Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.Fünffter Handlung Vierdter Auffzug. Isabel die Königin/ Die Geister von Ahasia, Naboth, Thirza, Amri, Nebat. Jsab. Doch noch einen Blick! Ach wie schlecht war der Trost! Wenn man die Last der langen Einsamkeit darge- gen halten will/ und wie möchte ich die- sen Verlust mit Trauer-Kleidern an- deuten/ wenn mein Wittwen-Stand und das geplagte Mutter-Leid mir nicht das Gesetze eines ewigen Trau- rens auffgeleget hätte. Aber was ist da? Ahas. (mit einer Fackel.) Jch bin da. Stehet es einer Mutter an/ daß sie ih- ren Sohn nicht kennet? Jsab. Ach wo soll ich mich hinwenden? Ahas. Du solt mir folgen. Aber ich muß vor sehen/ wo mein Bruder bleibt. Jsab. Jch sterbe vor Angst! Ahas. Ja wohl kömmt das Ziel deines Sterbens nahe: Und was du mir im Leben
Fuͤnffter Handlung Vierdter Auffzug. Iſabel die Koͤnigin/ Die Geiſter von Ahaſia, Naboth, Thirza, Amri, Nebat. Jſab. Doch noch einen Blick! Ach wie ſchlecht war der Troſt! Wenn man die Laſt der langen Einſamkeit darge- gen halten will/ und wie moͤchte ich die- ſen Verluſt mit Trauer-Kleidern an- deuten/ wenn mein Wittwen-Stand und das geplagte Mutter-Leid mir nicht das Geſetze eines ewigen Trau- rens auffgeleget haͤtte. Aber was iſt da? Ahaſ. (mit einer Fackel.) Jch bin da. Stehet es einer Mutter an/ daß ſie ih- ren Sohn nicht kennet? Jſab. Ach wo ſoll ich mich hinwenden? Ahaſ. Du ſolt mir folgen. Aber ich muß vor ſehen/ wo mein Bruder bleibt. Jſab. Jch ſterbe vor Angſt! Ahaſ. Ja wohl koͤmmt das Ziel deines Sterbens nahe: Und was du mir im Leben
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Fuͤnffter Handlung
Vierdter Auffzug.
Iſabel die Koͤnigin/
Die Geiſter von Ahaſia, Naboth,
Thirza, Amri, Nebat.
Jſab. Doch noch einen Blick! Ach wie
ſchlecht war der Troſt! Wenn man
die Laſt der langen Einſamkeit darge-
gen halten will/ und wie moͤchte ich die-
ſen Verluſt mit Trauer-Kleidern an-
deuten/ wenn mein Wittwen-Stand
und das geplagte Mutter-Leid mir
nicht das Geſetze eines ewigen Trau-
rens auffgeleget haͤtte. Aber was iſt
da?
Ahaſ. (mit einer Fackel.) Jch bin da.
Stehet es einer Mutter an/ daß ſie ih-
ren Sohn nicht kennet?
Jſab. Ach wo ſoll ich mich hinwenden?
Ahaſ. Du ſolt mir folgen. Aber ich muß
vor ſehen/ wo mein Bruder bleibt.
Jſab. Jch ſterbe vor Angſt!
Ahaſ. Ja wohl koͤmmt das Ziel deines
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