Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.

Bild:
<< vorherige Seite
Jacobs
Eb. Herr Labans zwey Söhne haben jhm den
Tod geschworen.

Jac. Meine Freunde? Meine Vettern? ich möch-
te fast sagen/ die jenigen/ welche durch meinen Fleiß
ihr Reichthum vermehret haben?

Eb. Es hilfft nichts/ sie wollen dem Vater selbst
in der vorhabenden Heyrath wiedersprechen: Und
so viel ich muthmassen kan/ so werden sie mir auf
dem Fusse nachkommen. Er nehme diese Warnung
als eine Probe meiner treuen Freundschafft an/ ich
muß eilen/ damit ich vor den Leuten Neutral ver-
bleiben kan.

(Gehet ab.)
Jac. Mein Kind/ dieses Zufalls hätte sich nie-
mand versehen.

Rah. Mein Jacob wird sich vor diesen schwa-
chen Schäfern nicht entsetzen.

Jac. Ja wol macht jhre Schwachheit wenig
Nachdencken: und ich wolte daß hundert Männer
aus Syrien dieses Hertzens Kleinot von meiner Sei-
te wegreissen wolten: Ich verhoffete sie insgesamt
Krafft meiner unüberwindlichen Liebe in den Koth
zutreten/ oder doch in die schändlichste Flucht zu ja-
gen. Aber ach! ich weiß/ wer durch meine Tapffer-
keit beleidiget würde. Ach wie könte Rahel die-
selbige Hand küssen/ welche sich in der Brüder
Blute gewaschen hat?

Rah. Solte ich aber des Bruders Hand küssen/
welcher meinen Liebsten aufopffern wolte?
Jac.
Jacobs
Eb. Herr Labans zwey Soͤhne haben jhm den
Tod geſchworen.

Jac. Meine Freunde? Meine Vettern? ich moͤch-
te faſt ſagen/ die jenigen/ welche durch meinen Fleiß
ihr Reichthum vermehret haben?

Eb. Es hilfft nichts/ ſie wollen dem Vater ſelbſt
in der vorhabenden Heyrath wiederſprechen: Und
ſo viel ich muthmaſſen kan/ ſo werden ſie mir auf
dem Fuſſe nachkommen. Er nehme dieſe Warnung
als eine Probe meiner treuen Freundſchafft an/ ich
muß eilen/ damit ich vor den Leuten Neutral ver-
bleiben kan.

(Gehet ab.)
Jac. Mein Kind/ dieſes Zufalls haͤtte ſich nie-
mand verſehen.

Rah. Mein Jacob wird ſich vor dieſen ſchwa-
chen Schaͤfern nicht entſetzen.

Jac. Ja wol macht jhre Schwachheit wenig
Nachdencken: und ich wolte daß hundert Maͤnner
aus Syrien dieſes Hertzens Kleinot von meiner Sei-
te wegreiſſen wolten: Ich verhoffete ſie insgeſamt
Krafft meiner unuͤberwindlichen Liebe in den Koth
zutreten/ oder doch in die ſchaͤndlichſte Flucht zu ja-
gen. Aber ach! ich weiß/ wer durch meine Tapffer-
keit beleidiget wuͤrde. Ach wie koͤnte Rahel die-
ſelbige Hand kuͤſſen/ welche ſich in der Bruͤder
Blute gewaſchen hat?

Rah. Solte ich aber des Bruders Hand kuͤſſen/
welcher meinen Liebſten aufopffern wolte?
Jac.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0091" n="70"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Jacobs</hi> </fw><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Eb.</hi> </speaker>
              <p>Herr Labans zwey So&#x0364;hne haben jhm den<lb/>
Tod ge&#x017F;chworen.</p><lb/>
            </sp>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Jac.</hi> </speaker>
              <p>Meine Freunde? Meine Vettern? ich mo&#x0364;ch-<lb/>
te fa&#x017F;t &#x017F;agen/ die jenigen/ welche durch meinen Fleiß<lb/>
ihr Reichthum vermehret haben?</p><lb/>
            </sp>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Eb.</hi> </speaker>
              <p>Es hilfft nichts/ &#x017F;ie wollen dem Vater &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
in der vorhabenden Heyrath wieder&#x017F;prechen: Und<lb/>
&#x017F;o viel ich muthma&#x017F;&#x017F;en kan/ &#x017F;o werden &#x017F;ie mir auf<lb/>
dem Fu&#x017F;&#x017F;e nachkommen. Er nehme die&#x017F;e Warnung<lb/>
als eine Probe meiner treuen Freund&#x017F;chafft an/ ich<lb/>
muß eilen/ damit ich vor den Leuten <hi rendition="#aq">Neutral</hi> ver-<lb/>
bleiben kan.</p><lb/>
              <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#fr">Gehet ab.</hi>)</hi> </stage><lb/>
            </sp>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Jac.</hi> </speaker>
              <p>Mein Kind/ die&#x017F;es Zufalls ha&#x0364;tte &#x017F;ich nie-<lb/>
mand ver&#x017F;ehen.</p><lb/>
            </sp>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Rah.</hi> </speaker>
              <p>Mein Jacob wird &#x017F;ich vor die&#x017F;en &#x017F;chwa-<lb/>
chen Scha&#x0364;fern nicht ent&#x017F;etzen.</p><lb/>
            </sp>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Jac.</hi> </speaker>
              <p>Ja wol macht jhre Schwachheit wenig<lb/>
Nachdencken: und ich wolte daß hundert Ma&#x0364;nner<lb/>
aus Syrien die&#x017F;es Hertzens Kleinot von meiner Sei-<lb/>
te wegrei&#x017F;&#x017F;en wolten: Ich verhoffete &#x017F;ie insge&#x017F;amt<lb/>
Krafft meiner unu&#x0364;berwindlichen Liebe in den Koth<lb/>
zutreten/ oder doch in die &#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;te Flucht zu ja-<lb/>
gen. Aber ach! ich weiß/ wer durch meine Tapffer-<lb/>
keit beleidiget wu&#x0364;rde. Ach wie ko&#x0364;nte Rahel die-<lb/>
&#x017F;elbige Hand ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ welche &#x017F;ich in der Bru&#x0364;der<lb/>
Blute gewa&#x017F;chen hat?</p><lb/>
            </sp>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#aq">Rah.</hi> </speaker>
              <p>Solte ich aber des Bruders Hand ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
welcher meinen Lieb&#x017F;ten aufopffern wolte?</p>
            </sp><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Jac.</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0091] Jacobs Eb. Herr Labans zwey Soͤhne haben jhm den Tod geſchworen. Jac. Meine Freunde? Meine Vettern? ich moͤch- te faſt ſagen/ die jenigen/ welche durch meinen Fleiß ihr Reichthum vermehret haben? Eb. Es hilfft nichts/ ſie wollen dem Vater ſelbſt in der vorhabenden Heyrath wiederſprechen: Und ſo viel ich muthmaſſen kan/ ſo werden ſie mir auf dem Fuſſe nachkommen. Er nehme dieſe Warnung als eine Probe meiner treuen Freundſchafft an/ ich muß eilen/ damit ich vor den Leuten Neutral ver- bleiben kan. (Gehet ab.) Jac. Mein Kind/ dieſes Zufalls haͤtte ſich nie- mand verſehen. Rah. Mein Jacob wird ſich vor dieſen ſchwa- chen Schaͤfern nicht entſetzen. Jac. Ja wol macht jhre Schwachheit wenig Nachdencken: und ich wolte daß hundert Maͤnner aus Syrien dieſes Hertzens Kleinot von meiner Sei- te wegreiſſen wolten: Ich verhoffete ſie insgeſamt Krafft meiner unuͤberwindlichen Liebe in den Koth zutreten/ oder doch in die ſchaͤndlichſte Flucht zu ja- gen. Aber ach! ich weiß/ wer durch meine Tapffer- keit beleidiget wuͤrde. Ach wie koͤnte Rahel die- ſelbige Hand kuͤſſen/ welche ſich in der Bruͤder Blute gewaſchen hat? Rah. Solte ich aber des Bruders Hand kuͤſſen/ welcher meinen Liebſten aufopffern wolte? Jac.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/91
Zitationshilfe: Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/91>, abgerufen am 18.12.2024.