werden, dass hier der kleine Rest von der Determinanten-Gruppe der Extremität, welcher noch im Keim-Id vorhanden ist, auch so sehr an Vermehrungskraft eingebüsst hat, dass er nur noch bis zu den betreffenden frühen Embryonalstadien hinreicht. Die jüngsten Determinaten, d. h. Vererbungsstücke, schwinden er- fahrungsgemäss zuerst, und dann allmälig auch die älteren bis ältesten, und diese Erscheinung muss wohl in der Vermehrungs- art der Determinanten seinen Grund haben, wenn wir auch den inneren Zusammenhang der Erscheinungen noch nicht klar er- kennen können. Vielleicht liegt er darin, dass die phyletisch jüngsten Determinanten für die spätesten ontogenetischen Stadien bestimmt sind, also auch erst in diesen die "Reife" erlangen, d. h. sich in ihre Biophoren auflösen. Büssen sie nun bei der Rückbildung ihre Vermehrungskraft bedeutend ein, so erreichen sie weder diejenige Zahl, welche zur Beherrschung ihrer Zellen- gruppe erforderlich ist, noch auch nur das Reifestadium über- haupt. Sie sind noch vorhanden, können sich aber nicht mehr geltend machen, während die Determinanten der älteren phyle- tischen Stadien noch in den früheren ontogenetischen Stadien zur Reife kommen, welche auch jetzt noch erreicht werden.
Man wird also den Rückbildungs-Process eines Organs sich darauf beruhend vorstellen dürfen, dass zuerst die Deter- minanten sich derart verändern, dass sie an Vermehrungskraft abnehmen und dass dies zu einem sehr allmäligen Ver- kümmern erst weniger, dann immer zahlreicherer Determinanten der betreffenden Gruppe führt. Zugleich nimmt die Ver- mehrungskraft auch der noch übrig bleibenden Determinanten ab, so dass ihre Gruppen immer weniger weit in die Onto- genese hineinreichen, bis sie schliesslich alle ganz ausfallen.
Es soll damit, dass ich die Thatsachen der Rückbildung mit der Determinanten-Lehre zusammenhalte, nicht etwa der Anspruch erhoben werden, eine mechanisch-physiologische Er-
werden, dass hier der kleine Rest von der Determinanten-Gruppe der Extremität, welcher noch im Keim-Id vorhanden ist, auch so sehr an Vermehrungskraft eingebüsst hat, dass er nur noch bis zu den betreffenden frühen Embryonalstadien hinreicht. Die jüngsten Determinaten, d. h. Vererbungsstücke, schwinden er- fahrungsgemäss zuerst, und dann allmälig auch die älteren bis ältesten, und diese Erscheinung muss wohl in der Vermehrungs- art der Determinanten seinen Grund haben, wenn wir auch den inneren Zusammenhang der Erscheinungen noch nicht klar er- kennen können. Vielleicht liegt er darin, dass die phyletisch jüngsten Determinanten für die spätesten ontogenetischen Stadien bestimmt sind, also auch erst in diesen die „Reife“ erlangen, d. h. sich in ihre Biophoren auflösen. Büssen sie nun bei der Rückbildung ihre Vermehrungskraft bedeutend ein, so erreichen sie weder diejenige Zahl, welche zur Beherrschung ihrer Zellen- gruppe erforderlich ist, noch auch nur das Reifestadium über- haupt. Sie sind noch vorhanden, können sich aber nicht mehr geltend machen, während die Determinanten der älteren phyle- tischen Stadien noch in den früheren ontogenetischen Stadien zur Reife kommen, welche auch jetzt noch erreicht werden.
Man wird also den Rückbildungs-Process eines Organs sich darauf beruhend vorstellen dürfen, dass zuerst die Deter- minanten sich derart verändern, dass sie an Vermehrungskraft abnehmen und dass dies zu einem sehr allmäligen Ver- kümmern erst weniger, dann immer zahlreicherer Determinanten der betreffenden Gruppe führt. Zugleich nimmt die Ver- mehrungskraft auch der noch übrig bleibenden Determinanten ab, so dass ihre Gruppen immer weniger weit in die Onto- genese hineinreichen, bis sie schliesslich alle ganz ausfallen.
Es soll damit, dass ich die Thatsachen der Rückbildung mit der Determinanten-Lehre zusammenhalte, nicht etwa der Anspruch erhoben werden, eine mechanisch-physiologische Er-
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[112/0136]
werden, dass hier der kleine Rest von der Determinanten-Gruppe
der Extremität, welcher noch im Keim-Id vorhanden ist, auch
so sehr an Vermehrungskraft eingebüsst hat, dass er nur noch
bis zu den betreffenden frühen Embryonalstadien hinreicht. Die
jüngsten Determinaten, d. h. Vererbungsstücke, schwinden er-
fahrungsgemäss zuerst, und dann allmälig auch die älteren bis
ältesten, und diese Erscheinung muss wohl in der Vermehrungs-
art der Determinanten seinen Grund haben, wenn wir auch den
inneren Zusammenhang der Erscheinungen noch nicht klar er-
kennen können. Vielleicht liegt er darin, dass die phyletisch
jüngsten Determinanten für die spätesten ontogenetischen Stadien
bestimmt sind, also auch erst in diesen die „Reife“ erlangen,
d. h. sich in ihre Biophoren auflösen. Büssen sie nun bei der
Rückbildung ihre Vermehrungskraft bedeutend ein, so erreichen
sie weder diejenige Zahl, welche zur Beherrschung ihrer Zellen-
gruppe erforderlich ist, noch auch nur das Reifestadium über-
haupt. Sie sind noch vorhanden, können sich aber nicht mehr
geltend machen, während die Determinanten der älteren phyle-
tischen Stadien noch in den früheren ontogenetischen Stadien
zur Reife kommen, welche auch jetzt noch erreicht werden.
Man wird also den Rückbildungs-Process eines Organs
sich darauf beruhend vorstellen dürfen, dass zuerst die Deter-
minanten sich derart verändern, dass sie an Vermehrungskraft
abnehmen und dass dies zu einem sehr allmäligen Ver-
kümmern erst weniger, dann immer zahlreicherer Determinanten
der betreffenden Gruppe führt. Zugleich nimmt die Ver-
mehrungskraft auch der noch übrig bleibenden Determinanten
ab, so dass ihre Gruppen immer weniger weit in die Onto-
genese hineinreichen, bis sie schliesslich alle ganz ausfallen.
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/136>, abgerufen am 22.02.2025.
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