Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Pier. Bruder ich hätte geschworen/ es wä- ren vier Creutze gewesen. Ren. Meinet wegen mögen ihrer sechs ge- wesen seyn: Halt euch nur in der Er- zehlung nicht auff. Ferr. Endlich blätterte der Mann im Bu- che/ und sagte die Worte: Aus den Kleidern sehe ich nicht/ was ich vor ei- nen Mann vor mir habe. Doch ich sage es ihm ins Gesichte: Seines glei- chen ist in Franckreich nicht. Er hat Hoffnung zu einer hohen Heyrath/ und/ wofern er einen Streich überwin- den kan/ so möchte er wol gar den Kö- niglichen Thron besteigen. Ren. Was muste aber vor ein Streich verstanden werden? Pier. Er sagte/ es wäre einer aus Bur- gundien/ der hätte sein Schwerdt auff ihn gewetzt: Wo er diesem Streiche entgehen würde/ so möchte sonsten nicht viel zu befürchten seyn. Ferr. Auff die letzt wurden sie vertraulich/ und der Mann grieff dem Herrn Mar- schall nach dem Kopffe/ und sagte: Kopff/ Kopff/ bleib zwischen den Achseln
Pier. Bruder ich haͤtte geſchworen/ es waͤ- ren vier Creutze geweſen. Ren. Meinet wegen moͤgen ihrer ſechs ge- weſen ſeyn: Halt euch nur in der Er- zehlung nicht auff. Ferr. Endlich blaͤtterte der Mann im Bu- che/ und ſagte die Worte: Aus den Kleidern ſehe ich nicht/ was ich vor ei- nen Mann vor mir habe. Doch ich ſage es ihm ins Geſichte: Seines glei- chen iſt in Franckreich nicht. Er hat Hoffnung zu einer hohen Heyrath/ und/ wofern er einen Streich uͤberwin- den kan/ ſo moͤchte er wol gar den Koͤ- niglichen Thron beſteigen. Ren. Was muſte aber vor ein Streich verſtanden werden? Pier. Er ſagte/ es waͤre einer aus Bur- gundien/ der haͤtte ſein Schwerdt auff ihn gewetzt: Wo er dieſem Streiche entgehen wuͤrde/ ſo moͤchte ſonſten nicht viel zu befuͤrchten ſeyn. Ferr. Auff die letzt wurden ſie vertraulich/ und der Mann grieff dem Herrn Mar- ſchall nach dem Kopffe/ und ſagte: Kopff/ Kopff/ bleib zwiſchen den Achſeln
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Pier. Bruder ich haͤtte geſchworen/ es waͤ-
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Ren. Meinet wegen moͤgen ihrer ſechs ge-
weſen ſeyn: Halt euch nur in der Er-
zehlung nicht auff.
Ferr. Endlich blaͤtterte der Mann im Bu-
che/ und ſagte die Worte: Aus den
Kleidern ſehe ich nicht/ was ich vor ei-
nen Mann vor mir habe. Doch ich
ſage es ihm ins Geſichte: Seines glei-
chen iſt in Franckreich nicht. Er hat
Hoffnung zu einer hohen Heyrath/
und/ wofern er einen Streich uͤberwin-
den kan/ ſo moͤchte er wol gar den Koͤ-
niglichen Thron beſteigen.
Ren. Was muſte aber vor ein Streich
verſtanden werden?
Pier. Er ſagte/ es waͤre einer aus Bur-
gundien/ der haͤtte ſein Schwerdt auff
ihn gewetzt: Wo er dieſem Streiche
entgehen wuͤrde/ ſo moͤchte ſonſten nicht
viel zu befuͤrchten ſeyn.
Ferr. Auff die letzt wurden ſie vertraulich/
und der Mann grieff dem Herrn Mar-
ſchall nach dem Kopffe/ und ſagte:
Kopff/ Kopff/ bleib zwiſchen den
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/473>, abgerufen am 16.02.2025. |