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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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diese Ansicht stellt neue Fragen und ruft neue Beobachtungen
hervor, welche wieder zu neuer Deutung führen.

Auf diesem Wege ist erst in jüngster Zeit eine biologische
Erscheinung zu relativer Klarheit gebracht worden, welche bis
dahin ganz unverständlich gewesen war, ich meine die ge-
schlechtliche Fortpflanzung. So wird es auch gelingen, immer
sicherer Fuss zu fassen auf dem noch vor Kurzem so überaus
unzugänglichen Gebiet der Vererbung. Besonders aussichts-
reich scheint mir gerade bei diesem Problem, dass wir ihm
gewissermassen von zwei Seiten her beikommen können, einmal
durch die Beobachtung der Vererbungs-Erscheinungen und
dann durch die Beobachtung der uns jetzt ja bekannten Ver-
erbungs-Substanz. Wir können jetzt abwägen, ob die Er-
klärung einer Erscheinung der Vererbung realen Werth hat,
weil wir bis zu einem gewissen Grade wenigstens beurtheilen
können, ob sie mit dem Verhalten der Vererbungs-Substanz
vereinbar ist. Das war bisher nicht möglich, und darum
schwebten die früheren Erklärungs-Principien einigermassen in
der Luft, die "Keimchen" Darwin's sowohl, als die "Units"
Herbert Spencer's. Heute sind wir in dieser Hinsicht besser
daran, und ich zweifle nicht, dass die Forschung noch weit
tiefer in die verwickelten Vorgänge an den Kernsubstanzen
eindringen wird, wenn sie es nicht verschmäht, den Gedanken
mit der blossen Beobachtung zu verbinden, und jeden weiteren
Schritt auf dem Gebiete der Theorie zu neuer Fragestellung in
Bezug auf das Verhalten der geheimnissvollen Kernsubstanzen
zu verwerthen.

Wenn wir aber auch heute noch weit von voller Einsicht
entfernt sind, so hoffe ich doch, in der Theorie, welche ich
hier vorlege, kein blosses Phantasie-Gebäude gegeben zu haben;
ich möchte glauben, dass die Zukunft vielleicht doch einige
feste Punkte darin erkennen wird, um welche sich die blossen

diese Ansicht stellt neue Fragen und ruft neue Beobachtungen
hervor, welche wieder zu neuer Deutung führen.

Auf diesem Wege ist erst in jüngster Zeit eine biologische
Erscheinung zu relativer Klarheit gebracht worden, welche bis
dahin ganz unverständlich gewesen war, ich meine die ge-
schlechtliche Fortpflanzung. So wird es auch gelingen, immer
sicherer Fuss zu fassen auf dem noch vor Kurzem so überaus
unzugänglichen Gebiet der Vererbung. Besonders aussichts-
reich scheint mir gerade bei diesem Problem, dass wir ihm
gewissermassen von zwei Seiten her beikommen können, einmal
durch die Beobachtung der Vererbungs-Erscheinungen und
dann durch die Beobachtung der uns jetzt ja bekannten Ver-
erbungs-Substanz. Wir können jetzt abwägen, ob die Er-
klärung einer Erscheinung der Vererbung realen Werth hat,
weil wir bis zu einem gewissen Grade wenigstens beurtheilen
können, ob sie mit dem Verhalten der Vererbungs-Substanz
vereinbar ist. Das war bisher nicht möglich, und darum
schwebten die früheren Erklärungs-Principien einigermassen in
der Luft, die „Keimchen“ Darwin’s sowohl, als die „Units“
Herbert Spencer’s. Heute sind wir in dieser Hinsicht besser
daran, und ich zweifle nicht, dass die Forschung noch weit
tiefer in die verwickelten Vorgänge an den Kernsubstanzen
eindringen wird, wenn sie es nicht verschmäht, den Gedanken
mit der blossen Beobachtung zu verbinden, und jeden weiteren
Schritt auf dem Gebiete der Theorie zu neuer Fragestellung in
Bezug auf das Verhalten der geheimnissvollen Kernsubstanzen
zu verwerthen.

Wenn wir aber auch heute noch weit von voller Einsicht
entfernt sind, so hoffe ich doch, in der Theorie, welche ich
hier vorlege, kein blosses Phantasie-Gebäude gegeben zu haben;
ich möchte glauben, dass die Zukunft vielleicht doch einige
feste Punkte darin erkennen wird, um welche sich die blossen

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[XV/0021] diese Ansicht stellt neue Fragen und ruft neue Beobachtungen hervor, welche wieder zu neuer Deutung führen. Auf diesem Wege ist erst in jüngster Zeit eine biologische Erscheinung zu relativer Klarheit gebracht worden, welche bis dahin ganz unverständlich gewesen war, ich meine die ge- schlechtliche Fortpflanzung. So wird es auch gelingen, immer sicherer Fuss zu fassen auf dem noch vor Kurzem so überaus unzugänglichen Gebiet der Vererbung. Besonders aussichts- reich scheint mir gerade bei diesem Problem, dass wir ihm gewissermassen von zwei Seiten her beikommen können, einmal durch die Beobachtung der Vererbungs-Erscheinungen und dann durch die Beobachtung der uns jetzt ja bekannten Ver- erbungs-Substanz. Wir können jetzt abwägen, ob die Er- klärung einer Erscheinung der Vererbung realen Werth hat, weil wir bis zu einem gewissen Grade wenigstens beurtheilen können, ob sie mit dem Verhalten der Vererbungs-Substanz vereinbar ist. Das war bisher nicht möglich, und darum schwebten die früheren Erklärungs-Principien einigermassen in der Luft, die „Keimchen“ Darwin’s sowohl, als die „Units“ Herbert Spencer’s. Heute sind wir in dieser Hinsicht besser daran, und ich zweifle nicht, dass die Forschung noch weit tiefer in die verwickelten Vorgänge an den Kernsubstanzen eindringen wird, wenn sie es nicht verschmäht, den Gedanken mit der blossen Beobachtung zu verbinden, und jeden weiteren Schritt auf dem Gebiete der Theorie zu neuer Fragestellung in Bezug auf das Verhalten der geheimnissvollen Kernsubstanzen zu verwerthen. Wenn wir aber auch heute noch weit von voller Einsicht entfernt sind, so hoffe ich doch, in der Theorie, welche ich hier vorlege, kein blosses Phantasie-Gebäude gegeben zu haben; ich möchte glauben, dass die Zukunft vielleicht doch einige feste Punkte darin erkennen wird, um welche sich die blossen

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/21>, abgerufen am 28.11.2024.