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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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Louys. Sie kam gleich in ihr Cabinet, und
sagte wider die Frau Hoffmeisterin:
Der Marschall von Biron muß doch er-
kennen/ daß der König Gnade erweisen
kan.
Charl. Ach wer die Gewißheit bald ver-
nehmen solte!
Louys. Jch bilde mir ein/ ich habe so viel
Gewißheit/ daß ich dem lieben Herrn
deßwegen gratuliren kan.
Sal. Mademoiselle, sie vergebe mir: Jn
grossen Sachen sind die Gemüther
zum Zweiffel geneigt.
Louys. Doch wenn es GOtt also fügen
will/ wird er sich des Glücks nicht un-
würdig schätzen.
Sal. Vielmehr wölte ich die Person der an-
genehmen Botschafft wegen als einen
Engel anbeten.
Charl. Es ist mir leid/ daß ich mich heute
unter der Person keines Engels prae-
senti
ret habe.
Louys. Mein Schwestergen ist eiffersüch-
tig/ sie will den Vorzug gegen mich be-
halten.
Sal. Sie sollen allerseits vor Engel gehal-
ten
A a 2
Louyſ. Sie kam gleich in ihr Cabinet, und
ſagte wider die Frau Hoffmeiſterin:
Der Marſchall von Biron muß doch er-
kennen/ daß der Koͤnig Gnade erweiſen
kan.
Charl. Ach wer die Gewißheit bald ver-
nehmen ſolte!
Louyſ. Jch bilde mir ein/ ich habe ſo viel
Gewißheit/ daß ich dem lieben Herrn
deßwegen gratuliren kan.
Sal. Mademoiſelle, ſie vergebe mir: Jn
groſſen Sachen ſind die Gemuͤther
zum Zweiffel geneigt.
Louyſ. Doch wenn es GOtt alſo fuͤgen
will/ wird er ſich des Gluͤcks nicht un-
wuͤrdig ſchaͤtzen.
Sal. Vielmehr woͤlte ich die Perſon der an-
genehmen Botſchafft wegen als einen
Engel anbeten.
Charl. Es iſt mir leid/ daß ich mich heute
unter der Perſon keines Engels præ-
ſenti
ret habe.
Louyſ. Mein Schweſtergen iſt eifferſuͤch-
tig/ ſie will den Vorzug gegen mich be-
halten.
Sal. Sie ſollen allerſeits vor Engel gehal-
ten
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[551/0717] Louyſ. Sie kam gleich in ihr Cabinet, und ſagte wider die Frau Hoffmeiſterin: Der Marſchall von Biron muß doch er- kennen/ daß der Koͤnig Gnade erweiſen kan. Charl. Ach wer die Gewißheit bald ver- nehmen ſolte! Louyſ. Jch bilde mir ein/ ich habe ſo viel Gewißheit/ daß ich dem lieben Herrn deßwegen gratuliren kan. Sal. Mademoiſelle, ſie vergebe mir: Jn groſſen Sachen ſind die Gemuͤther zum Zweiffel geneigt. Louyſ. Doch wenn es GOtt alſo fuͤgen will/ wird er ſich des Gluͤcks nicht un- wuͤrdig ſchaͤtzen. Sal. Vielmehr woͤlte ich die Perſon der an- genehmen Botſchafft wegen als einen Engel anbeten. Charl. Es iſt mir leid/ daß ich mich heute unter der Perſon keines Engels præ- ſentiret habe. Louyſ. Mein Schweſtergen iſt eifferſuͤch- tig/ ſie will den Vorzug gegen mich be- halten. Sal. Sie ſollen allerſeits vor Engel gehal- ten A a 2

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/717>, abgerufen am 22.11.2024.