht bewirkt wurde, und dennoch die Entwickelung zum ganzen Thier ebenso eintrat, wie beim Seeigelei.
Wenn nun auch das halbe Froschei sich zunächst nur zu einem halben Embryo entwickelt, so kann sich doch ein solcher Halb-Embryo vervollständigen durch einen sehr eigenthümlichen Regenerations-Vorgang, welchen Wilhelm Roux an seinen Halb- und Dreiviertels-Embryonen beobachtet und „Postgene- ration“ genannt hat.
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auch nicht auf eine nähere Erklärung der Embryologie dieser
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Auf Eines aber möchte ich doch noch hinweisen, nämlich
auf das entgegengesetzte Verhalten des Froscheies
und der Eier der Ascidie und des Seeigels. Aus einer
Blastomere des Froscheies entsteht nur ein halber Embryo,
wenn wir von der besonders zu betrachtenden „Postgeneration“
absehen, aus einer Blastomere der beiden andern Eiarten ent-
steht dagegen das ganze Thier. Mögen meine Erklärungs-
Andeutungen noch so unvollkommen sein, die ihnen zu Grunde
liegende Annahme muss im Allgemeinen richtig sein, d. h.
es muss das Ei des Frosches in seiner ersten Blastomere ein
Vermögen nicht enthalten, welches bei den andern Eiern in
ihr enthalten ist. Da aber Kräfte an Substanzen gebunden
sind, so wird es wahrscheinlich, dass die Blastomere der Ascidie
und des Seeigels ein Plus von Substanz enthalten, welches
sie zur Regeneration befähigt und welches der Frosch-Blasto-
mere abgeht — Neben-Idioplasma. Driesch äussert
zwar, wie oben angeführt wurde, den Zweifel, ob nicht etwa
die Blastomere des Frosches sich ebenso verhalten würde, wie
die des Seeigels, wenn man sie wie diese von der operirten
Blastomere wirklich trennen und isoliren könnte, allein dieser
Zweifel ist wohl kaum berechtigt, da auch bei dem Ascidienei
eine solche Isolirung der normalen Blastomere durch Chabry’s
Versuch nicht bewirkt wurde, und dennoch die Entwickelung
zum ganzen Thier ebenso eintrat, wie beim Seeigelei.
Wenn nun auch das halbe Froschei sich zunächst nur zu
einem halben Embryo entwickelt, so kann sich doch ein solcher
Halb-Embryo vervollständigen durch einen sehr eigenthümlichen
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/213>, abgerufen am 22.11.2024.
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