Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite
Br. Wer fragt darnach? Jch erschrecke
vor dem Könige nicht/ vielweniger vor
deinem Edelmanne.
Bl. Wenn ich auch so sprechen könte/ ich
wolte mich heute vor Freuden in der
Schencke toll und voll sauffen.
Br. Davon werde ich nicht klug.
Bl. Jch bin auch deßwegen nicht herkom-
men/ daß ich euch will zum klugen Man-
ne machen/ ihr solt mir ein Bißgen von
eurer Klugheit mittheilen.
Br. Wenn das geschehen soll/ so mustu re-
den: Hüte dich aber/ daß du nicht hinter
der Warheit her spatzierest.
Bl. Jch dencke wohl nicht/ daß ich lügen
will: Aber wenns ja so käme/ daß mir
das drittemal immer eine Lügen ent-
führe/ so seyd nur gebeten/ und glaubet
mir zwey Drittel.
Br. Jch will dir glauben/ so viel als wahr
ist.
Bl. Seht Herr/ unser Edelmann hat die
Gerechtigkeit/ daß keine Bauren Toch-
ter freyen darff/ wenn sie nicht drey
Jahr auff dem Hoffe gedienet hat.
Br. Das ist gar recht/ so werden die Bauer-
struntzen etwas ausgehobelt.

Bl.
Br. Wer fragt darnach? Jch erſchrecke
vor dem Koͤnige nicht/ vielweniger vor
deinem Edelmanne.
Bl. Wenn ich auch ſo ſprechen koͤnte/ ich
wolte mich heute vor Freuden in der
Schencke toll und voll ſauffen.
Br. Davon werde ich nicht klug.
Bl. Jch bin auch deßwegen nicht herkom-
men/ daß ich euch will zum klugen Man-
ne machen/ ihr ſolt mir ein Bißgen von
eurer Klugheit mittheilen.
Br. Wenn das geſchehen ſoll/ ſo muſtu re-
den: Huͤte dich aber/ daß du nicht hinter
der Warheit her ſpatziereſt.
Bl. Jch dencke wohl nicht/ daß ich luͤgen
will: Aber wenns ja ſo kaͤme/ daß mir
das drittemal immer eine Luͤgen ent-
fuͤhre/ ſo ſeyd nur gebeten/ und glaubet
mir zwey Drittel.
Br. Jch will dir glauben/ ſo viel als wahr
iſt.
Bl. Seht Herr/ unſer Edelmann hat die
Gerechtigkeit/ daß keine Bauren Toch-
ter freyen darff/ wenn ſie nicht drey
Jahr auff dem Hoffe gedienet hat.
Br. Das iſt gar recht/ ſo werden die Bauer-
ſtruntzen etwas ausgehobelt.

Bl.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0492" n="326"/>
          <sp who="#BRO">
            <speaker>Br.</speaker>
            <p>Wer fragt darnach? Jch er&#x017F;chrecke<lb/>
vor dem Ko&#x0364;nige nicht/ vielweniger vor<lb/>
deinem Edelmanne.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BLA">
            <speaker>Bl.</speaker>
            <p>Wenn ich auch &#x017F;o &#x017F;prechen ko&#x0364;nte/ ich<lb/>
wolte mich heute vor Freuden in der<lb/>
Schencke toll und voll &#x017F;auffen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRO">
            <speaker>Br.</speaker>
            <p>Davon werde ich nicht klug.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BLA">
            <speaker>Bl.</speaker>
            <p>Jch bin auch deßwegen nicht herkom-<lb/>
men/ daß ich euch will zum klugen Man-<lb/>
ne machen/ ihr &#x017F;olt mir ein Bißgen von<lb/>
eurer Klugheit mittheilen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRO">
            <speaker>Br.</speaker>
            <p>Wenn das ge&#x017F;chehen &#x017F;oll/ &#x017F;o mu&#x017F;tu re-<lb/>
den: Hu&#x0364;te dich aber/ daß du nicht hinter<lb/>
der Warheit her &#x017F;patziere&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BLA">
            <speaker>Bl.</speaker>
            <p>Jch dencke wohl nicht/ daß ich lu&#x0364;gen<lb/>
will: Aber wenns ja &#x017F;o ka&#x0364;me/ daß mir<lb/>
das drittemal immer eine Lu&#x0364;gen ent-<lb/>
fu&#x0364;hre/ &#x017F;o &#x017F;eyd nur gebeten/ und glaubet<lb/>
mir zwey Drittel.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRO">
            <speaker>Br.</speaker>
            <p>Jch will dir glauben/ &#x017F;o viel als wahr<lb/>
i&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BLA">
            <speaker>Bl.</speaker>
            <p>Seht Herr/ un&#x017F;er Edelmann hat die<lb/>
Gerechtigkeit/ daß keine Bauren Toch-<lb/>
ter freyen darff/ wenn &#x017F;ie nicht drey<lb/>
Jahr auff dem Hoffe gedienet hat.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRO">
            <speaker>Br.</speaker>
            <p>Das i&#x017F;t gar recht/ &#x017F;o werden die Bauer-<lb/>
&#x017F;truntzen etwas ausgehobelt.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Bl.</hi> </fw>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0492] Br. Wer fragt darnach? Jch erſchrecke vor dem Koͤnige nicht/ vielweniger vor deinem Edelmanne. Bl. Wenn ich auch ſo ſprechen koͤnte/ ich wolte mich heute vor Freuden in der Schencke toll und voll ſauffen. Br. Davon werde ich nicht klug. Bl. Jch bin auch deßwegen nicht herkom- men/ daß ich euch will zum klugen Man- ne machen/ ihr ſolt mir ein Bißgen von eurer Klugheit mittheilen. Br. Wenn das geſchehen ſoll/ ſo muſtu re- den: Huͤte dich aber/ daß du nicht hinter der Warheit her ſpatziereſt. Bl. Jch dencke wohl nicht/ daß ich luͤgen will: Aber wenns ja ſo kaͤme/ daß mir das drittemal immer eine Luͤgen ent- fuͤhre/ ſo ſeyd nur gebeten/ und glaubet mir zwey Drittel. Br. Jch will dir glauben/ ſo viel als wahr iſt. Bl. Seht Herr/ unſer Edelmann hat die Gerechtigkeit/ daß keine Bauren Toch- ter freyen darff/ wenn ſie nicht drey Jahr auff dem Hoffe gedienet hat. Br. Das iſt gar recht/ ſo werden die Bauer- ſtruntzen etwas ausgehobelt. Bl.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/492
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/492>, abgerufen am 22.11.2024.